Rezension von Gib Gas!


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise vom Verlag Carrera Table Top Games bereitgestellt wurde.)

Rezension

Gib Gas!
Bei "Gib Gas!" handelt es sich nicht um eine rechte Wahlkampfparole, sondern um eines von drei Brettspielen, die Carrera, besser bekannt für die kultigen, elektronischen Rennspiele, in diesem Jahr auf den Markt wirft. Für die Entwicklung der drei Spiele, von denen je eins auf die Zielgruppe Kinder/Familie, Erwachsene und Mitbring-/Kartenspiel setzt, konnte Carrera u.a. Klemens Franz (besser bekannt als "Haus-Grafiker" von Lookout Games) für die Reihe "Tabletop Games" gewonnen werden.

Thema und Ziel des Spieles
Bei Gib Gas! handelt es sich um das Karten-, bzw. Mitbringspiel. Zum Gewinnen müssen wir nicht als Erste/r durch eine Ziellinie fahren, sondern dafür Sorge tragen, dass unser Auto vor Rennende nicht zu Bruch geht und zuvor bei Streckenabschnitten ordentlich Punkte kassieren konnte.

Spielablauf
Jede/r Spieler/in verfügt über sechs Handkarten mit Geschwindigkeitswerten zwischen 200 und 250 sowie drei Sonderkarten. Vier Streckenabschnitte werden offen ausgelegt und nun mit den Handkarten gewertet. Vier verschiedene Streckenabschnittstypen fordern uns jeweils dazu auf der schnellste oder langsamste zu sein oder lassen denjenigen kollidieren, der der schnellste oder der langsamste ist. Verdeckt spielen wir jeder eine Karte aus und vergleichen, wer die Karte und ihre Punkte gewinnt oder Schadenspunkte bei einer Kollision erhält. Wenn jedoch beim Aufdecken der Karten gleiche Geschwindigkeitswerte ausgespielt wurden, dann kollidieren diese beiden Rennautos in jedem Fall, erhalten so viele Kollisionsminuspunkte wie auf der Streckenabschnittskarte angegeben (ein oder zwei) und nehmen an der Wertung um den Streckenabschnitt nicht mehr teil.

Als Beispiel:
Die Streckenabschnittskarte sagt aus, dass derjenige mit der höchsten Geschwindigkeit einen Crash verursacht und deshalb drei Schadenspunkte erhält, bei Kollision wegen gleicher Geschwindigkeit erhalten die Autos zwei Schadenspunkte. Blau legt 220; Rot 220; Grün 210; Orange 200. Die Spieler/innen Blau und Rot kollidieren, nehmen nicht mehr an der Wertung teil. Und erhalten jeder zwei Schadenspunkte. Da Grün schneller fährt als Orange verursacht er einen Crash und erhält drei Minuspunkte auf der Schadenstabelle.

Die ausgespielten Karten kommen auf den Ablagestapel und stehen für die sich anschließenden Streckenabschnitte nicht mehr zur Verfügung. Mit den Sonderkarten kann man das Tempo der vorherigen Karte halten, mit einem Würfel die Geschwindigkeit zwischen 100 und 300 bestimmen oder einen Boxen Stopp einlegen: Der Würfel bestimmt, ob man eine, zwei oder drei Karten vom Ablagestapel wieder auf die Hand aufnehmen darf (bzw. in der Taktikvariante, ob er Schadenspunkte abbauen darf). Hat man keine Handkarten mehr, so nimmt man alle Karten vom Abwurfstapel wieder auf. Das Spiel endet, wenn entweder alle Streckenabschnitte gewertet wurden oder wenn eine/r der Spieler/innen 18 Schadenspunkte erhalten hat, dadurch aus dem Rennen ausscheidet und das Spielende auslöst.

Gesamteindruck
Das Spielprinzip aus Gib Gas! ist uns aus Alex Randolphs Spiel Hol's der Geier bestens bekannt: Wir haben es hier mit dem guten alten "Ich-denke-dass-du-denkst-dass-ich-denke zu tun. Wir versuchen uns zu erinnern, welche Karten schon gespielt wurden, schätzen unsere Mitspieler/innen ein, spielen verdeckt eine Karte aus und lassen uns überraschen was passiert. Das Aufdecken kann in manchen RennSpielerunden unter großem Jubelgeschrei und Wutgeheule geschehen. Das Wutgeheule war in meinen Proberunden aber eindeutig in der Mehrzahl, was vor allem an der hohen Anzahl an Kollisionen liegt. Fast rundenlang: Kollisionen, Kollisionen, Kollisionen...

Dies liegt vor allem daran, weil statt 15 Zahlenkarten bei Hol's der Geier nur sechs verschiedene existieren, die auch noch durch zwei Karten ergänzt werden, auf denen noch einmal eine der sechs Zahlen vorhanden ist (Tempo halten und Würfeln). Da außerdem noch durch die Sonderkarte Boxen Stopp wieder Karten aufgenommen werden und dadurch die Handkartensituation der Mitspieler/innen noch unübersichtlicher wird, kann von Steuerung kaum noch die Rede sein. Ich hatte in keiner meiner Testpartien das Gefühl, dass da etwas steuerbar oder einschätzbar wäre, dementsprechender Frust greift bisweilen auf die Spieler/innen über. Genauso wie die Kollisionen das eigene Rennauto unaufhaltsam zum Totalschaden machen, sind wir in der "Taktikvariante" ebenso zwangsläufig damit beschäftigt das Auto wieder auszubeulen, um ein paar der unaufhörlich auf uns einprasselnden Schadenspunkte wieder zurückzunehmen – die taktische Möglichkeit, auch Karten zurücknehmen zu können wird da fast nie in Anspruch genommen: Der nächste Schaden kommt so oder so. Während ich Hol's der Geier viel abgewinne und dementsprechend neugierig auf einen ähnlichen Mechanismus mit scheinbar noch mehr taktischen Finessen war, ist bei mir schnell Ernüchterung eingekehrt. Während Randolphs Spiel nach gut 10 Minuten wieder vorbei ist und man dann gerne noch eine Partie dranhängt, fängt man bei Gib Gas! nach 20 Minuten auf die Uhr zu schauen. Manchmal liegt eben doch die Würze in der Kürze.

Zum Spiel zu zweit möchte ich an dieser Stelle dringend abraten, da der Reiz, mit einer zufällig gezogenen Karte von einem dritten Kartenstapel zu spielen, ungefähr dem Skatspiel zu zweit mit "Omastapel" entspricht.

An der Grafik stört mich ein wenig die Grafik auf den Streckenabschnittskarten, diese bestehen aus genau zwei Typen von Karten. Zum einen das einzelne Rennauto in der rechten, oberen Kartenecke (jeweils unterschiedlich designt) und zum anderen der Crash zwischen zwei Rennautos in der rechten oberen Kartenecke (ebenfalls wieder unterschiedlich designt). Das ist schon etwas langweilig.

Fazit
IGib Gas! ist guter alter Wein in neuen Schläuchen, in diesem Falle aus dem Hause Randolph. Der wird dadurch jedoch nicht besser, sondern frustet, weil man zu wenig Einfluss auf das Ergebnis hat und man von einer Kollision in die nächste schlittert. Auch zeitlich hätte das Gib Gas! kürzer sein können. Bleibt, dass wir entweder zum Original oder (wenn vorhanden) auf die Original-Carrerabahn zurückgreifen sollten.



11. August 2014 - (jd)

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