Rezension von Sutter's Mill


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise von Phalanx Games bereitgestellt wurde.)

Rezension

Sutter's Mill
Von "Western" hört man des Öfteren, dass dieses Thema nicht besonders gut für Spiele geeignet sei. Dennoch kommen immer wieder ein paar gute Spiele mit diesem Setting heraus, die auch gerne von den Spielern angenommen werden. Anscheinend haben diese keine Probleme damit, vielmehr wird Wert auf ein gutes Spiel mit stimmigen Hintergrund gelegt und da kann der "Wilde Westen" ein durchaus passendes Thema sein. Bietet es doch alle Möglichkeiten, die das Spielerherz begehrt. Von "Mehrheiten" (Colorado County) über "Aufbau" (Carson City), "Deduktion" (Old Town), "Spaß" (Bang!) und "Geschicklichkeit" (Klondike) bis zu "Würfeln" ("Dice Town).

Bei "Sutter's Mill" wird eine Goldgräberstadt aufgebaut, Gold geschürft, Geschäfte gemacht und möglichst rechtzeitig alles wieder zusammengepackt, um ruhmreich die Stadt zu verlassen.

Spielausstattung
Der Spielplan zeigt eine Goldgräberstadt mit acht Gebäuden. Drumherum verläuft eine Goldader. Zunächst durch einen Fluss, dann durch einen Hang und schließlich durch eine Mine. In jedem dieser drei Bereiche gibt es ein Goldsuchercamp.

Die acht Besitzurkunden für die Gebäude bringen unterschiedliche Vorteile für die Spieler. Ebenso die Karte Glücksritter. Die insgesamt 84 Goldchips aus fester Pappe sind auf der Rückseite in vier unterschiedliche Farben aufgeteilt. Sie zeigen auf der Vorderseite ein bis vier Goldnuggets. Für jeden Spieler sind fünf Goldsucher und ein Satz mit jeweils 13 Einflusskarten vorhanden. Die Einflusskarten tragen die Werte 2 bis 10, Bube, Dame, König und Ass. Zusätzlich gibt es für jeden Spieler eine beidseitig bedruckte Kurzanleitung als Spielhilfe, die außerdem anzeigt, in welcher Phase des Spiels sich der jeweilige Spieler gerade befindet. Die ausführliche Spielanleitung ist mit vielen farbigen Beispielen versehen.

In der Schachtel ist kein extra Inlay zum Einsortieren enthalten, dafür einige Zip-Tüten, in denen das Spielmaterial praktisch untergebracht werden kann.

Spielziel
Die Spieler nehmen durch Ihre Karten Einfluss auf die einzelnen Gebäude der Stadt, suchen nach Gold und versuchen mit ihrem Hab und Gut rechtzeitig die Stadt wieder zu verlassen. Dies geschieht, indem der Einfluss auf die Gebäude - durch die Rücknahme der ausgespielten Karten - nach und nach wieder aufgehoben wird. Am Ende zählen diese Karten als Siegpunkte.

Spielablauf
Zunächst werden die Goldchips nach Farbe sortiert verdeckt hintereinander auf die jeweiligen Bereiche der Goldader verteilt. Die Besitzurkunden und die Karte Glücksritter werden bereit gelegt. Jeder Spieler erhält einen Satz Spielkarten, eine Kurzanleitung, rote Chips mit insgesamt 6 Goldnuggets als Startkapital, sowie fünf Spielfiguren einer Farbe und platziert eine davon auf das Goldsuchercamp am Fluss.

Das Spiel unterteilt sich in zwei Phasen: erst "Aufbau" und dann "Abbau". Wann der Spieler von Aufbau nach Abbau wechselt, bestimmt er selber. Dazu dreht er zu Beginn eines Zuges seine Kurzanleitung auf die entsprechende Seite. Einmal gewechselt gibt es kein Zurück mehr.

In seinem Zug kann ein Spieler entweder "Gold suchen und Geschäfte machen" oder "In der Stadt agieren". Bei "Gold suchen und Geschäfte machen" nimmt er für jede Spielfigur, welche sich in einen Goldsuchercamp befindet, den nächsten Goldchip von der Goldader. Gleichzeitig stellt er die Spielfigur auf eines der Gebäude in der Stadt. Im Anschluss erhält er sofort für jedes Gebäude in seinem Besitz einen weiteren Goldchip aus der Goldader, sowie eventuell weitere durch die Sonderfunktion eines Gebäudes. Agiert der Spieler in der Stadt, darf er bis zu fünf Aktionen durchführen. Dabei ist die erste kostenlos, jede weitere kostet Goldnuggets und zwar umso mehr, je mehr Aktionen man durchführen möchte. Der Spieler kann für jede Aktion einen Goldsucher in die Stadt bringen oder versetzen, entweder auf ein Gebäude oder in ein Goldsuchercamp. Die wichtigste Aktion ist jedoch das Einsetzen der Einflusskarten. Diese werden sichtbar leicht versetzt übereinander an ein Gebäude gelegt. Dazu müssen sich aber beim Ausspielen der Karte so viele Goldsucher des Spielers dort aufhalten, wie dann eigene Karten dort liegen. Danach wird geschaut, wer an diesem Gebäude die höchste Kartensumme besitzt. Derjenige erhält sofort die entsprechende Besitzurkunde. Die Besitzurkunden erlauben Sonderaktionen, die teilweise sofort genutzt werden können. Anschließend geht die Karte "Glückritter" immer an den Spieler, der die wenigsten Besitzurkunden hat.

In der "Abbauphase" darf der Spieler statt Einflusskarten einzusetzen, diese nur noch nacheinander von den Gebäuden entfernen. Dazu ist es notwendig, dass pro Karte auch ein eigener Goldsucher dort steht. Es können sogar Karten der Mitspieler entfernt werden, die dann aber an dessen Besitzer gehen. Eventuell ändern sich dadurch wieder die Besitzverhältnisse. Desweiteren können nun auch Goldsucher ganz aus der Stadt entfernt werden.

Das Spiel endet sofort, wenn der letzte Chip von der Goldader genommen wurde. Jeder Spieler erhält nun Siegpunkte in Höhe seiner zurückgenommenen Einflusskarten. Alle in der Stadt zurück gelassenen Karten zählen minus. Die gesammelten Goldnuggets werden dazugezählt. Jeder Goldsucher der sich noch in der Stadt befindet zählt minus. Je mehr umso schlechter.

Fazit
Der riesige Spielplan ist sehr schön und stimmungsvoll gestaltet. Auch das restliche Spielmaterial ist von guter Qualität. Die Kurzanleitungen sind hilfreich, wobei die einzelnen Aktionen etwas zu knapp beschrieben sind. Es mehr wäre hier besser gewesen.

Zunächst fand ich die klassischen Karten mit Bub, Dame, König und Ass etwas abschreckend. Schließlich möchte ich ein Strategiespiel und nicht Poker oder Rommé spielen. Aber dann stellt sich doch schnell heraus, dass diese durchaus gut zu dem "Western"-Thema passen.

Die Spielregeln müssen erst mal verinnerlicht werden, obwohl sie letztendlich nicht so komplex sind. Das Zusammenspiel der einzelnen Phasen und Aktionen ist sehr interessant und muss gut abgewägt werden. Wann gehe ich auf Goldsuche und wann agiere ich in der Stadt? Das eine brauche ich um an Goldnuggets zu kommen, nur so kann ich mehrere kostspielige Aktionen in der Stadt gleichzeitig ausüben. Aber dann kann ich nicht in der Stadt agieren und verliere vielleicht wertvolle Besitzurkunden. In der Stadt selber muss ich meine Goldsucher einsetzen und Karten geschickt ausspielen um an wichtige Gebäude zu kommen und die Grundlage für die Siegpunkte zu schaffen. Dabei wechseln die Gebäude ständig ihren Besitzer und somit auch dessen Vorteile.

Jeder Spieler kann für sich selber entscheiden, wann er in die Phase "Abbau" wechselt. Dies kann den Mitspielern Zeit verschaffen, um sich weiter in der Stadt auszubreiten. Gleichzeitig werden sie aber auch unter Druck gesetzt, wenn das Spielende naht. Es ist schwierig hier den richtigen Zeitpunkt zu erwischen. Dazu muss man das Spiel schon etwas näher kennen.

Ganz wichtig sind auch die Sonderfunktionen der einzelnen Gebäude, die je nach Situation unterschiedliche Gewichtungen haben können. Mal bekommt man einen Goldchip mehr, mal darf man einen Goldsucher umsonst versetzen, umsonst eine Einflusskarte ausspielen oder gar eine Karte um eine Position verschieben. Der eigentliche Kern des Spiels sind letztendlich die Einflusskarten. Sie liegen weder in aufsteigender, noch in absteigender, aber doch festen Reihenfolge bei den einzelnen Gebäuden. Diese dürfen dann auch nur in umgekehrter Reihenfolge wieder weggenommen werden. Das lässt einige Überlegungen und Möglichkeiten zu. Lege ich zum Beispiel zuerst eine niedrige oder hohe Karte aus? Eine zu früh ausgelegt hohe Karte kann durch eine niedrige Karte eines Mitspielers blockiert werden. Entweder muss ich diese dann zu seinen Gunsten entfernen oder fahre mir schmerzhafte Minuspunkte ein. Gute Konzentration ist bei "Sutter's Mill" gefordert, um alles - insbesondere die Mitspieler - im Auge zu behalten.

Die Interaktion ist durch das Ausspielen der Karten und durch die Platzierung der Arbeiter recht hoch. Zu Zweit entsteht eine spannende Duell-Situation, bei der allerdings auch schnell einer von beiden die Oberhand gewinnen kann.

"Sutter's Mill" ist sicherlich ein gutes und interessantes Spiel, erreicht allerdings nicht die notwendige Dynamik, um sich von anderen, ebenfalls guten Spielen abzuheben. Das Thema "Western" wurde in der Aufmachung wunderbar umgesetzt. Der Spielablauf wirkt dagegen etwas statisch. Somit ist "Sutter's Mill" eher für erfahrene Spieler geeignet, die daran Gefallen finden neue, interessante Spiele zu erkunden und zu erleben.



31. Dezember 2009 - (ms)

Rezensionsbilder