Rezension von Raja - Palastbau in Indien


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise von Phalanx Games bereitgestellt wurde.)

Rezension

Ersteindruck
Das Cover von Raja macht einen sehr ordentlichen Eindruck. Es ist schön orientalisch gestaltet und passt sehr gut zum Thema "Indien", zeigt es doch einen Maharadscha vor seinem Palast. Das recht große Spielbrett ist etwas abstrakter gestaltet, passt aber ebenfalls gut zum Thema und wirkt unaufdringlich. Das Spielmaterial von Raja ist reichlich vorhanden und durchgehend von sehr guter Qualität. Die Pappmarker sind schön dick und passend zum Spielbrett gestaltet und die Aktionsscheiben zum Einstellen der Aktionen sind mal etwas ganz anderes. Holzfiguren & - häuser sowie ein ganzer Beutel durchsichtiger, bunter Glassteine (als Paläste) runden den positiven Eindruck über das Spielmaterial ab. In der Verpackung befindet sich auch ein Plastik-Inlet, in das man das Spielmaterial einordnen kann. Allerdings scheint es sich hierbei um ein Standard-Modell zu halten, das leider für das Spielmaterial von Raja mehr oder weniger ungeeignet ist, so dass das Spielmaterial recht ungeordnet in den einzelnen Fächern untergebracht wird (siehe Bild rechts). So ein Inlet ist zwar besser als keine Aufbewahrung für das Spielmaterial, passt aber nicht zum restlichen hochwertigen Spielmaterial. Das hätte besser gelöst werden können, ja müssen.

Die Anleitung (7 DinA4-Seiten) ist logisch aufgebaut, wirkt auf den ersten Blick aufgrund der langen Textpassagen aber etwas abschreckend. Allerdings wird alles gut erklärt und durch Beispiele verdeutlicht, so dass diese Angst unbegründet war - die Regeln lassen sich recht gut lesen. Alles in allem kann das Spielmaterial von Raja überzeugen - für Höchstnoten fehlt allerdings eine passende Aufbewahrung für die Spielmaterialien. Schade.

Thema & Ziel des Spiels
Indien, Land mit prachtvollen Tempeln und Palästen, Kulturlandschaften und scharfem Essen - auch wenn letzteres leider nicht im Spiel vorkommt. Bei Raja handelt es sich um ein strategisches Aufbauspiel, bei dem der Faktor "Unsicherheit" immer im Hintergrund lauert. In Städten und Dörfern muss gebaut werden, was das Zeug hält, denn wer zuerst 7 Paläste errichtet hat, gewinnt das Spiel.

Spiel-Vorbereitungen
Der Spielplan wird in die Mitte gelegt. Jeder Spieler wählt eine Farbe und erhält folgendes Spielmaterial: eine Aktionsscheibe, eine Kurzspielregel, eine Spielfigur (=Architekt), 7 Glassteine (=Paläste), 10 (hölzerne) Häuser sowie 15 Goldmünzen. Die schwarze Maharadscha-Figur wird auf den Startort gestellt und die 7 Stadtwappenkarten zunächst gemischt und dann der Reihe nach auf die 7 Felder der Wertungsleiste gelegt. Das restliche Spielmaterial wird in Reichweite beiseite gelegt.

Spielablauf
Zunächst wählt jeder Spieler eine der 6 großen Personenkarten - jede dieser Personen hat eine spezielle Fähigkeit - und legt sie offen vor sich aus. Der Spieler mit der niedrigsten Personenkartennummer stellt nun eines seiner Häuser in ein beliebiges Dorf. Dann folgt der Spieler mit der nächsthöheren Nummer, usw. über 4 Runden, bis jeder Spieler 4 seiner 10 Häuser gesetzt hat. In jedem Dorf dürfen maximal 2 Häuser stehen (1 Haus bei 2 Spielern) - diese Beschränkung gilt während des gesamten Spiels.

Das eigentliche Spiel läuft in Spielrunden ab, die jeweils aus 4 Aktionen bestehen:
  • A) Maharadscha und Stadtwappen versetzen
  • B) Aktionen einstellen
  • C) Aktionen durchführen
  • D) Wertung


A) Der Maharadscha wird nun in die Stadt gestellt, dessen Stadtwappen zuunterst auf der Wertungsleiste liegt. Dieses Stadtwappen wird danach an die oberste Stelle gelegt. Die abschließende Wertung dieser Runde bezieht sich immer auf die Stadt, in der der Maharadscha nun steht.

B) Alle Spieler stellen nun gleichzeitig und geheim mittels ihrer Aktionsscheibe zwei beliebige Aktionen ein, die sie durchführen wollen. Die Aktionen im Einzelnen sind im folgenden aufgelistet. Für alle Aktionen gilt: das Bauen in Städten ist nur dann erlaubt, wenn sich der eigene Architekt dort befindet. Diese Einschränkung gilt für Dörfer nicht.
Münzen: Der Spieler erhält 2 Goldmünzen aus dem Vorrat
Haus: Für Baukosten von 1 Goldmünze kann 1 Haus in einem Dorf oder einer Stadt gebaut werden.
2 Häuser: Für Baukosten von 2 Goldmünzen können 2 Häuser gebaut werden; eines davon muss in einer
Haus versetzen: Der Spieler versetzt ein eigenes beliebiges Haus auf ein anderes Feld. In eine andere Stadt kann nur versetzt werden, wenn dort ein eigener Architekt steht.
Nachschub: Der Spieler erhält 2 Häuser aus dem Vorrat
Palast: Für Baukosten von 12 Goldmünzen kann 1 Palast gebaut werden.
Palast/Haus: Für Baukosten von 13 Goldmünzen kann 1 Palast und 1 Haus gebaut werden.
Wertungsreihenfolge: Verschiebe ein beliebiges Stadtwappen auf der Wertungsleiste um 2 Felder nach unten. Etwaige übersprungene Wappen rücken nach oben auf.
Personenkarten: Der Spieler nimmt die Personenkarte eines Mitspielers oder eine Karte, die bisher nicht am Spiel teilnimmt. Dann legt er seine Karte ab und der Mitspieler ohne Karte sucht sich ggf. eine neue Karte aus. Während des eigenen Zuges können die Spezialfähigkeiten beider Karten verwendet werden.

C) Nun deckt der Spieler mit der niedrigsten Personenkarte seine Scheibe auf und führt seine beiden Aktionen durch. Neben diesen Aktionen kann der Spieler zu jeder Zeit während seinen Aktionen mit dem Architekten reisen, wenn in allen durchreisten Dörfern mindestens ein beliebiges Haus steht, und die Reisekosten durch Dörfer bezahlt werden können. Diese betragen eine Goldmünze pro Feld für jedes Haus in einem Dorf, in dem kein eigenes Haus steht. Will ein Spieler eine, beide oder einen Teil einer Aktion nicht durchführen, muss er stattdessen 2 Goldstücke an alle anderen Spieler zahlen.

D) Nun folgt die Wertung der Stadt, in der der Maharadscha steht. Jeder Spieler ermittelt nun für diese Stadt seine Wertungspunkte: 1 Punkt für den Architekten in der Stadt. 1 Punkt für jedes Haus. 1 Punkt für einen der äußeren Paläste. 3 Punkte für den inneren Palast. Nun erhalten die Spieler in der Reihenfolge der Wertungspunkte einen Goldbetrag, der je nach Spielerzahl und Rang unterschiedlich ist. Besitzt ein Spieler in einer Stadt alleine Wertungspunkte, erhält dieser zusätzlich 5 Goldmünzen.

Das Spiel kann auf 2 Arten beendet werden: Entweder baut ein Spieler seinen 7. Palast oder es wird ein Stadtwappen auf das Feld 10 gelegt. Im letzten Fall gewinnt der Spieler mit den meisten Palästen; bei Gleichstand mit dem meisten Geld

Dem Spiel liegen Regeln für 2 Profiversionen und eine Version mit verkürzter Spieldauer bei, die jedoch bei dieser Rezension nicht berücksichtigt wurden.

Fazit
Nach dem Lesen der Anleitung von Raja, hatte mich das Spiel zugegebenermaßen etwas abgeschreckt. Die 7 Seiten Regeln lasen sich zwar flüssig, das Spielprinzip war aber etwas nebulös - 2 Aktionen einstellen, Häuser und Paläste auf dem Spielbrett platzieren, Wertung durchführen. Und dann auch "nur" 10 Runden. Klang und wirkte etwas einfallslos und abstrakt - vielleicht auch weil die Anleitung etwas textlastiger ist.

Doch schon nach den ersten 2 bis 3 Spielrunden hatte sich mein Eindruck gewandelt - das Spiel machte doch tatsächlich Spaß, was vermutlich daran liegt, dass ich ein Stratege bin und sich mit Raja ein Spiel vor mir ausbreitete, das nahezu auf jeglichen Glücksfaktor verzichtet (abgesehen vom Ziehen der Personenkarten am Anfang des Spiels). Raja ist zunächst einmal eine Mangelverwaltung auf höchstem Niveau - in jeder der maximal 10 Spielrunden kann man 2 von 9 Aktionen auswählen. Und hier beginnt das Dilemma (im positiven Sinne) der Gedankengänge, die man bei diesem Spiel zwangsläufig haben wird: Man will mehr als nur 2 Aktionen ausführen, denn an irgendeiner Ecke klemmt es immer: Man benötigt Häuser aus dem Vorrat, weil man keine mehr hat. Man will bauen - möglichst viele Häuser und Paläste. Aber halt, das Geld dafür fehlt. Aber (dürftige) 2 Goldmünzen von der Bank nehmen ist auch schon eine Aktion und Wegezoll von den Mitspieler bekomme ich auch nicht, weil ich vor ihnen dran bin. Also ein Haus versetzen. Am besten ín Stadt, die als nächstes gewertet wird. Aber dafür muss der Baumeister dorthin, was mich auch Wegzoll kostet. Macht aber nichts, denn der reist dank meiner Personenkarte ja umsonst. Halt, ich bin ja als letzter dran ... was ist, wenn mir einer meiner lieben Mitspieler die Personenkarte klaut. Dann laufe ich Gefahr, die Aktionen mangels Geld nicht durchführen zu können. Also doch besser 2 Häuser bauen? Oder gar die Wertungsreihenfolge verändern?

Das alles (und noch viel mehr) wird einem beim Einstellen der 2 Aktionen im Kopf herumgehen, denn bei Raja muss wirklich sehr viel bedacht werden, und je mehr Spieler sich auf dem Brett tummeln und ihre eigenen Pläne vorantreiben, desto interessanter wird das Spiel. Raja ist zwar auch zu zweit gut spielbar, 3 Spieler sollten sich für mehr Spielspaß aber zusammenfinden.

Raja ist vermutlich kein Spiel für Gelegenheitsspieler, da der strategische Teil einfach zu viel "Hineinbeißen" in das Spiel erfordert. Die Regeln sind zwar recht schnell erklärt (10-15 Minuten), aber man benötigt einfach 2-3 Spiele, um die Pros und Contras der einzelnen Aktionen abwägen zu können. Weiterhin hängt das Spielerlebnis auch recht stark von der Spielgruppe ab - je unkonventioneller die Gruppe spielt, desto interessanter wird die Partie. Eine Partie bei der die Spieler vornehmlich Häuser/Paläste bauen bzw. Häuser versetzen ist zwar nicht langweilig aber in gewissem Maße vorhersehbar und eingleisig - jeder spielt vor sich hin. Wenn die Wertungsreihenfolge nicht mehr vorhersagbar ist und die Personenkarten regelmäßig wechseln, dann entfaltet Raja sein volles Potential.

Man hat beim Spielen manchmal das Gefühl dass der eine oder andere Spieler einen Vorteil hat - vor allem der erste Spieler, da dieser vor allen anderen den großen Palast bauen kann, dafür meist Erster in der Wertung wird und das meiste Geld bekommt - und somit in der nächsten Runde vermutlich wieder einen Palast bauen kann. Doch auch hier liegt es an den Mitspieler durch geschicktes Handeln, diesen Spieler auszubremsen.

Alles in allem ist Raja ein faszinierendes Spiel mit sehr schönem Spielmaterial und gutem Preis-Leistungsverhältnis, das aber vermutlich nicht alle (Gelegenheits-)Spielertypen ansprechen wird. Lediglich das vollkommen ungeeignete Plastik-Inlet trübt den Eindruck etwas, da das Spielmaterial beim Transport doch recht ungeordnet durch die Packung fliegt. Am Spielspaß von Raja ändert diese Tatsache aber natürlich nichts.



05. Oktober 2007 - (tp)

Rezensionsbilder