Rezension von Der Dieb von Bagdad


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise von Queen Games bereitgestellt wurde.)

Rezension

Ersteindruck
Der Dieb von Bagdad ist ein Spiel voller Überraschungen - auch wenn nicht alle positiver Natur waren. Fangen wir mit der großen Spieleschachtel an - sie ist wirklich schön und stimmungsvoll gestaltet. Umso überraschter war ich, als ich sie aufmachte - das vorhandene Spielmaterial hätte gut und gerne in der Hälfte der Schachtel Platz gehabt. Warum Queen Games hier eine übergroße Schachtel gewählt hat, weiß ich nicht. Auch wenn es sich nicht auf das Spiel auswirkt, nimmt die Schachtel doch übermäßig viel Platz im Schrank weg. Doch der Rest des Spielmaterials ist wirklich gelungen. Der Spielplan ist hübsch (in meinen Augen aber etwas zu groß für das Spiel), die Schatzmarker auf festem Karton, die Diebe und Wächter aus Holz und auch die Karten sind von guter Qualität.

Die zweite (eher positive) Überraschung ereilte mich beim Durchlesen der Anleitung. Ich hatte kaum angefangen zu lesen, schon war ich durch mit den Regeln. Zumindest ist "Der Dieb von Bagdad" ein Spiel, das sehr schnell erklärt werden kann. Die Regeln sind verständlich beschrieben und gut mit Beispielen illustriert. Alles in allem weiß das Spielmaterial des Diebes zu gefallen - abgesehen von der übergroßen Schachtel.

Thema & Ziel des Spiels
Bei "Der Dieb von Bagdad" geht es darum, mit seinen Dieben eine bestimmte Anzahl an Schätzen aus den Palästen der Stadt Bagdad zu ergaunern. Doch da sind auch noch die Wärter, von denen vor allem die fremden es den eigenen Dieben schwer machen, überhaupt ins Gebäude zu gelangen. Und jeder Raub macht es für die Diebe noch schwerer, den nachfolgenden Schatz zu bekommen.

Gewonnen hat das Spiel, wer 4 bis 6 (je nach Spielerzahl) Schätze aus den Palästen geraubt hat.

Spiel-Vorbereitungen
Der Spielplan wird in die Mitte gelegt. Von den Schatztruhen werden 6 Stapel gebildet. Zuunterst jeweils eine Karte mit 7 Dieben, darauf 6 Diebe, usw. bis oben auf jeweils eine Karte mit 4 Dieben liegt. Diese Stapel werden auf die 6 Paläste verteilt. Die Jokerkarten (Tänzerinnen) werden offen ausgelegt, die restlichen Karten gemischt und verdeckt in Reichweite abgelegt. Vor jeden Palast kommt nun auf eines der 4 Felder 1 schwarzer Aufseher. Jeder Spieler erhält alle seine Diebe, 2-4 Wächter (je nach Spielerzahl) und eine Anzahl an Karten, die sich ebenfalls nach der Spielerzahl richtet.

Spielablauf
Zuerst wird reihum jeweils einer der eigenen Wächter auf einem Wächterfeld positioniert, bis alle Wächter im Spiel sind. Ist ein Spieler an der Reihe kann er beliebig viele der nachfolgenden 4 Aktionen durchführen - jedoch maximal 3 Aktionen, an denen ein Dieb beteiligt ist.

Aktion: Einen Dieb vom Vorrat in einen Palast stellen: Voraussetzung für diesen Zug ist, dass mindestens ein eigener und mindestens ein fremder Wächter vor dem Palast steht. Für jeden nicht eigenen Wächter muss der Spieler eine Karte in der Farbe des gewählten Palastes zahlen.

Aktion: Einen eigenen Wächter zu einem anderen Palast umsetzen: Der Wächter kann nur auf ein freies Wächterfeld gesetzt werden. Für das Umsetzen legt der Spieler eine Karte in der Farbe ab, die entweder dem alten oder dem neuen Palast entspricht.

Aktion: Dieb mitnehmen: Zusätzlich zur 2. Aktion kann auch kostenlos ein eigener Dieb mitgenommen werden. Die Kosten erhöhen sich dadurch nicht.

Aktion: Neutralen Wächter umsetzen: Der neutrale Wächter kann nur auf ein freies Wächterfeld gesetzt werden. Für das Umsetzen legt der Spieler je eine Karte in der Farbe ab, die dem alten UND dem neuen Palast entspricht, d. h. es sind zwei Karten abzulegen.

Nachdem der Spieler alle Aktionen durchgeführt hat, die er möchte, zieht er 3 Karten vom Nachziehstapel. Hat der Spieler keine Aktion durchgeführt, zieht er 4 Karten - eine davon kann eine Tänzerin sein.

Sind von einem Spieler so viele Diebe in einem Palast, wie auf der obersten Schatzkarte abgebildet, erhält dieser Spieler den Schatz - alle am Raub beteiligten Diebe kommen zurück zum Vorrat des Spielers. Hat ein Spieler die geforderte Anzahl an Schätzen gesammelt, hat er sofort gewonnen.

Dem Spiel liegt eine kleine Regelvariante bei (die ersten Wächter werden von den Spielern gesetzt), die aber keine nachhaltige Änderung am Spiel mit sich bringt.

Fazit
Die dritte Überraschung dieses Spiels war, dass sich die relativ einfachen Regeln auch genauso schnell spielten - lange Denkpausen kamen nicht vor. Laut Homepage des Spiels hat "Der Dieb von Bagdad" einen Strategieanteil von 5 Punkten und einen Glücksanteil von 2 Punkten - eine Einteilung, die ich nicht ganz teile. Meiner Meinung nach halten sich Glücks- und Strategiefaktor nahezu die Waage. Man ist sehr von den gezogenen Karten abhängig, kann sich aber meistens noch durch andere Aktionen retten, wenn die benötigte Karte dann doch nicht gezogen wird - verliert dadurch aber in der Regel wertvolle Zeit. Trotzdem hat der Spieler, der passende Karten zieht, einen nicht zu unterschätzenden Vorteil. Die Auswahl der Aktionen sollte zwar wohlüberlegt sein, wird aber meist von den Handkarten vorgegeben.

Weiterer Kritikpunkt, den sich das Spiel gefallen lassen muss, ist eine gewisse Eintönigkeit. Die 50. Runde läuft genauso ab, wie die erste Runde: Wächter und/oder Diebe versetzen; Karten ziehen; Fertig. Manchmal kann es sogar recht vorteilhaft sein, Runden auszusetzen und so 4 Karten (inkl. eines Jokers) zu ziehen. Da es fast keine Aktionsbeschränkung gibt, kann ein Spieler auch durchaus z. B. mit 20 Handkarten Aktionen durchführen und dadurch plötzlich zu (mehreren) Schätzen kommen (wobei natürlich nicht mehr als 3 Diebe bewegt werden dürfen). Je mehr Spieler mitspielen, desto unvorhersehbarer wird das Spiel und große Vorausplanung ist nicht mehr möglich.

Der Dieb von Bagdad hinterließ einen zwiegespaltenen Eindruck bei unserer Spielegruppe. Unabhängig von der Spielerzahl kam keine richtige Begeisterung auf, was aber vornehmlich am immer gleichen Ablauf der Spielrunden lag. Der Bagdad-Dieb ist sicherlich kein schlechtes Spiel und eignet sich durchaus für Gelegenheits-Spielrunden oder ein unkompliziertes Spiel zwischendurch (wobei hier die Spielzeit von 45 Minuten etwas zu lang sein könnte). Müsste ich eine Schulnote vergeben, würde es wohl eine 3- werden.



30. September 2007 - (tp)

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