Rezension von Langfinger


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise von Pegasus Spiele bereitgestellt wurde.)

Rezension

Langfinger
Wir sogenannten Vielspieler rühmen uns ja, meistens ein Spiel schon beim Durchlesen der Spielanleitung gut einschätzen zu können. Heute, in der weiten Welt des Internets, werden diese oft dankenswerterweise von den Verlagen zur Verfügung gestellt. Und so macht man sich auf den Weg, liest eine Anleitung und entscheidet manchmal schon vorab, ob man ein Spiel für interessant hält oder nicht. Schließlich muss man seine Perlen ja irgendwie aus der Masse heraus picken. Da kommt es vor, dass man also so eine Anleitung liest und feststellt, dass die Mechanismen einem irgendwie schon zu oft untergekommen sind und auch der gesamte Ablauf sich ganz schön langweilig anhört. Also, bloß Finger weg von diesem Spiel, schließlich kann man seine (Spiel-)Zeit besser verbringen!

Genauso ist es mir beim Lesen der Anleitung zu "Langfinger" ergangen. Nun ist das Spiel aber doch bei mir gelandet und wir haben "es halt mal gespielt". Und was ist passiert? Wir hatten richtig Spaß dabei!

Spielausstattung
In der kompakten Schachtel ist ein sehr kleiner Spielplan untergebracht, der in der Mitte einen Rundlauf mit den Feldern 0 bis 20 zeigt. Außen herum verlaufen fünf Orte: "City", "Villa", "Ruine", "Museum" und "Hafen". Jeder Ort hat fünf Setzfelder. Für jeden der fünf möglichen Spieler sind eine Gaunerfigur und drei Gaunersteine aus Holz, sowie eine Gaunerkarte vorhanden. Die Gaunerkarten zeigen die Farbe des Spielers sowie ein Werkzeug, dass der Spieler immer einmal pro Runde in der "Vila" und im "Museum" einsetzen kann. Die 30 Beutekarten zeigen auf der Rückseite eine von vier Sicherungsarten und zwei bis drei Werkzeuge, die man zum knacken benötigt. Auf der Vorderseite ist die jeweilige Beuteart und deren Wert abgebildet. Auf den 60 Werkzeugkarten ist genau eines von fünf Werkzeugen zu sehen. Die 14 Hehlerkarten zeigen unterschiedliche Beutearten mit einem eventuellen Bonus, die ein Hehler ankauft. Daneben ist noch eine Startspielerkarte enthalten.

Spielziel
Die Spieler schlüpfen in die Rolle von Gaunern, um in der Villa oder im Museum einzubrechen. Dazu benötigen sie die passenden Werkzeuge, die sie in der City oder in der Ruine bekommen können. Allerdings müssen die geklauten Beutestücke erst noch im Hafen bei einem Hehler versilbert, sprich in Siegpunkte umgewandelt werden.

Spielablauf
Der Spielplan kommt in die Tischmitte. Jeder Spieler sucht sich einen Gauner aus, bekommt die entsprechende Karte, sowie die drei passenden Gaunersteine und stellt die Gaunerfigur auf das Feld 0 der Geldleiste. Die Werkzeugkarten, Beutekarten und Hehlerkarten werden getrennt gemischt und als Nachziehstapel zur Seite gelegt. An den Rand des Spielplans neben der "City" werden so viele Werkzeugkarten offen nebeneinander ausgelegt, wie dort für die entsprechende Spieleranzahl angegeben ist. Genauso wird mit den Beutekarten bei der "Villa" und beim "Museum" und mit den "Hehlerkarten" beim Hafen verfahren. Die "Beutekarten" werden allerdings verdeckt ausgelegt. Ein Spieler erhält die Startspielerkarte und nimmt zwei Werkzeugkarten auf die Hand. Der nächste Spieler erhält drei Werkzeugkarten und alle anderen vier.

Jede Spielrunde besteht aus 3 Phasen:

A) Gaunersteine einsetzen
B) Aktionen ausführen
C) Nächste Runde vorbereiten

Beginnend mit dem Startspieler setzen alle reihum einen ihrer Gaunersteine ein. Ebenso wird mit dem zweiten und dritten Stein verfahren. Jeder der fünf Orte hat dafür fünf durchnummerierte Felder auf denen die Steine aufsteigend platziert werden können. Anschließend werden die Orte nacheinander einzeln abgehandelt. Dabei darf jeder Spieler pro Gaunerstein eine Aktion ausführen. Diese sind in der gelegten Reihenfolge abzuwickeln. Die Art der Aktion richtet sich nach dem Ort. In der "City" dürfen sich die Spieler pro Aktion zwei der ausliegenden Werkzeugkarten auf die Hand nehmen. In der "Villa" klaut man pro Aktion eine der ausliegenden Beutekarten, wenn man die entsprechenden Werkzeugkarten abgibt. Dabei darf jeder Spieler auch das auf seiner Gaunerkarte abgebildete Werkzeug einmal pro Runde einsetzen. Eine Truhe bringt sofort (Geld-)Punkte. Alle anderen Beutestücke legt der Spieler verdeckt vor sich ab. Diese müssen erst noch bei einem Hehler versilbert werden. In der "Ruine" können die Spieler ihre Werkzeugkarten zu unterschiedlichen Tauschverhältnissen gegen andere vom Nachziehstapel eintauschen. Das "Museum" wird genauso wie die "Villa" abgehandelt. Im "Hafen" treffen die Spieler auf unterschiedliche Hehler. Hier kann man je nach Angebot eine oder zwei gleiche Beutekarten zu Geld machen. Dabei kauft nicht jeder Hehler jede Beute an und manche bieten sogar einen Bonus für eine bestimmte Beute.

Am Ende einer Runde werden die Karten an den Orten wieder aufgefüllt und die Startspielerkarte weitergereicht.

Sobald ein Gauner auf der Geldleiste die 20 erreicht oder überschritten hat, wird die laufende Runde noch zu Ende gespielt. Es gewinnt der Spieler mit den meisten Geldpunkten.

Fazit
Der Spielablauf zu "Langfinger" hört sich zunächst recht banal und wenig originell an. Die Spieler haben nur Karten auf der Hand auf denen jeweils ein Werkzeug zu sehen ist. Diese tauscht man mehr oder weniger gegen Beutekarten ein, welche man wiederum bei einem Hehler in Siegpunkte umwandelt. Das war es schon? Weit gefehlt! Da sind ja schließlich noch die Gaunersteine, die vorher eingesetzt werden müssen und jede Runde neu die drei Aktionen für jeden Spieler festlegen. Na gut - auch das ist einfach: Fünf Orte mit fünf Feldern auf denen ich meine drei Gaunersteine verteile. Das ist auch schon alles. Aber während dem Spiel ist das plötzlich gar nicht mehr so einfach. Ich möchte in einer Runde viel mehr machen, als ich darf. Ich möchte mir natürlich ausreichend Werkzeuge beschaffen. Dann möchte ich noch in der Villa und im Museum einbrechen. Und am Besten mein Diebesgut gleich bei einem Hehler versilbern. Das geht aber nicht alles in einer Runde. Da muss ich schon etwas voraus planen. Und was passiert dann plötzlich? Da hat mir doch ein anderer Gauner gerade die Werkzeuge weggeschnappt, die ich haben wollte. Und noch ein anderer klaut genau das Beutestück, das ich mir unter den Nagel reißen wollte. Und für die restlichen Beutestücke habe ich jetzt nicht die passenden Werkzeuge - somit ist eine meiner wertvollen Aktionen futsch!

Da muss also doch einiges abgewägt werden, wann ich was mache und dabei muss man auch immer die Mitspieler gut im Auge behalten. Schließlich will man ja der Schnellste sein. Das geht aber eigentlich nur, wenn man Startspieler ist. Da kann man den anderen auch schon mal eins auswischen. Ansonsten muss ich entweder auf Nummer Sicher gehen und mir abgreifen was übrig bleibt, oder ich fange an zu Zocken indem ich auch mal eine hintere Position belege, in der Hoffnung, dass einer vor mir leer ausgeht und ich dann absahnen kann. Ähnlich ist es bei den Hehlern. Sammle ich meine Beute und warte darauf, dass ein Hehler mir dafür einen Bonus gibt, oder gar zwei Stücke gleichzeitigt abkauft? Oder bringe ich meine Schäfchen lieber ins Trockene? Sonst passiert es nämlich, dass das Spiel zu Ende geht und ich auf meinen mühsam ergaunerten Beutestücken sitzen bleibe oder der heißersehnte Hehler wieder mal an einen Anderen ging.

Das Spielmaterial in der kompakten Schachtel ist zweckmäßig und sehr ansprechend gestaltet. Zunächst müssen zwar das Zusammenspiel der Aktionen und Karten, sowie die Symbole auf den Beute- und Hehlerkarten verinnerlicht werden, das geht aber recht fix und "Langfinger" lässt sich dann flüssig spielen. Insgesamt sind alle Abläufe gut mit einander verzahnt und perfekt aufeinander abgestimmt. Die Spielanleitung ist zwar liebevoll, aber auch etwas holprig und unübersichtlich aufgebaut. Gut gelungen sind die farbigen Beispiele. Das Thema ist theoretisch austauschbar, passt aber trotzdem gut. Die lustigen und farbenfrohen Grafiken, sowie die angenehm kurze Spieldauer runden den guten Gesamteindruck ab. Sehr schön gelungen fanden wir auch die variable Anpassung an die Spielerzahl. Allerdings ist das Spiel erst ab drei Spielern so gut spielbar, dass es auch Spaß macht.

"Langfinger" ist ein einfach-großes-lustig-hübsches Spiel in einer kleinen Schachtel zu einem kleinen Preis, das in der richtigen Gruppe ab drei Spielern für diebisch gute Laune sorgen kann.



21. Januar 2010 - (ms)

Rezensionsbilder