Rezension von Alcazar


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise von KOSMOS bereitgestellt wurde.)

Rezension

Ersteindruck
"Die ist groß" - das ist wohl ein oft gehörter Eindruck beim Erblicken der Spieleschachtel. Auch wenn die Verpackung die gleiche (quadratische) Grundgröße wie die meisten anderen Kosmos-Spiele hat, ist die Schachtel deutlich höher. Zum Glück wurde hier nicht mit "heißer Luft" sondern mit entsprechend viel Spielmaterial aufgefüllt. Die Plastik-Schloss-Bausteine sind in meinen Augen optisch gut gelungen und machen den Großteil des Spielmaterials aus. Weiterhin finden sich noch diverse Karten, ein paar Marker und Übersichtskarten sowie die Spielfiguren in der Verpackung. Optisch gibt es weder am Spielmaterial noch an den Illustrationen von Cover und Anleitung etwas auszusetzen. Und sehr erfreulich ist auch, dass das Spielmaterial sauber in der Verpackung geordnet werden kann.

Die Anleitung ist in Ordnung und bietet viele Beispiele, die aufgrund einiger "schwammiger" Formulierungen auch angebracht sind. Durch die Übersichtsbögen hat man während des Spiels die Regeln immer parat und muss eigentlich nicht nachschlagen.

Thema & Ziel des Spiels
Alcazar sind eigentlich 2 Spiele in einem. Zunächst gibt es eine überarbeitete Version von "Big Boss" - diese Spielvariante dient zugleich als Einsteigerspiel. Etwas komplexer wird dann das eigentliche Spiel "Alcazar", das aber auf den gleichen Grundprinzipien basiert. Bei beiden Spielen geht es darum, dem König ein möglichst prächtiges (sprich: hohes) Schloss zu errichten, damit er die Adelsfamilien (= Spieler) fürstlich entlohnt. Wer am Ende die meisten Siegpunkte sammeln konnte, gewinnt das Spiel.

Spiel-Vorbereitungen
Im folgenden wird lediglich die Spielvariante "Alcazar" beschrieben.

Der Spielplan kommt in die Tischtmitte. Für alle griffbereit werden die Schloss-Bausteine, Wappen und Fahnen gelegt. Die Karten werden gemischt. Jeder Spieler erhält 10 Baukarten - 6 weitere Baukarten werden offen ausgelegt. Die restlichen Karten dienen als Nachziehstapel. Jeder Spieler erhält zuletzt (in seiner Farbe) die Spielfiguren, 40 Real Startkapital und eine Kurzspielregel.

Spielablauf
Im folgenden wird lediglich die Spielvariante "Alcazar" beschrieben.

Das Spiel verläuft reihum. Ist ein Spieler an der Reihe, kann er eine von 2 Aktionen ausführen: "Karte kaufen" oder "Bauen". Danach ist der nächste Spieler an der Reihe.

Bei der Aktion "Karte kaufen" zahlt der Spieler 5 Real (Baukarte) bzw. 10 Real (Turmkarte) an die Bank und nimmt sich eine entsprechende Karte. Bei den Baukarten hat der Spieler die Wahl zwischen dem Nachziehstapel und den offen ausliegenden Karten.

Die Hauptaktion ist das "Bauen". Hier hat der Spieler die Wahl zwischen 5 Bauaktionen, aus denen er eine auswählen kann.
  • Beim "Schloss gründen" wird eine Baukarte gespielt und auf das abgebildete Feld 2 Bausteine übereinander gesetzt. 2 weitere Bausteine werden rechts und/oder links angelegt. Dabei ist ein Mindestabstand zu bereits bestehenden Bauten einzuhalten. Ein Neubau wird mit einer Schlossfahne gekrönt und der Spieler erhält 5 Real.
  • Auch bei der Aktion "Villa errichten" wird eine Baukarte gespielt und auf das Feld 1 Baustein gesetzt. Der Spieler erhält dafür 1 Real und auch hierbei sind Mindestabstände einzuhalten.
  • "Schloss oder Villa ausbauen": Eine Baukarte wird ausgespielt und auf das entsprechende Feld ein Baustein gesetzt. Hiermit kann auch in die Höhe gebaut werden und der Spieler erhält den aktuellen Schlosswert in Real ausbezahlt - dabei zählen Bausteine ab der 2. Ebene doppelt.
  • Wählt der Spieler "Turmkarte ausspielen" darf er auf einem beliebigen Feld (ab der zweiten Ebene) ein Baustein setzen, sofern er dadurch einen eigenen Adligen auf die nächste Ebene bringt oder um einen Brückenbau vorzubereiten.
"Brücke bauen": Hiermit kann ein Spieler durch Abgabe von 15 Real zwei Brückenpfeiler mit einer Brücke verbinden. Ein Brückenbau ist nur möglich, wenn mindestens ein Brückenpfeiler mit einem eigenen Adligen besetzt ist und auf dem anderen kein fremder Adliger steht.

Bei den meisten der oben aufgeführten Aktionen kann der Spieler zusätzlich einen oder zwei Adlige auf den gebauten Teilen platzieren bzw. die Adligen um eine Ebene bzw. mehrere Ebenen (Brücke) anheben. Auch das Entfernen fremder Adlige ist dadurch möglich. Für das Setzen eines Adligen muss der Spieler Real abgeben.

Das Spiel entdet, sobald der letzte Baustein gesetzt wurde. Die Spieler erhalten anhand ihrer Adligen Siegpunkt, und zwar: 1 Siegpunkt für jede Ebene, auf der ein "Baron" sitzt und 2 Siegpunkte für jede Ebene, auf der ein "Grande" sich befindet. Das Spiel gewinnt, wer die meisten Siegpunkte besitzt.

Fazit
Eigentlich ist "Alcazar" zwei Spiele in Einem - denn als "Einsteigervariante" wird ein überarbeitetes "Big Boss" mitgeliefert. Beide Spielvarianten sind sich ähnlich, Alcazar ist dabei aber deutlich strategischer und bietet mehr taktische Möglichkeiten.

Der Spieleinstieg ist etwas holprig, was vor allem daran liegt, dass die eizelnen Aktionen (Schloss bauen, Villa bauen, Erweitern, Turm setzen) sehr ähnlich und die Wahl der "besten" Möglichkeit anfangs nicht ersichtlich ist. Da alle Spieler an den gleichen Burgen bauen, ist es in den ersten Runden meist egal wo man baut, da sich die Bauten während des Spielens nachhaltig verändern. Daher wirkt es auch so, dass das Spiel erst zur Mitte der Spieldauer hin an Fahrt aufnimmt und die tatktischen Überlegungen relevanter werden. Als Spieldauer sollte mindestens 90 Minuten eingeplant werden - Anfangs auch gerne 120 Minuten, was durch den etwas gemächlichen Spielanfang etwas Durchhaltevermögen erfordert.

Das Spielmaterial hingegen weiß zu überzeugen. Die am Spielende gestalteten Burgen sind nett anzusehen und optisch sichlich ein Hingucker. Je höher die Türme allerdings werden, desto instabiler wird das ganze - beim Stapeln von Bauteilen und Versetzen von Figuren kam es hin und wieder zu kritischen Situationen, in denen es fast zu Einstürzen gekommen wäre. Hier ist definitiv Vorsicht angebracht - sonst ist das Spiel aus, bevor es überhaupt richtig begonnen hat. Insbesondere bei hohen Burgen wird auch das Erkennen der Feld-Zahlen zwischen den Schlössern u. U. schwierig.

Alcazar / Big Boss ist definitiv strategisch ausgerichtet, besitzt aber auch einen gewissen Glücks-Faktor durch das Ziehen der Baukarten. Dadurch, dass jeder Spieler nur eine Aktion pro Zug durchführen darf, ist der Leerlauf für die anderen Spieler recht gering. Insgesamt ist die Spieldauer aber recht lang, vor allem, da jeder Zug nahezu gleich abläuft: Karte ausspielen, Bauteil einsetzen, Figur einsetzen, Punkte/Geld kassieren. Der "Verwaltungsaufwand" ist besonders beim Zusammenschluss von Schlässern recht hoch - hier ist Vorsicht angebracht, dass man nichts vergisst und alles in der richtigen Reihenfolge abarbeitet. Alcazar ist aber ein nettes und optisch sehr anschauliches Spiel für die ganze Familie und Spieler, deren strategischer Anspruch als gemäßigt zu bezeichnen ist - zu Grübeln und Taktieren gibt es aber genug Möglichkeit. Die lange Spieldauer und der zähe Einstieg verhindern aber eine Bewertung im sehr guten Bereich. Der Preis (aktuell ca. 35 Euro) ist für das gebotene Spielmaterial zwar in Ordnung, dürfte aber für den einen oder anderen Spiele-Fan etwas zu hoch für das gebotene Spielerlebnis sein.



12. Januar 2010 - (tp)

Rezensionsbilder