Rezension von Der Hobbit


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise von KOSMOS bereitgestellt wurde.)

Rezension

Ersteindruck
Schaut man sich die Rückseite des Spiels "Der Hobbit" von Kosmos an, meint man eine Neuauflage des Spiels "Der Herr der Ringe“ (ebenfalls von Kosmos und Reiner Knizia) vor sich zu haben, da auch hier eine Figur auf einem Weg durch ein Abenteuer zieht. Doch der Hobbit ist weder kooperativ (auch wenn es eine kooperative Spielvariante gibt) noch basiert es auf den gleichen Spielmechanismen.

Qualitativ bietet das Spiel einen guten Wert – stabile Plättchen, hübsch gezeichnete Karten, kleine Plastik-Edelsteine und 2 bemalte Miniaturen. Hier hat KOSMOS eher "geklotzt“ als "gekleckert“. Die Regelmenge ist überschaubar und bietet einen guten und schnellen Einstieg in das Spiel.

Thema & Ziel des Spiels
"Der Hobbit" ist die Vorgeschichte vom "Herr der Ringe" von J.R.R. Tolkien und bietet sich durch die kommende Verfilmung natürlich für eine Veröffentlichung als Brettspiel an. "Der Hobbit", das ist Bilbo Baggins, der mit Gandalf und 13 Zwergen ein großen Abenteuer zu bestehen hat, indem er den Zwergen helfen soll, einen Schatz vom Drachen Smaug zurück zu holen.

Im Spiel geht es darum seinen Charakter (der durch 3 Fähigkeitswerte definiert wird) zu entwickeln um durch das Bestehen von Abenteuern Edelsteine zu erhalten. Wer die meisten Edelsteine erringen konnte, gewinnt das Spiel.

Spiel-Vorbereitungen
Der Spielplan kommt in die Tischmitte – die Bilbo-Miniatur auf das Feld Beutelsend und der Drache Smaug auf das Feld "Kampf gegen Smaug". Jeder Spieler erhält einen Charaktertafel, 3 Holzmarker für die Fähigkeiten Mut (grün), Klugheit (violett) und Stärke (rot), die auf das (je nach Schwierigkeit) gewählte Startfeld gelegt werden. Weiterhin erhält jeder Spieler 5 Karten aus dem gemischten Zwergenkarten-Stapel sowie 3 Proviant-Plättchen. Die Ereignis- und Abenteuerkarten werden jeweils nach Rückseiten (Werte 1 bis 4) sortiert und gemischt. Verdeckt werden nun 4 Stapel gebildet, bei denen die Ereigniskarten immer oben auf die Abenteuerkarten gelegt werden. Das restliche Spielmaterial wird griffbereit gehalten.

Spielablauf
Das Spiel besteht aus den 2 Phasen "Reise" und "Abenteuer" die abwechselnd insgesamt 4 Mal durchgeführt werden.

In der Reisephase decken die Spieler eine Ereigniskarte nach der anderen auf und führen die dortige Aktion durch. Dies wird solange fortgeführt, bis die Bilbo-Figur eines der 4 großen Abenteuerfelder erreicht – dann beginnt die Abenteuerphase.

Folgende Ereigniskartentypen gibt es:
  • Reisekarten: Alle Spieler legen verdeckt eine ihrer Zwergenkarten vor sich ab und decken diese gemeinsam auf (bei 2 Spielern wird eine 3. Karte vom verdeckten Nachziehstapel mit aufgedeckt). Vom niedrigsten Zwergenkarten-Wert zu höchsten zieht nun der entsprechende Spieler die Bilbo-Figur ein Feld voran. Dabei erhält jeder Spieler das, was auf dem Feld des Weges abgebildet ist: einen Bonus auf Mut, Klugheit oder Geschick, zusätzliche Nahrung oder den "einen Ring". Danach zieht jeder Spiele eine neue Zwergenkarte und die nächste Ereigniskarte wird aufgedeckt.
  • Fähigkeitskarte: Diese Karten werden versteigert, indem jeder Spieler eine Zwergenkarte verdeckt vor sich ablegt. Je nach Angabe auf der Fähigkeitskarte gewinnt der Spieler mit dem höchsten oder niedrigsten Kartenwert. Diese Karte kann bei einem Abenteuer eingesetzt werden. Danach zieht jeder Spiele eine neue Zwergenkarte und die nächste Ereigniskarte wird aufgedeckt.
  • Geschenkkarte: Jeder Spieler führt die auf der Karte angegeben Anweisungen aus. Dann wird die nächste Ereigniskarte aufgedeckt.

Zu Beginn der Abenteuerphase erhalten die Spieler einen Nahrungs-Bonus. Beginnend mit dem Spieler mit dem höchsten Mut-Wert decken die Spieler nun reihum Abenteuerkarten auf. Sie können entscheiden, ob sie das Abenteuer angehen wollen oder nicht. Probiert kein Spieler ein Abenteuer, rückt der Drache ein Feld vor. Die Abenteuerphase wird durchgeführt, bis alle Abenteuerkarten des Abschnitts aufgedeckt wurden. Dann beginnt die nächste Reisephase (bzw. das Spiel endet nach Abschnitt 4).

Nimmt ein Spieler ein Abenteuer an, muss er mit den Würfeln zusammen mit seinen Fähigkeiten eine bestimmte Vorgabe von Mut, Stärke und/oder Nahrung erreichen. Dazu würfelt er mit den 5 Würfeln und darf dann entsprechend seiner Klugheit ggf. eine gewisse Anzahl an Würfeln erneut werfen. Der Besitzer des einen Rings darf einen Würfel auf eine beliebige Seite drehen. Nun wird verglichen ob die Würfelsymbole zusammen mit den Fähigkeitswerten reichen, das Abenteuer zu bestehen. Ist dies der Fall, gewinnt der Spieler die angegebene Anzahl an Edelsteinen. Verliert ein Spieler, wird ein Drachenkärtchen gezogen und ausgeführt – die kann bedeuten, dass der Spieler Nahrung oder Fähigkeiten verliert oder der Drache nach vorne zieht.

Das Spiel endet, wenn der Drache "Seestadt" erreicht oder nach Ablauf der 4. Abenteuerphase mit dem Sieg des Spielers, der die meisten Edelsteine sammeln konnte.

Fazit
Skepsis ist immer dann angesagt, wenn ein Verlag ein Spiel zu einem aktuellen oder kommenden "Blockbuster" heraus bringt – oft handelt es sich um lieblos umgesetzte Brettspiel-Adaptionen des Films. Zum Glück ist dies Reiner Knizia bei "Der Hobbit" nicht passiert.

Ein warnendes Wort dennoch vorneweg: Spieler, die keine (oder nur überschaubare) Glückselemente in Spiele bevorzugen, werden mit diesem Spiel nicht glücklich. "Der Hobbit" hat Glückselemente an allen Ecken und Enden: Man zieht Zwergenkarten und hofft auf eine ausgewogene Verteilung. Die Reihenfolge der Ereignis- und Abenteuerkarten ist alleine glücksbestimmt und auch beim absolvieren der Abenteuer ist man durch den Faktor Würfelwurf von Fortuna abhängig. Bestreitet man eine Partie mit 4 oder 5 Spielern ist selbst das Vorankommen auf der Wegstrecke etwas glücksbedingt, da man nur bei sehr niedrigen oder hohen Werten einigermaßen steuern kann, an welcher Stelle man sich fortbewegt.

Optisch ist das Spiel dem KOSMOS-Verlag wieder sehr ansehnlich gelungen. Das Spielmaterial ist gewohnt stabil und von guter Qualität und die Illustrationen passend zu Herr der Ringe (stammen ja auch teilweise von John Howe). Die zwei bemalten Miniaturen zeigen, dass hier Wert auf Qualität gelegt wurde – ansonsten hätte man diese durch 2 Papp-Marker ersetzt.

Die Spielregeln werden in der Anleitung gut beschrieben und spätestens nach den ersten Ereignissen bzw. Abenteuern gibt es praktisch keine Notwendigkeit mehr, die Anleitung zu benutzen. Das macht das Spiel sehr einsteigerfreundlich und gut geeignet für Familien oder Gelegenheitsspieler.

Die Beschreibungen zum Faktor "Glück" zeigen, dass die strategischen Überlegungen überschaubar sind: Welche Karte setze ich ein? Welches Abenteuer riskiere ich? Welche Eigenschaften erhöhe ich? Das mit den Eigenschaften relativiert sich über die Spieldauer, da gegen Ende der Partie alle Spieler im oberen Bereich angekommen sein dürften.

Einziger kleiner Kritikpunkt, den ich noch äußern muss: Das Spiel ist sehr repetitiv. Die Reisephase spielt sich immer gleich, egal ob man das Spiel beginnt oder sich Smaug (dem Drachen) nähert; auch die Abenteuer unterscheiden sich nur durch die Anzahl der geforderten Werte.

All das oben geschriebene führt zu folgendem Fazit: "Der Hobbit" ist ein nettes Familienspiel, das durch den leichten Einstieg und stets gleichen Ablauf eher für Gelegenheitsspieler geeignet ist (auch wenn es 3 kleinere Spielvarianten gibt). Die Spieldauer von ca. 45 Minuten wird nicht langweilig, da man ständig etwas zu tun hat. "Der Hobbit" ist in meinen Augen sicherlich nicht die beste Umsetzung der Werke von J.R.R. Tolkien, aber für ein kurzweiligen Spiel zwischendurch definitiv gut geeignet. Der Preis von aktuell ca. 25 Euro geht für das gebotene Gesamterlebnis in Ordnung.



18. Juni 2012 - (tp)

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