Rezension von Die Tore der Welt


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise von KOSMOS bereitgestellt wurde.)

Rezension

Ersteindruck
WOW - das war zumindest mein Ersteindruck, als ich das Spielmaterial von "Die Tore der Welt" von KOSMOS in den Händen hielt. Viel mehr Detailreichtum (insbesondere beim Spielbrett) geht kaum noch. Zum Glück stimmt neben der optischen auch die restliche Qualität des Spielmaterials, von dem es reichlich gibt. Diverse verschiedene Holzspielsteine, 2 Kartenarten, Spielbrett-Overlays und Marker sind sämtlich hochwertig.

Auch die Anleitung ist gelungen. Viele ausführliche Beispiele erläutern die komplex zusammenhängenden Regeln, auch wenn der Gesamteindruck des Spielgeschehens sich erst beim Spielen einstellen wird. Ein zügiger Spieleinstieg ist aber gegeben.

Thema & Ziel des Spiels
"Die Tore der Welt" ist eine Brettspielumsetzung des gleichnamigen Romans von Ken Follett über die Stadt Kingsbridge in England zwischen 1337 und 1361. Neben pompösen Neubauten wie der Kathedrale bedroht aber auch die Pest die Einwohner dieser Zeit. Die Spieler versuchen durch diverse Aktionen möglichst viele Siegpunkte zu erreichen. Wer am Ende von 4 Zeitabschnitten die meisten Punkte erreicht, gewinnt das Spiel.

Spiel-Vorbereitungen
Der Spielplan kommt in die Tischmitte. Jeder Spieler erhält eine Sichtblende, einen Satz mit je 12 Aktionskarten, 4 Häuser, 2 Spendensiegel, einen Siegpunktstein und eine Übersichtskarte. Die Spielmaterialien werden bereit gelegt, die Ererigniskarten nach Kapitel (1 bis 4) sortiert und gemischt; aus jedem Stapel werden 5 Karten entfernt. Zwischen den Kapiteln 2 und 3 wird der Turm und die Pestplättchen pltziert. Zusätzlich zu diesen Vorbereitungen werden die Siegpunktmarker, der Gunststein und einige Waren auf ihren Startfeldern platziert.

Spielablauf
Das Spiel verläuft über diverse Spielrunden, die jeweils aus 5 Phasen bestehen.

Zunächst deckt der Startspieler die oberste Ereigniskarte auf und führt dieses aus. Anschließend (Phase 2) legt der Startspieler die Ereigniskarte in der gewünschten Ausrichtung auf das Feld des Spielplans - durch die Ausrichtung ergibt sich für jeden Spieler ein Einkommen, das diese nun in Phase 3 erhalten (z.B. Wolle, Stein). Auf der Ereigniskarte ist ein Pfeil abgebildet - durch die Ablage der Ereigniskarte ergibt sich nun die Anzahl der Felder (0 bis 3), die sich der Gunststein weiterbewegt (Phase 4). Das Zielfeld des Gunststeins gibt dem Startspieler nun (i.d.R.) einen weiteren Bonus.

In der letzten Phase einer Runde spielt jeder Spieler eine seiner 12 Aktionskarten offen vor sich aus und führt die darauf abgebildete Aktion aus. Neben dieser offenen Aktionskarte legt jeder Spieler eine weitere seiner Aktionskarten verdeckt auf einen anderen Ablagestapel - diese Aktion kann in diesem Kapitel nicht mehr ausgeführt werden.

Durch die Aktionen erhalten die Spieler weitere Waren, sie können Baumaterialien bei einem Bauvorhaben zusteuern, sie können Waren tauschen und verkaufen oder auch Baumaterialien für den Bau eines Hauses verwenden. Ab Kapitel 3 können auf diese Art auch Pestkranke geheilt werden.

Nach dieser Aktionsphase endet eine Spielrunde. Nach 6 Spielrunden besitzt kein Spieler mehr eine Aktionskarte und es endet somit ein Kapitel. Am Ende eines Kapitels werden nun noch diverse Aufräumarbeiten durchgeführt und die Spieler müssen ihre Pflichtabgaben (Frömmigkeit, Getreide und Geld) leisten. Können sie das nicht, müssen sie in der kommenden Runde mit Strafen rechnen. Nach Kapitel 2 greift die Pest auf die Stadt über und die Spieler müssen versuchen, sich zusätzlich noch um die Pestkranken zu kümmern (wofür Medizin benötigt wird).

Siegpunkte erhalten die Spieler auch für die Beteiligung an Bauvorhaben, durch das Spenden oder den Kauf von eigenen Häusern.

Nach dem Ende von Kapitel 4 gewinnt der Spieler mit den meisten Siegpunkten.

Fazit
Da ich die Romanvorlage vor dem Spiel nicht kannte, war ich gespannt, ob mir das Spiel Spaß machen würde. Da ich Roman-/Film-/TV-Umsetzungen in Brettspielform eher skeptisch zugeneigt bin, umso mehr. Um es vorweg zu nehmen: "Die Tore der Welt" haben mich sehr positiv überrascht und das Spiel ist in meinen Augen ein würdiger Preisträger des Sonderpreises zum "Spiel des Jahres". Auch wenn man das Buch nicht gelesen hat, ist das Spiel problemlos spielbar.

Das hervorragende Spielmaterial (vor allem in optischer Hinsicht) habe ich bereits im Ersteindruck gebührend erwähnt - hier macht es einfach Spaß, das Spielbrett anzusehen und sich mit den Spielmaterialien zu beschäftigen. Auch Qualitativ spielt das Spiel in der oberen Liga problemlos mit. Einzig die teilweise recht kleinen Marker können für große Hände etwas fitzelig sein. Das Spiel benötigt trotz des umfangreichen Spielmaterials nicht übermäßig viel Platz - viel wird direkt auf dem Spielplan abgelegt.

Das eigentliche Spielgeschehen wird durch die Mangelwirtschaft dominiert. Stets hat man viel zu wenig Aktionen um sich um alle Belange zu kümmern. Diese Tatsache macht vernünftige Planung umso wichtiger, denn neben der Beschaffung der Pflichtabgaben möchte man sich natürlich auch an Bauvorhaben oder der Bekämpfung der Pest beteiligen. Die knappen Waren kommen besonders bei 4 Spielern zur Geltung - hier ist man öfter davon betroffen, nicht alle Pflichtabgaben beschaffen zu können (was schmerzliche Strafen nach sich zieht).

Trotz des hohen strategischen Anteils gibt es im Spiel auch einige Dinge, die man als Spieler nicht beeinflussen kann: Welche Ereigniskarten treten in welcher Reihenfolge auf? Wie verteilen die Mitspieler durch die Ereigniskarte das Einkommen? Wo steht der Gunststein, wenn ich am Zug bin?

All diese Tatsachen motivieren aber mehr als das sie stören. Gerade die Zufälligkeit der Ereigniskarten lässt jedes Spiel anders verlaufen und man muss in jedem Spiel wieder eine neue Strategie finden. Dies führt bei "Die Tore der Welt" zu einem sehr hohen Wiederspiel-Anreiz. Während bei einer Partie die Bauvorhaben sehr wichtig waren, kam in der nächsten Partie der Pestbekämpfung eine hohe Priorität zu. Die Spieldauer ist, wenn man die Regeln einmal verinnerlicht hat, mit ca. 90 Minuten zwar im langen Bereich, wird aber nie langweilig. Je mehr Spieler mitspielen, desto mehr gibt es zu bedenken - und desto länger dauert meist auch eine Partie.

Insgesamt ist "Die Tore der Welt" in meinen Augen das bisherige Highlight des Spieljahres 2010. Der hohe Wiederspielwert, die optischen Qualitäten und der interessante Spielverlauf lassen das Spiel aus der Masse an Spielen herausstechen. Der Preis von ca 25 Euro ist für das gebotene mehr als fair. Gelegenheitsspieler sollte aber einmal probespielen, da das Spiel doch eine gewisse Einarbeitungszeit erfordert und "Erfahrung" belohnt.



18. Juni 2010 - (tp)

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