Rezension von Camel Up Cards


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise vom Verlag Pegasus Spiele bereitgestellt wurde.)

Rezension

Camel up Cards
Wenn sich ein Spiel gut verkauft gibt es Erweiterungen. Wird es sogar mit dem Preis der Jury Spiel des Jahres ausgezeichnet, dann lohnt es sich, das Kamel, Pardon, die Kuh auch noch per Variation als Würfel- und/oder Kartenspiel zu melken. Die Chance eine Wette darauf zu gewinnen steht jedenfalls sehr viel höher, als beim Kamelrennen Geld mit nach Hause nehmen zu können. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis Camel up auch als Kartenvariante erschien. Lohnt die Kartenvariante?

Thema und Ziel des Spieles
Wie schon beim großen Bruder Camel up wetten wir bei einem turbulenten Kamelrennen mal auf das eine und mal auf das andere Kamel, um am Ende das meiste Geld eingestrichen zu haben.

Spielablauf
Der Spielablauf ist relativ ähnlich dem des großen Bruders. Die Kamele zum rennen bringen, auf den Etappen- oder Finalsieger wetten und/oder noch ein paar Gemeinheiten für die Mitspielenden auf der Strecke verteilen. Anders als zum Original erwürfeln wir jedoch nicht einfach mit der Pyramide für die fünf farbigen Kamele ein Vorwärtstempo zwischen 1 und 3, sondern setzen dafür unsere Handkarten ein, auf denen jedoch nur Tempo zwischen 1 und 2 für jedes Kamel vorhanden ist. Von den Zweier-Karten sogar pro Kamel nur eine einzige, von den Einser-Karten dafür sehr viel mehr. Über einen Auswahlmechanismus ziehen wir nun vor jeder Runde eine bestimmte Anzahl Tempo-Karten auf die Hand, sortieren davon einige nach unserem Gusto wieder aus, entscheiden uns für eine bestimmte Anzahl Karten, die in jedem Fall in der Runde gezogen wird, und wählen weiter zwei Karten aus, von denen wir die eine auf der Hand für den Notfall einsetzen können und die andere Karten offen zeigen und dann ebenfalls in den Kartenstapel für diese Runde einmischen. Dieser Rundenstapel wird anschließend abgearbeitet, wobei wir immer die Wahl zwischen einer Karte des Rundenstapels und unserer eigenen Notfallkarte besitzen oder – falls noch vorhanden – den Fuchs oder die Palme auf der Strecke vor oder zwischen den Kamelen zu platzieren dürfen. Diese übernehmen die Funktion der Plättchen, die es im Vorgängerspiel gab, und die auf sie treffende Kamele nach vorne- oder zurückwarfen. Zusätzlich dürfen wir nach jedem unserer Züge eine Wettkarte auf den Etappen- oder den Finalsieg aufnehmen. Von den Wettkarten über den Finalsieger dürfen wir jedoch nur eine einzige Karte besitzen. Ist der Rundenstapel aufgebraucht, so werten wir die Wettkarten auf den Tagessieger aus und bereiten eine weitere Etappe vor. Sollten weniger als drei Felder zwischen dem führenden Kamel und der Ziellinie vorhanden sein, dann verlängern wir den Parcours. Gewonnen hat der- oder diejenige, die bei Rennende das meiste Geld erwetten konnte.

Gesamteindruck
Camel up war 2014 ein Dauerbrenner im Segment Familienspiele: Spannend, schnell, lustig, relativ einfache Regeln und beinhaltete mit der Pyramide ein tolles Element zum Anfassen und Anschauen. Völlig zu Recht erhielt das Spiel den Preis der Jury Spiel des Jahres. Entsprechend neugierig war ich, als Pegasus eine Kartenvariante ankündigte, bei der zusätzlich etwas mehr Einfluss und Bluffmöglichkeiten versprochen wurden. Beides fehlt dem großen Bruder zwar nicht, trotzdem war gerade der fehlende Einfluss eine öfter gehörte Vorbringung gegen das Spiel von Menschen, die eher viel Zeit mit Spielen verbringen. Wenn beides also problemlos möglich ist, warum nicht?!

An Camel up Cards sieht man aber leider, was ein gutes Spiel von einem schlechten unterscheidet, obwohl es größtenteils identisch ist: Camel up Cards hält was es verspricht und lässt uns das verrückte Kamelrennen einfach komplett mit Karten nachspielen. Das Spielbrett mit dem festen Wüsten-Parcours weicht also einem variablen, welcher aus Karten gelegt wird. Das Würfeln mit der Pyramide weicht Kamelkarten, die wir ausspielen. Das Geld weicht Geldkarten, die wir für die richtige Summe nach rechts oder links drehen. Der Rest ist eigentlich auch recht ähnlich. Doch, was passiert? Der Zauber des Originals will nicht aufkommen bei dieser Kartenschlacht, denn die Originalität ist irgendwo in der Wüste abhandengekommen. Zwar haben wir durch die Auswahl der Karten etwas mehr Einfluss darauf, welche Kamele voranpreschen, aber wirklich viel können wir damit leider auch nicht anfangen. Wenn wir nicht die richtigen Karten erhalten, dann ist auch kein vorankommen möglich und da wir zu Beginn jeder Runde wieder neue Karten erhalten, sind auch die Bluffmöglichkeiten sehr beschränkt. Wir müssen also das Beste aus den aufgenommenen Karten machen und da ist relativ schnell klar welche Wettkarten wir nehmen müssen und welche nicht. Viele Möglichkeiten bleiben da einfach gar nicht.

Pegasus hat damals also alles richtig gemacht: Sich für mehr entschieden und mehr bekommen. Was eine Würfelpyramide aus Pappe und ein festes Spielbrett doch ausmachen kann! Die vielen Karten dagegen erschlagen einen eher und können keine Atmosphäre erzeugen. Die Rechnerei mit den Geldkarten zum Beispiel ist eher nervig als praktisch und wirklich Spannung und Mitfieber- Atmosphäre will beim Ziehen der Tempokarten nicht aufkommen. Da war die Pyramide einfach eleganter, auch weil es dort mehr Möglichkeiten als meistens eine 1 und nur selten eine 2 für das Vorrücken gab. Auch die Rennzeit wird durch das Vorrücken im Einser- und Zweier-Schritten erheblich verlangsamt. Gab es beim Vorgänger „nur“ 16 Rennfelder, so haben wir beim Kartenspiel zu viert 17, zu fünft sogar 18 Felder im Parcours. Wenn dann noch aufgrund eines ungünstigen Rennverlaufes der Parcours entsprechend nach Regel verlängert werden muss, dann verlängert sich auch die Spielzeit weiter unangemessen. Erst recht, weil Camel up nun einmal auch sehr glücklastig ist. Das ist kein Problem, aber dann muss auch die Spielzeit entsprechend kurz sein und das wird hier leider etwas überspannt.

Insgesamt taugt das Spiel deshalb leider weder als günstiges Mitbringspiel noch als kleine Alternative auf Reisen. Wenn schon Camel up, dann ein bisschen tiefer in die Tasche greifen und den großen Bruder von 2014 anschaffen, der lohnt noch immer!

Fazit
Camel up setzt im Großen und Ganzen den Vorgänger von 2014 komplett mit Karten um. Dadurch geht viel Atmosphäre verloren und richtige Wettspannung will nicht aufkommen. Der versprochene erhöhte Einfluss kann sich leider nicht entfalten. Eine zusätzliche Anschaffung der Kartenvariante lohnt daher nicht, bei einer Neuanschaffung sollte man zum großen Bruder greifen!

27. Dezember 2017 - (Jan Drewitz)

Rezensionsbilder