Rezension von Tal der Könige


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise vom Pegasus Verlag bereitgestellt wurde.)

Rezension

Tal der Könige
2008 erschien Dominion von Donald X. Vaccarino. Sechs Jahre später erscheint nun bei Pegasus "Ein altägyptisches Deckbauspiel", so erfahren wir es zumindest im Untertitel auf dem Cover, welches bis auf ein paar Unterschiede denselben Deckbau-Mechanismus besitzt. Ein Dominion also in Ägypten? Ja, so ähnlich.

Thema und Ziel des Spieles
Wie bei Dominion starten wir mit einem Deck von zehn Karten. Eine Trennung von Geld- und Aktionskarte gibt es aber nicht, wir können ihre individuelle Kartenfunktion nutzen oder sie zum Bezahlen neuer Karten aus einer Karten-Pyramide einsetzen. Ziel ist es, Kartensets mit ins eigene Grab zu nehmen.

Spielablauf
Sie kennen den Spielablauf von Dominion? Dann kennen Sie schon dreiviertel der Miete vom Tal der Könige. Fehlt also nur noch wenig, um Ihnen noch die altägyptische Zutat zu erklären. Abweichend von Dominion sind die kaufbaren Karten nicht in 10er-Haufen zur Auslage drapiert, sondern sechs Karten werden immer zu einer Pyramidenform angeordnet (drei Karten unten, zwei darüber, eine zuoberst). Käuflich erwerbbar sind immer nur die drei Karten der untersten Reihe. Sobald aber eine Karte gekauft oder auf anderem Wege entfernt wird, rutscht eine neue Karte von oben nach. Ebenfalls anders ist das bekannte Aktionsguthaben pro Runde von einer Aktion und einem Kauf. Vielmehr muss man sich im alten Ägypten nur entscheiden, ob man die Handkarte als Aktionskarte oder Geldkarte einsetzt, denn die Handkarten sind hier grundsätzlich alles in einem: Aktionskarte, Geld und Punktekarte zugleich. Außerdem besteht die Möglichkeit pro Runde eine Karte in unser eigenes Grab zu legen, um so das eigene Deck zu verschlanken und am Spielende als Punktekarte zu nutzen. Das Spiel endet am Rundenende, wenn der Vorratsstapel alle ist und keine Karten mehr aus der Pyramide gekauft werden können. Dann werden die im Grab versenkten Karten gewertet, wobei Sets von bestimmten Grabbeigaben bei einer guten Zusammenstellung enorm viele Siegpunkte einbringen können.

Gesamteindruck
Das Tal des Todes der Könige (Den Titel habe ich mir noch immer nicht merken können. Immer wenn ich das Spiel in Spielerunden ankündigte, habe ich vom Tal der Todes und nicht der Könige gesprochen. Klarer Freud´scher Versprecher würde ich sagen...) fand ich interessant, weil mich Dominion damals begeisterte. Erst mit der fünften Erweiterung und der Zunahme sehr langer Kartentexte wich allmählich die Begeisterung über die nicht mehr versiegen wollenden Erweiterungen. Umso enttäuschender waren die gespielten Partien vom Tal der Könige. Das beginnt schon bei der Kartenpyramide. Diese eigentlich reizvolle Idee, bei der die Karten von oben nach fallen, kann einfach nicht überzeugen. Waren bei Dominion alle Karten mit entsprechender Kaufkraft immer vorhanden, so verändert sich hier die verfügbare Kartenauslage ständig. Die Folge ist, dass die Spielenden, bevor sie wieder an der Reihe sind, nicht vorplanen können was sie als nächstes in ihrem Zug machen wollen (nur mal so: Profi-Dominionspieler schafften es in meinen früheren Runden mitunter ein Spiel in 10-15 Minuten durchzuspielen). Vielmehr müssen zumeist auch noch vor jedem Zug die Texte der aktuell verfügbaren Karten erneut durchgelesen werden, da deren Aktionen einerseits nur durch Text und nicht mit Symbolen abgebildet werden, sich andererseits keine richtige Möglichkeit ergibt, sich die Karten einzuprägen. Während bei Dominion die Anzahl von zehn verschiedene Aktionskarten normalerweise nicht abweicht, werden im Tal der Könige innerhalb einer Partie sämtliche Karten des Spiels einmal durch die Pyramide gezogen. Eine Folge davon ist, dass wir hier gar nicht gezielt Karten kaufen, um unser Deck zu verbessern oder immer wieder anzupassen, sondern wir kaufen Karten, um diese durchs Deck zu spielen und im richtigen Moment wieder loszuwerden und in unserem Grab zu versenken. Das geschieht oft recht willkürlich und ohne große Planung: Wir müssen ja Karten kaufen, sonst ist der Zug verschenkt, folglich kaufen wir irgendeine der wenigen verfügbaren Karten – oftmals die, die am ungefährlichsten scheinen. Um am Spielende gute Sets bei der Endwertung präsentieren zu können, sollten wir außerdem am Zugende eine Karte ins Grab spielen, folglich legen wir eine unserer Karten ins Grab. Allerdings nicht von langer Hand geplant, sondern einfach eine von denen, die ich für die Sets benötige und am wenigsten gut erscheint. Dabei kommt die Lust am Deckbau leider völlig abhanden (wo Deckbau draufsteht, ist also nicht zwangsläufig Deckbau drin). Hier basteln wir keine ungefähre Strategie zu Beginn zusammen, modifizieren diese noch während des Spiels oder pimpen immer wieder noch ein bisschen daran herum, nein, hier kaufen wir was kommt und beerdigen ebenfalls was kommt. Während es bei Dominionpartien äußerst selten, aber doch hin und wieder vorkommt, dass nach einer Partie noch einmal genau dieselbe Aktionskartenkombination ein zweites Mal gespielt wird, weil die Zusammenstellung der Karten so interessante Wechselwirkungen verspricht und alle danach lechzen, eine zweite Chance zu erhalten, um diese weiter ausloten zu können, sind wir hier gezwungen, immer dasselbe durchzuspielen, denn Kartenvariationen wie bei Dominion existieren nicht. Natürlich: Beim nächsten Mal rauschen die Karten in einer anderen Abfolge durch die Pyramide, aber dasselbe Spiel bleibt es dennoch. Wo wir in Anlehnung an das Spiel 504 bei Dominion mittlerweile eine nahezu unendliche Anzahl von unterschiedlichen Spielen erhalten, da der Austausch einer einzigen Aktionskartensorte dem Spiel eine völlig andere Note geben kann, besitzen wir hier genau eine Variante, an der wir immer wieder knabbern können. Das ist für ein Deckbauspiel welches zeitlich nach Dominion erschienen ist viel zu wenig.

Fazit
Das Tal der Könige bedient sich schamlos beim großen Vorbild, kann aber gleichzeitig nicht einmal an dessen Schatten heranreichen. Dortige Entscheidungszwänge, die Lust am optimalen Deckbau und an der Suche immer neuer Strategiewege sowie der herrliche Mechanismus, dass Siegpunkte das eigene Deck verhageln, werden hier über Bord geworfen. Zwangsläufig erleidet der Spielspaß auf dem Nil brutal Schiffbruch.

09. November 2015 - (Jan Drewitz)

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