Rezension von Die Burgen von Burgund


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise von Ravensburger bereitgestellt wurde.)

Rezension

Die Burgen von Burgund
Die Region "Burgund" mitten im Herzen von Frankreich ist in erster Linie bekannt durch seinen Rotwein. Das Spiel "Die Burgen von Burgund" hat recht wenig damit zu tun. Auch die Burgen spielen nur eine untergeordnete Rolle und das Spielgeschehen wird großteils von Würfeln bestimmt.

Anspruchsvollere Spiele mit Würfeln sind ja gerade recht "in". Ich muss gestehen, ich mag Würfelspiele nicht sonderlich, auch nicht diese modernen. Warum sollte das bei "Die Burgen von Burgund" anders sein? Um es vorwegzunehmen: es ist anders! Ob das nun daran liegt, dass das Spiel sehr viele Handlungsmöglichkeiten bietet, oder dass meine sechsjährige Tochter bereits mitspielen kann, oder dass es sowohl Wenig-, als auch Kenner- und Vielspielern gleichermaßen gut gefällt, oder weil es einfach nur Spaß macht - ich weiß es nicht genau ...

Spielziel
Die Spieler übernehmen die Rolle burgundischer Fürsten des 15. Jahrhunderts. In fünf Durchgängen á fünf Runden erwerben sie verschiedene Stadtgebäude, Tiere, Burgen, Minen, Schiffe oder Wissen und erweitern damit geschickt ihr Reich. Zusätzlich kann gewinnbringender Warenhandel betrieben werden. Der am Ende erfolgreichste Fürst gewinnt das Spiel.

Spielausstattung
Der zentrale Spielplan zeigt 5 Durchgangsfelder, 5 Rundenfelder, 6 durchnummerierte Depots mit jeweils 4 unterschiedlichen Ablagefeldern und einem Warenfeld, 1 zentrales schwarzes Depot mit 8 Ablagefeldern, 12 Felder für Bonuskärtchen, 1 Spielerreihenfolgeleiste und 1 Siegpunkteleiste. Die 6 Spielertableaus zeigen auf Vorder- und Rückseite jeweils Fürstentümer in unterschiedlichen Anordnungen von farbigen Feldern. Auf jedem Feld ist ein Würfel mit einer festen Augenzahl abgebildet. Das weitere umfangreiche Material ist unter "Spielmaterial" auf der hiesigen Seite zum Spiel aufgelistet.

Spielvorbereitung
Der Spielplan wird auf den Durchgangsfeldern mit 5 x 5 Warenkärtchen grundbestückt. Die Sechseck-Plättchen werden nach Farbe sortiert und als verdeckte Vorräte neben den Spielplan gelegt. Jeder Spieler erhält ein Spielertableau (beim ersten Spiel diejenigen mit der Nummer 1) und legt eine Burg, sowie drei Warenplättchen auf die entsprechenden Felder. Außerdem erhält jeder einen Silberling, sowie eine Siegpunktscheibe, zwei Würfel und zwei Spielsteine einer Farbe. Ein Spielstein kommt auf die Zählleiste des Spielplans und der andere bestimmt die Zugreihenfolge. Hierzu werden diese übereinander auf das Feld der Reihenfolgeleiste gelegt, der Startspieler liegt ganz oben.

Spielablauf
Gespielt werden fünf Durchgänge mit jeweils fünf Runden. Vor jedem Durchgang werden alle Sechseck-Plättchen vom Spielplan entfernt und die Depots mit neuen Sechseck-Plättchen aus dem Vorrat der Spielerzahl entsprechend bestückt. Die fünf Warenplättchen des jeweiligen Durchgangs kommen offen auf die vorgesehenen Felder. Diese markieren gleichzeitig die Runden.

Jeder Spieler wirft seine beiden Würfel. Der Startspieler zusätzlich den weißen. Der Startspieler beginnt, indem er das erste Warenplättchen vom Spielplan in das Depot legt, welchem dem weißen Würfelwurf entspricht. Dann verteilt er seine beiden Würfel auf die vier möglichen Aktionen.

Bei "Sechseck-Plättchen vom Spielplan nehmen" nimmt er sich ein Plättchen aus dem Depot, welches einer der beiden Würfelzahlen entspricht und legt dieses auf ein freies Ablagefeld seines Tableaus.

Mit "Sechseck-Plättchen im eigenen Fürstentum platzieren" legt er ein Plättchen aus seiner Ablage auf ein freies Feld in seinem Fürstentum, welchem der Farbe des Plättchens und einer Würfelzahl entspricht. Je nach Art des Plättchens können verschiedene Ereignisse eintreten. Ein Schiff beispielsweise erlaubt das Vorrücken des eigenen Steins auf der Reihenfolgeleiste. Tiere bringen sofort Punkte, ebenso wie abgeschlossene Gebiete. Gebäude bringen immer einen bestimmten einmaligen Vorteil.

Mit "Warenverkauf" darf der Spieler eine Warensorte, welche einem Würfelwurf entspricht, verkaufen und erhält dafür einen Silberling und pro Kärtchen 2 bis 4 Siegpunkte (nach Spielerzahl).

Bei der Aktion "Arbeiterchips nehmen" darf sich der Spieler mit der Abgabe eines Würfels, unabhängig von der Augenzahl, zwei Arbeiterchips nehmen. Mit dem Einsatz eines oder mehrerer Arbeiterchips darf der Spieler jederzeit einen Würfel um je eine Zahl nach oben oder unten verändern.

Ein eingesetzter Würfel kommt nach Verwendung auf die entsprechende Ablage des Spielertableaus.

Zusätzlich darf sich der Spieler in seinem Zug einmal ein Sechseck-Plättchen auf dem Schwarzmarkt für zwei Silberlinge kaufen.

Am Ende eines Durchgangs (also nach fünf Runden) erhält jeder Spieler für jede Mine in seinem Fürstentum einen Silberling.

Das Spiel endet nach dem fünften Durchgang. Dann erhalten die Spieler zusätzlich noch Siegpunkte für nicht verkaufte Warenplättchen, für Silberlinge, für Arbeiterchips und für "Wissens"-Plättchen.

Gesamteindruck
Wie so oft sind die Regeln zwar erst mal vielfältig, aber dennoch so eingängig, dass sie selbst nach längerer Spielabstinenz fast sofort wieder abrufbar sind. Das ist einer der größten Vorteile von "Die Burgen von Burgund". Was ein wenig stört, ist die recht lange Spielvorbereitung.

Genauso trocken wie das Thema wirkt zunächst auch das Spielmaterial. Schnell stellt sich jedoch heraus, dass dies sehr gut durchdacht ist und funktionell gestaltet wurde. Das betrifft vor allem den Aufbau des Spielplans und der Spielertableaus. Das ganze Material kommt ohne Texte aus und ist somit sprachunabhängig. Diese Eigenschaft, zusammen mit den recht einfachen Regeln, führte bei uns sogar dazu, dass unsere sechsjährige Tochter, nachdem sie einmal zugeschaut hat, auch unbedingt mitspielen wollte. Was soll's, dachten wir. Geben wir ihr ein Tableau, bereiten das Spiel entsprechend der Spielerzahl vor und lassen sie einfach mal machen. Würfeln, Plättchen nehmen und regeltechnisch korrekt auslegen - kein Problem. Bei den Kettenzügen und mit den Arbeitern haben wir ihr etwas geholfen, sodass sie schnell zu einem würdigen Gegner wurde. Beim ersten Mal hatten wir sie übrigens ohne die gelben Sonderkärtchen spielen lassen, was vielleicht generell eine gute Einstiegsvariante für Neulinge ist.

Das führt uns gleich zum nächsten wichtigen Punkt: Strategie und Planung. Letzteres ist nur bedingt möglich, da oft die ins Auge gefassten Plättchen bereits weg sind, wenn man wieder an der Reihe ist. Die Planung besteht hautsächlich daraus, bestimmte Gebiete abzuschließen und wertvolle Kettenzüge durchzuführen. Kettenzüge ergeben sich aus den einzelnen Plättchen. So lässt die Burg eine weitere Aktion zu und einzelne Gebäude lösen beim Platzieren oft eine weitere Handlung aus. Da wären wir bei der Strategie. Bei "Die Burgen von Burgund" geht es hauptsächlich darum, seinen Spielzug mit den zur Verfügung stehenden Mitteln zu optimieren. Diese ergeben sich oft aus den Würfelergebnissen. Je nach dem nehme ich mir neue Sechseck-Plättchen in meinen Vorrat, baue mein Fürstentum weiter aus, verkaufe Waren, oder - wenn das alles nicht so richtig geht - nehme mir zwei Arbeiter. Außerdem kann man zusätzlich zum richtigen Zeitpunkt ein für sich wertvolles Plättchen auf dem Schwarzmarkt kaufen, sofern man das nötige Kleingeld hat. Abgerundet wird das Ganze durch die "Wissens"-Plättchen, welche entweder am Ende für bestimmte Dinge Siegpunkte oder individuelle Vorteile im Spiel bringen. Die Möglichkeiten sind sehr vielfältig und man muss immer aufpassen, dass man nichts vergisst oder übersieht.

Keine Frage, diese Tüftelei macht durchaus Spaß, aber manchmal fühle ich mich auch gespielt oder vom Glück verlassen. Aber durch die sich immer änderte Auslage in den Depots und durch die unterschiedlichen Spielertableaus freue ich mich immer wieder aufs Neue darauf, es das nächste Mal noch besser zu machen.

Ach ja: Interaktion. Auf den ersten Blick scheint es wenig davon zu geben. Spielertableau, Aufbau des eigenen Fürstentums, kein Handel und so weiter. Dennoch ist das Reagieren auf die Mitspieler wichtiger, als man zunächst vermutet. Hier schnell noch eine Plättchensorte komplettieren, um als Erster das Bonusplättchen zu erhalten, dort einem Mitspieler ein bestimmtes Plättchen vor der Nase wegschnappen und hier noch schnell ein Schiff auslegen, um Startspieler zu werden. Außerdem kann man ja schon mal vorsichtig die Möglichkeiten seines Würfelwurfes sichten, bis man wieder an die Reihe kommt, was relativ schnell geht. Dennoch zieht sich das Spiel etwas hin und war bei uns zu Zweit nicht unter einer Stunde und zu Viert nicht unter zwei Stunden zu schaffen. Dennoch verging die Zeit wie im Fluge.

Mir hat das Spiel am besten zu Dritt oder zu Viert gefallen. Zwar dauert das Spiel zu Zweit nicht so lange, dafür ist die Auswahl bei den Depots sehr eingeschränkt, wodurch die Spieler weniger Spielraum haben und öfter Arbeiter einsetzen müssen. Auch ist der Wettkampf mit mehreren Spielern wesentlich größer und spannender.

Fazit
Bei dem Spiel "Die Burgen von Burgund" macht es einfach Spaß aus der jeweiligen Situation das Beste zu machen und mit anzusehen, wie das eigene Fürstentum wächst. Obendrein spricht es alle Spielertypen an und es ist durch die unterschiedlichen Spielertableaus, durch die sich immer verändernde Auslage und durch die Würfel sehr abwechslungsreich - was will man mehr?



10. Juli 2011 - (ms)

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