Rezension von Die Siedler von Catan: Händler & Barbaren (3.Erw.)


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise von KOSMOS bereitgestellt wurde.)

Rezension

Ersteindruck
Zuerst einmal sei gesagt, dass Händler & Barbaren eine Sammlung von Szenarien sind, die sämtlich mit dem Basisspiel und teilweise auch mit den Erweiterungen kombiniert werden können. Ich werde nach dem Fazit auf die einzelnen Szenarien detaillierter eingehen.

Die Erweiterung kommt in der Kosmos quadratischen Spieleschachtel daher und enthält diverses Spielmaterial. Neben Karten, neuen Landschaftsfeldern, einem Würfel und Markern enthält das Spiel auch noch diverses Plastik-Spielmaterial, z. B. Kamele, Münzen und Soldaten. Sämtliches Spielmaterial ist recht schön gestaltet und passt sich vollkommen in die bestehende Siedler-Welt ein. Lediglich ein etwas besseres Konzept zum Aufbewahren der Materialien hätte ich mir gewünscht. Zwar lässt sich im Standard-Plastik-Inlet alles an Material unterbringen, schöner hätte ich es aber gefunden, wenn man die Materialien nach Szenario sortiert unterbringen könnte. Hier wären evtl. noch ein paar zusätzliche (zu den 2 vorhandenen) Plastik-Tütchen schön gewesen.

Ein Wort zu den Plastik-Figuren - mit hat die Plastik-Version von Siedler noch nie wirklich gefallen, von daher finde ich die Plastik-Miniaturen von Barbaren & Händler auch nicht ganz passen, aber das ist lediglich mein persönlicher Geschmack. Von der Qualität kann man auch an den Miniaturen nichts aussetzen, so dass man der Erweiterung ein durchweg gelungenes Spielmaterial attestieren kann.

Die Anleitung ist schön gelungen, alles wird deutlich und gut illustriert und erklärt. Bei den Regeln der einzelnen Szenarien dürften daher keine Fragen auftauchen. Zusätzlich wird bei jedem Szenario darauf hingewiesen, wie man diese mit den anderen Erweiterungen kombinieren kann. Lediglich die Werbung für andere Siedler-Produkte in der Anleitung stört mich ein wenig.

Thema & Ziel des Spiels
Das Thema und das Zeil ist abhängig vom gewählten Szenario, i.d.R. gilt aber weiterhin das Spielziel des Basisspiels: 10 Siegpunkte.

Spiel-Vorbereitungen
Je nach Szenario - i.d.R. gibt es bestimmte Elemente aus der Erweiterung, die Teile des Basisspiels ersetzen oder ergänzen.

Spielablauf
Je nach Szenario unterschiedlich - siehe die Auflistung der Szenarien.

Fazit
Händler & Barbaren reiht sich nahtlos ein in die diversen Erweiterungen von Siedler: Auf der einen Seite, verändern sie (teils kleine) Kniffe an der Spielmechanik, auf der anderen Seite haben sie doch sämtlich eine (mal mehr, mal weniger starke) unterschiedliche strategische Ausrichtung. Das war schon beim Siedler-Buch so (das übrigens weit mehr Szenarien bot, als diese Erweiterung) und dies ist auch bei den neuen Szenarien so. Ist das schlecht? In meinen Augen nicht unbedingt.

Was uns sehr gut gefällt ist, dass die einzelnen Szenarien (teilweise werden sie hier als Kampagne bezeichnet) sich auf unterschiedlich Bereiche des Spiels konzentrieren. Angefangen von der 2-Spieler-Variante, über die "Fischer von Catan" (das die Wasser-Felder aufwerte) bis hin zu einem komplett neuen Spielprinzip bei Szenario "Händler & Barbaren". Allerdings finde ich es schade, dass bis auf die letzten beiden Szenarien nur sehr wenige neue Elemente ins Spiel eingebracht werden; eine Hafenmeisterkarte (analog zur längsten Handelsstraße), Fischkarten (mit denen man Aktionen wie z.B. "Rohstoffkarte beim Gegner ziehen" durchführen kann) oder Brücken über Flüsse bringen kein wirklich neues Spielgefühl hervor, womit die Szenarien irgendwie austauschbar werden. Lediglich die letzten 2 und teilweise auch das Karawanen-Szenario wagen sich hier auf Neuland - und machen ihre Sache durchweg gut. Davon hätten wir uns mehr gewünscht. Weiterer Punkt: Warum die Szenarien teilweise unter dem Begriff "Kampagne" laufen, erschließt sich mir nicht so ganz: Jedes der in der Kampagne befindlichen Szenarien hat eigentlich keinen Bezug zum Vorgänger- bzw. Nachfolgeszenario.

Auch wenn mir, wie im Ersteindruck beschrieben, die Plastik-Figuren nicht ganz so zusagen, wirkte keines Spielmaterialien irgendwie deplatziert oder minderwertig. Lediglich an der Aufbewahrungsmöglichkeit hätte Kosmos etwas mehr feilen können - das Spielmaterial fliegt Szenario-übergreifend durch die Schachtel.

Bevor ich detaillierter auf die Szenarien eingehe, hier noch ein abschließendes Fazit: Für Siedler-Fans wird sich die Frage nach dem Kauf vermutlich gar nicht erst stellen, aber auch für alle anderen, die hin und wieder gerne "siedlern" und die mal etwas Frische ins Spiel bringen wollen, ist die Erweiterung durchaus einen Blick wert - so viel Siedler-Vielfalt bietet sonst nur das (ausverkaufte) Siedler-Buch. Sehr gut gefallen haben uns auch die Ergänzungen, wie die Szenarien mit den anderen Erweiterungen kombiniert werden können; genau das richtige für Siedler-Verrückte. Wer hingegen das Basisspiel schon nicht mochte, für den bietet auch diese Erweiterung keinen Anreiz zum Kauf (aber das ist ja meistens so bei Erweiterungen...)

Die Szenarien
Variante: Freundliche Räuber
Eine kleine Regelerweiterung, die nur besagt, dass Landschaften von Spielern mit weniger als 2 Siegpunkten nicht blockiert werden dürfen. Meines Erachtens gehört das Blockieren, auch in frühen Spielrunden, mit zum Spaß von Siedler, daher haben wir diese Regel nicht eingeführt.

Variante: Ereignisse auf Catan
Anstelle zu Würfeln werden hier Karten gezogen, die Würfelergebnisse vorgeben - dadurch wird das Glückmoment im Spiel reduziert. Weiterhin sind auf den Karten diverse Ereignisse notiert, die durch das Ziehen in Kraft treten, z. B. Kartentausch mit dem Nachbarn, zusätzliche Rohstoffe oder kaputte Straßen durch Erdbeben. Auch hier muss ich zugeben, gehört für mich das Würfelglück einfach zu Siedler dazu; wo kann man sich sonst so schön ärgern, wenn die eigenen Zahlen einfach nicht kommen wollen. Auf der anderen Seite sind die Ereignisse in Catan recht nett - bringen aber etwas mehr Ungewissheit ins Spiel. Prinzipiell wird aber auch hier nichts am eigentlichen Spiel verändert.

Variante: Der Hafenmeister
Für das Bauen am Wasser, gibt es nun sog. Hafenpunkte - wer mehr als 2 Punkte besitzt, ist der Hafenmeister und erhält 2 Siegpunkte. Diese Variante erfolgt analog zur längsten Straße bzw. größten Rittermacht. Dadurch das die Wasserfelder nun etwas aufgewertet werden, reiht sich diese Variante schön in das Basisspiel ein und bietet eine weitere Möglichkeit an Siegpunkte zu gelangen. Hat uns gefallen - kleine Änderung aber recht nett.

Variante: Catan für Zwei
Hier muss ich sagen: Wirklich schön. Die Siedler-Variante, die man auch zu zweit gut spielen kann. Neben den eigenen Bauten gibt es hierbei auch 2 "neutrale" Siedler, die von beiden Spielern durch Straßen-/Hausbau unterstützt werden können. Dieser Kniff hat uns wirklich viel Spaß gemacht, denn mit den neutralen Siedlern kann man dem Gegner hervorragend seine Pläne durchkreuzen und diesen behindern. Endlich kann man auch zu zweit siedeln.

Szenario: Die Fischer von Catan
Die bisher freien Seefelder sowie die Wüste (die durch ein Wasserfeld ersetzt wird) werden kurzerhand stärker ins Spiel eingebunden - als Rohstoff gibt es hierfür Fische, die gegen Aktionen eingetauscht werden können. Insgesamt ändert sich in diesem Szenario nicht wirklich viel am Spielprinzip - lediglich der "Alte Schuhe", der einen Spieler dazu zwingt einen Siegpunkt mehr zu erreichen, hat uns gefallen. Der Rest war eher Siedler-Durchschnitt; ganz ok, aber zuwenig neues.

Szenario: Die Flüsse von Catan
Dieses Szenario hat mir persönlich am schlechtesten gefallen. Für das Bauen von Siedlungen, Wegen und (neu in diesem Szenario) Brücken über Flüsse erhält der Spieler Goldmünzen, der er entweder sammeln oder gegen Rohstoffe eintauschen kann. Der Spieler mit den meisten Goldstücken (i.d.R. derjenige, der durch das Bauen von Siedlungen sowieso am meisten Punkte hat) erhält zusätzlich einen Siegpunkt, der Spieler mit dem wenigsten Geld erhält einen Malus von -2 Siegpunkten, was das Gewinnen noch schwieriger macht. Wer hier von Anfang an gut seine Siedlungen platziert, hat so gut wie gewonnen. Weiterhin wirkt das Bauen der Brücken über die Flüsse hier etwas aufgesetzt.

Szenario: Der Zug der Karawanen
Zusätzlich zum Bauen einer Siedlung bzw. einer Stadt wird ein Kamel platziert, das an eine bestehende Karawane angefügt wird. Interessant dabei ist, dass die Platzierung des Kamels durch das Bieten von Karten bestimmt wird - wer viele Karten bietet, bestimmt, wohin die Karawane läuft. Straßen, die parallel zu einer Karawane verlaufen zählen nun als 2 Straßen was die längste Straße betrifft und Siedlungen/Städte, durch die eine Karawane führt, zählen einen Siegpunkt mehr. Das Karawanen-Szenario hat uns Spaß gemacht, was an mehreren Faktoren lag: Die Karawane ist tatsächlich einmal ein neues Spielelement, das geschickt eingesetzt werden kann um an zusätzliche Siegpunkte zu gelangen. Geschickt eingesetzt kann dies einem zurückliegenden Spieler durch weit nach vorne bringen kann. Es verändert im Prinzip zwar nicht das eigentliche Spiel, eröffnet aber neue Möglichkeiten an Siegpunkte zu gelangen - im Gegensatz zum vorherigen Szenario wirkt es vor allem durchdachter und ausgereifter.

Szenario: Der Barbarenüberfall
Der Barbarenüberfall wirkt auf den ersten Blick wie die Erweiterung "Städte & Ritter" - Barbaren erobern nach einer gewissen Zeit die Insel Catan und bringen alles durcheinander. Jedes Mal, wenn ein Spieler eine Stadt oder eine Siedlung baut, wird auf 3 (durch Würfelwurf bestimmte) Felder jeweils eine Barbarenfigur gestellt. Stehen auf einem Feld 3 Barbaren, bringt dieses Feld keinen Ertrag mehr und an dessen Kanten dürfen keine Straßen mehr gebaut werden. Weiterhin zählen Siedlungen bzw. Städte, die von eroberten Feldern umgeben sind, keine Siegpunkte mehr. Um der Barbaren Herr zu werden, können (und sollten) die Spieler nun Ritter bauen - wer eine Entwicklungskarte kauft, erhält hier eine szenario-spezifische Karte, die teilweise das Einsetzen eines Ritters erlauben. Nach jedem Spielzug kann der Spieler seine Ritter zusätzlich bewegen und wenn auf einem Feld mit Barbaren mehr Ritter stehen als Barbaren, gilt dieses Feld als zurückerobert - nicht jedoch, ohne das es auch Verluste in den eigenen Ritter-Reihen gibt. "Der Barbarenüberfall" macht einiges anders und ist das erste Szenario dieser Erweiterung, das wirklich grundlegende Dinge an der Spielmechanik verändert. Dadurch das man hier Siegpunkte, Landschaftsfelder oder wichtige Verbindungsstraßen verlieren kann, darf sich ein Spieler, der in Führung liegt, nie zu sicher fühlen. Durch die neuen Regeln wird die Spieltiefe gesteigert, ohne großartig komplizierter zu wirken. Das Szenario hat uns gut gefallen, da es etwas neuen Wind in ein Spiel bringt und man sich neue Taktiken überlegen muss.

Szenario: Händler & Barbaren
Dieses Szenario stellt mehr noch als "Der Barbarenüberfall" das Grundspiel auf den Kopf. Hier kommen spezielle Waren ins Spiel, die per Kutsche zu ihren Bestimmungsorten gebracht werden müssen. Wer dabei fremde Straßen benutzt, der muss an den Besitzer Gold zahlen. Um wem sein Tross (=Wagen) zu langsam ist, der kann diesen auch aufwerten. Wir haben dieses Szenario bisher erst einmal gespielt, hatte dabei jedoch großen Spaß. Die Abhängigkeiten und Kniffe, die dieses Szenario bietet sind wirklich gelungen - wobei man sagen muss, dass sie "Siedler" doch im gewissen Maße verändern. Wer nicht genügend Geld hat, kann keine fremden Wege benutzen. Wer auf der anderen Seite aber auch nicht für genügend Nachschub an Rohstoffen (durch Wege- und Siedler-/Städtebau) sorgt, dessen Trosse bleiben langsam und die Siegpunkte gering. Nach nur einem Spiel will/kann ich zu den einzelnen Taktiken noch nicht viel sagen, der strategische Teil wird aber deutlich aufgewertet. Ich hätte mir mehr solche vielschichtigen Szenarien für diese Erweiterung gewünscht.



10. November 2007 - (tp)

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