Rezension von Splendor


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise vom Verlag Asmodee bereitgestellt wurde.)

Rezension

Splendor
Splendor ist das Erstlingswerk des neu gegründeten französischen Verlags Space Cowboys, der in Deutschland von Asmodee vertrieben wird. Der Verlag legte einen Start hin, der sich sehen lassen kann, so gewann das Spiel in Großbritannien den Hauptpreis "Best Boardgame 2014", in Finnland wurde es zum besten Erwachsenen-Spiel 2014 gekürt, die Jury Spiel des Jahres nominierte es zusammen mit zwei weiteren Spielen für den roten Pöppel. Und der Verlag legt schon nach: Das Piratenspiel Black Fleet war schon im Vorfeld der Spielemesse in Essen 2014 auf vielen der Muss-ich-unbedingt-anspielen"-Listen zu finden.

Thema und Ziel des Spieles
Bei Splendor geht es, wie der Name schon sagt, um glänzendes Zeug. In diesem Falle um Edelsteine. "Verwandelt Rohdiamanten in prächtige Juwelen!" heißt es auf der Schachtelrückseite. Mehr lässt sich dazu eigentlich nicht sagen, denn das Thema tritt tatsächlich zugunsten des Mechanismus stark in den Hintergrund. Wir spielen in Splendor weniger die Veredelung von Edelsteinen durch, als dass wir die Möglichkeiten des Spielmechanismus nutzen, um als Erstes 15 Punkte unser eigen nennen zu können.

Spielablauf
In der offenen Kartenauslage liegen jeweils vier Entwicklungskarten von drei Sorten, die sich durch ihre Wertigkeit unterscheiden. Karten der Sorte 1 kosten wenige Edelsteine, bringen aber meist auch keine Punkte, Karten der Sorte 2 sind teurer und bringen uns ein paar wenige Punkte. Selbstredend, dass Karten der Stufe 3 ganz teuer sind und ordentlich Punkte enthalten. Alle diese Karten sind von uns mit einer bestimmten Edelstein-Kombination käuflich zu erwerben. Diese Karten kaufen wir nicht nur wegen der aufgedruckten Punkte, gleichzeitig erhalten wir mit dieser Karte einen Edelstein einer Sorte dauerhaft dazu, so dass es uns im Laufe des Spiels immer leichter fallen wird, für die Karten mit unseren Edelsteinen bezahlen zu können, da wir immer mehr Karten vor uns auslegen. Kaufbar sind die Karten mit einer unterschiedlichen Kombination aus fünf verschiedenen Edelsteinen (Smaragden, Saphiren, Rubinen, Diamanten und Onyx, Joker: Gold). In unserem Z ug können wir uns immer entscheiden, ob wir eine Karte mit Edelsteinen kaufen möchten, ob wir Edelsteine aus der offenen Auslage nachziehen möchten (drei verschiedene oder zwei derselben Farbe, wenn noch mindestens vier davon vorhanden sind) oder ob wir eine Karte reservieren und zusätzlich einen Gold-Joker nehmen möchten. Aus der Auslage gekaufte Karten werden sofort vom jeweiligen Stapel mit neuen Karten ersetzt. Nach einem Zug prüft der Spieler, ob seine gekauften Karten die Edelstein-Bedingungen für einen von den ausliegenden Adligen erfüllen – in dem Fall erhält er den jeweiligen Adligen und mit ihm ein paar Bonus-Punkte dazu.

Gesamteindruck
Die Ausstattung von Splendor kann sich sehen lassen. Die Schachtel und die Spielkarten sind hervorragend illustriert und warten mit ansprechenden Szenen der europäischen Renaissance auf. Die Figurenillustrationen der Adligenkarten lehnen sich dabei überdeutlich an markante Bildnisse unter anderem von Hans Holbein (Heinrich VII), François Clouet (Elisabeth von Österreich) oder Jean Clouet (François I) von europäischen Herrschern der Renaissance an, wenn man nicht gar von Kopien sprechen muss – man hat deutlich das Gefühl, dass man das alles schon einmal irgendwo gesehen hätte, nur wo? Die Edelstein-Chips bestehen aus Hartplastik (Poker-Feeling) und das gesamte Spielmaterial befindet sich gut sortiert in einem Plastikeinsatz in der Spielschachtel – ein aus meiner Sicht gelungenes Ausrufezeichen gegen den Trend, das gesamte Material in Zipp-Beuteln verpackt, lose in der Spielschachtel zu verstauen. Nach der kurzen Anleitung bleiben keine Fragen offen.

Die Regeln sind so übersichtlich, dass man noch vor der ersten Partie aller seiner Möglichkeiten gewahr wird. Da wir alle in kürzester Zeit 15 Siegpunkte erspielen wollen, richten sich die Augen zwangsläufig immer wieder auf die Edelstein-Bedingungen der Adligen, da wir mit ihnen ohne zusätzlichen Aufwand, quasi im Vorbeigehen, eine nicht unerhebliche Anzahl von Siegpunkten einsacken können, die den Mitspielern dann auch nicht mehr zur Verfügung stehen. Daneben können wir uns entscheiden, ob wir eine kleine "Edelstein-Maschine" anwerfen, indem wir viele günstige Karten kaufen, um dann mit deren Hilfe die punkteträchtigeren Karten Runde um Runde kaufen zu können und nicht mehr durch das vorherige Nachziehen von Edelstein-Chips aufgehalten werden. Oder ob wir gezielter auf höherwertige Edelsteinkarten setzen, ganz einfach, weil sie viele Punkte bringen. Wenn man nebenbei gleich noch ein bisschen die Mitspieler ärgert, indem man gezielt Chips nachzieht, durch die sie beim Nachziehen behindert werden, kann dies mit Sicherheit nicht schaden. Einige Rezensenten sprechen hier von verschiedenen Strategien, ich würde es bewusst als "Möglichkeiten" beschreiben, denn strategisch fühlen sich bei mir die zu treffenden Entscheidungen im Spiel tatsächlich nicht an.

Egal wofür wir uns entscheiden, es lohnt sich nicht richtig, die Mitspieler ständig im Blick zu haben. Wenn wir merken, dass sich da einige auf der Siegesstraße befinden, so kann man dagegen auch nicht mehr viel tun, als den Ärger darüber runterzuschlucken und es in der nächsten Partie besser zu machen. Länger als 20-30 Minuten dauert eine Partie nicht, da bleibt keine Zeit, um noch umzusteuern oder noch etwas dagegen zu unternehmen. Auch wenn es, wie schon angedeutet, nicht verkehrt sein kann, zu schauen, ob man den Mitspielern nicht hier und da einen Strich durch die Rechnung machen kann, verlangsamt dies das Spiel und behindert den Spielfluss. Taktieren beim Nachziehen der Edelstein-Chips ist da noch eher drin. Einen genauen Überblick über die Möglichkeiten der Gegner zu besitzen, ist, bei der offenen Auslage von 12 verschiedenen Karten, die pausenlos wechseln, so gut wie unmöglich. Das sieht das Spiel auch nicht vor. Hier geht es darum, zack, zack, zack zu kaufen und aus den eigenen Möglichkeiten und der aktuellen Kartenauslage das Beste zu machen – lange Vorausplanungen sollten gar nicht erst angestellt werden. Auf keinen Fall würde ich ein Spiel zu zweit empfehlen, da es nicht selten vorkommt, dass sich beide durch die nicht vorhandene Bedrängnis ordentlich mit Edelsteinkarten eindecken, um dann jeweils abwechselnd die nachgezogene Karte wieder einzukaufen, was furchtbar langweilig ist.

Splendor wird landauf landab gelobt: Ein Familienspiel, welches auch für Vielspieler für eine Partie zwischendurch reizvoll wäre. Was mir fehlt, ist eine sinnvolle thematische Einbettung. Der Mechanismus allein löst bei mir keinerlei Emotionen aus, die mich dazu animieren, gleich noch eine Revanche zu fordern, zu leblos kommt mir die Spielerei vor. Ich komme mir von einem Mechanismus gespielt vor, der noch nicht einmal besonders innovativ oder pfiffig ist. Ganz nett für 2-3 Partien, aber mehr? Bis auf ganz wenige Ausnahmen sahen das auch die Mitspieler in meinen Spielerunden so.

Fazit
Splendor ist ein hervorragend illustriertes Spiel, welches weniger auf die Story, als viel mehr auf einen schlanken Spielmechanismus setzt, in dem die Spieler den schnellsten Weg zum Ziel suchen. Wer sich gerne von einem Spielthema bezaubern lässt und spielt, um in dessen Welt einzutauchen, sollte von Splendor daher die Finger lassen. Wer dagegen absolute Gelegenheitsspieler mit einem Spieler ködern möchte, welches eben auf das Drumrum verzichtet und sich aufs Wesentliche konzentriert, kann ja mal einen Blick riskieren.



30. Oktober 2014 - (Jan Drewitz)

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