Rezension von Auf den Spuren von Marco Polo


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise von Hans im Glück bereitgestellt wurde.)

Rezension

Spielziel
Jeder hat schon viel über die Reisen und Abenteuer des Marco Polo gehört. In "Auf den Spuren von Marco Polo" verkörpern die Spieler einen seiner Gefährten und versuchen über Aufträge und den Besuch lukrativer Städte wertvolle Punkte zu sammeln.

Spielausstattung & Spielvorbereitung
Zunächst legt ihr den Spielplan aus. Dieser zeigt interessante Städte, die durch Reiserouten miteinander verbunden sind. Außerdem gibt es einen Aktionsbereich mit vielen Auswahlmöglichkeiten auf denen ihr eure Würfel platziert. Doch dazu später mehr. Dann haben wir die 18 Zielkarten, die je 2 Städte zeigen. Von diesen erhält jeder Spieler geheim 2 Stück. Beim Erreichen der Städte bekommt man dafür am Spielende Siegpunkte. Die Münzen und die Waren, das sind Gold, Pfeffer und Seide, sowie die Kamele werden griffbereit an die Seite gelegt. Die 6 Stadtbonus-Marker kommen in fester oder beliebiger Reihenfolge auf die entsprechenden kleinen Städte. Die 10 Kontorboni werden gemischt und zufällig auf die 7 großen Städte verteilt. Die restlichen kommen aus dem Spiel. Die 31 Stadtkarten mit weiteren Aktionsmöglichkeiten werden ebenfalls gemischt und 9 davon auf die entsprechenden Stadtkartenfelder zufällig verteilt. Die restlichen kommen aus dem Spiel. Die rot markierten Aufträge werden gemischt und daraus 5 Stapel mit je 6 Aufträgen gebildet. Der erste Stapel wird offen auf die 6 Auftragsfelder des Spielplans verteilt. Von den 5 schwarzen Würfeln wird eine bestimmte Anzahl auf den Spielplan gelegt. Jeder Spieler erhält eine Spielübersicht und ein Spielertableau, die entsprechenden 5 farbigen Würfel und die 9 Handelsposten derselben Farbe. Von den 8 unterschiedlichen Charakteren erhält jeder Spieler einen, den er vor sich auslegt. Jeder bekommt noch 2 Kamele und der Startspieler 7 Münzen, jeder weitere Spieler erhält immer 1 Münze mehr. Von den 6 Startaufträgen erhält jeder Spieler einen zufälligen. Von den je 2 großen Figuren in Spielerfarbe kommt eine an den Anfang der Zählleiste und die andere auf die Stadt Venezia. Die 2 schwarzen Handelsposten, der weiße Würfel und die jeweils dritte große Figur erhalten die Spieler als Zusatzmaterial für bestimmte Charaktere. Der Startspieler erhält die Sanduhr.

Spielablauf
Außer in der ersten Runde wird zunächst der neue Startspieler bestimmt. Die Sanduhr erhält derjenige Spieler, der in der letzten Runde als letzter die Aktion "Reisen" genutzt hat.

Dann erhalten die Spieler ihre Boni für Handelsposten in den kleinen Städten und ggf. für ihren Charakter. Das können Münzen, Kamele, Waren oder Siegpunkte sein. Außer in der ersten Runde nehmen alle Spieler ihre Würfel vom Spielplan zurück. Die schwarzen Würfel kommen wieder an ihre Stelle auf dem Spielplan.

Nun Würfeln alle Spieler gleichzeitig ihre Würfel. Bei weniger als 15 Würfelaugen in der Summe dürfen die Spieler sich als entsprechenden Ausgleich Kamele und/oder Münzen nehmen. Dann folgt die Aktionsrunde. Beginnend mit dem Startspieler führen die Spieler reihum genau eine Aktion aus, bis alle gepasst haben. Um ein Aktionsfeld zu nutzen, muss ein Spieler ein oder mehrere seiner Würfel auf das entsprechende Aktionsfeld legen. Die Anzahl der notwendigen Würfel gibt das jeweilige Aktionsfeld vor.

Bei der Aktion "Geld nehmen" setzt man 1 Würfel ein und erhält 5 Münzen. Ist ein Aktionsfeld bereits mit fremden Würfeln besetzt, legt man seinen eigenen Würfel oben drauf und zahlt so viele Münzen in die Bank, entsprechend der niedrigsten Augenzahl der eigenen eingesetzten Würfel.

Je nachdem welche Waren oder Kamele der Spieler wünscht, setzt er 1 bis 3 Würfel auf den Aktionsfeldern "Zum Markt gehen" ein. Die Höhe der niedrigsten Augenzahl bestimmt, wie viel er sich von einer bestimmten Sache nehmen darf. Ist das entsprechende Aktionsfeld besetzt, gilt auch hier, dass Münzen anhand der niedrigsten Augenzahl in die Bank gezahlt werden müssen.

Bei der "Gunst des Kahn" setzt der Spieler einen seiner Würfel ein. Hier gibt es mehrere Felder und die Aktion kann nicht mehr genutzt werden, wenn alle besetzt sind. Auf andere Würfel draufsetzten ist hier nicht erlaubt. Allerdings muss der folgende Würfel immer die gleiche oder eine höhere Augenzahl als der vorhergehende aufweisen. Der Spieler nimmt sich eine beliebige Ware und zwei Kamele.

Für die Aktion "Aufträge nehmen" braucht nur ein Würfel eingesetzt zu werden. Der Spieler darf sich bis zu zwei Aufträge nehmen. Die Augenzahl bestimmt unter wie vielen Aufträgen er - von vorne gesehen - aussuchen darf. Ist das Aktionsfeld besetzt, gilt auch hier, dass Münzen anhand der Augenzahl in die Bank gezahlt werden müssen.

Mit der Aktion "Reisen" bewegen die Spieler ihre Figur auf der Karte entlang der Routen. Hierzu werden 2 Würfel eingesetzt. Die niedrigste Augenzahl gibt vor, wie weit sich die Figur bewegen darf. Hierfür müssen auch immer Münzen bezahlt werden, je weiter umso mehr. Zusätzlich können auf einzelnen Wegstrecken weitere Kosten in Form von Münzen oder Kamelen entstehen. Landet die Figur auf einer großen Stadt, setzt der Spieler dort einen seiner Handelsposten hin. Ist er der Erste, der diese Stadt erreicht, erhält er einen einmaligen Bonus. Erreicht er eine kleine Stadt, setzt er ebenfalls einen Handelsposten dorthin und erhält sofort den dortigen Bonus. Diesen erhält er nun auch am Anfang der folgenden Spielrunden. Ist das entsprechende Aktionsfeld besetzt, gilt auch hier, dass Münzen anhand der niedrigsten Augenzahl in die Bank gezahlt werden müssen.

Hat ein Spieler Handelsposten in den großen Städten, kann er auch dort einen seiner Würfel einsetzten, um die entsprechende Aktionskarte zu nutzen. Diese erlauben die unterschiedlichsten Aktionen, die von Spiel zu Spiel variieren. Es darf dann kein weiterer Würfel darauf platziert werden.

Vor und nach der normalen Aktion dürfen die Spieler "Zusatzaktionen" ausführen. Man darf somit jederzeit einen Auftrag erfüllen, um Siegpunkte und weitere Dinge zu erhalten. Man darf 3 Geld nehmen, muss dafür aber auch einen seiner Würfel abgeben. Für die Abgabe von 1 Kamel darf man einen Würfel neu würfeln, für die Abgabe von 2 Kamelen darf man einen seiner Würfel um 1 Augenzahl verändern und für 3 Kamele darf man einen schwarzen Würfel kaufen, diesen sofort würfeln und dann wie einen eigenen nutzen.

Haben alle Spieler alle ihre Würfel eingesetzt endet die Runde. Nicht genommene Aufträge werden abgeräumt und 6 neue Aufträge ausgelegt.

Das Spiel endet nach der 5. Runde. Die Spieler erhalten nun noch Siegpunkte für ihre Zielkarten, wenn sie in den entsprechenden Orten Handelsposten stehen haben. Weitere Punkte gibt es für die Handelsposten in Bejing. Wer diesen Ort zuerst erreicht hat, erhält die meisten Punkte. Außerdem kann er nun noch übrig gebliebene Waren in Siegpunkte tauschen. Weitere Punkte gibt es für die meisten erfüllten Aufträge und wenn man alle seine Handelshäuser eingesetzt hat.

Gesamteindruck
Bei "Auf den Spuren von Marco Polo" geht es zunächst klassisch darum mit Aktionen Ressourcen zu sammeln und diese in Siegpunkte umzuwandeln. Neu dabei ist, wie die Aktionen ausgeführt werden können - nämlich mit den eigenen Würfeln. Für jede Aktion setzt man einen oder mehrere seiner Würfel ein. Meist spielt die Augenzahl dabei eine Rolle. Das klingt zunächst recht glückslastig, aber durch die vielen Aktionsmöglichkeiten und die teilweise unterschiedliche Nutzung der Würfelaugen, kann man damit entsprechend taktieren. Außerdem können einzelne Würfel mit dem Einsatz von Kamelen verändert werden. Zusätzlich erhalten diejenigen, die am Anfang einer Runde in der Summe zu niedrig Würfeln einen kleinen Ausgleich in Form von Kamelen oder Münzen. Das alles ändert aber nichts, dass trotzdem die Würfel erbarmungslos zuschlagen können, wenn viele Würfelaugen extrem niedrig sind. Erwirbt man gar einen schwarzen Würfel in der Hoffnung diesen gezielt einzusetzen und würfelt dann gleich eine 1, so kann das sehr frustrierend sein.

Die 31 unterschiedlichen Stadtkarten, von denen immer nur 9 in einem Spiel sind, und deren variable Auslage bringen jedes Mal andere Aktionsmöglichkeiten ins Spiel. Dadurch wirkt das Spiel sehr abwechslungsreich. Das ist aber nicht so ausgeprägt, wie man zunächst annimmt, da diese je nach Situation schwer zu erreichen und unterschiedlich stark und eher ein kleines Beiwerk zu den Hautaktionen sind. Wirklich interessant und abwechslungsreich sind die unterschiedlichen Charaktere. Diese bieten den Spielern die Möglichkeit ihr Spiel an den jeweiligen Vorteilen auszurichten. Die Charaktere sind teilweise so unterschiedlich, dass es sehr interessant und spannend ist, diese auszuprobieren und deren Stärken zu erkunden.

Der Spielplan zeigt zu zweidrittel eine Karte mit Routen zu verschiedenen Städten. Wenn wir an "Marco Polo" denken, wollen wir unbedingt auf Reise gehen und Abenteuer erleben. Doch ist das in diesem Spiel gar nicht so einfach. Reisen ist hier teuer und meist kann man in einer Runde nur eine Reiseaktion ausgeführt werden. Reisen kostet Würfel, Geld und oft Kamele. Dadurch vernachlässigt man schnell andere wichtige Dinge, die vielleicht mehr Siegpunkte bringen. Durch das Reisen kommen wir jedoch an die Stadtboni, die uns jede Runde Vorteile bringen, oder an Zusatzaktionen. Außerdem erhalten wir Siegpunkte, die aber nicht immer so schwer wiegen, wie die durch das Erfüllen von Aufträgen. Somit bin ich hin- und hergerissen. Ich möchte unbedingt Reisen, weiß aber, dass der klassische Weg - das Erfüllen von Aufträgen - meist der einfachere ist. Auf der anderen Seite liegt darin die Herausforderung.

In "Auf den Spuren von Marco Polo" gibt es viel zu tun. Waren sammeln, gleichzeitig aber auch Kamele, Aufträge erfüllen, von Stadt zu Stadt reisen, für ausreichend Münzen sorgen, Würfelwürfe verbessern und optimieren, abwägen, welche Aktion man zuerst nutzt oder doch lieber schnelles Reisen, um Boni und weitere Aktionsmöglichkeiten zu erhalten. Das alles kann bei Grüblern am Tisch zu Wartezeiten führen. Das ist aber verschmerzbar, da die Spieldauer von ungefähr 30 Minuten pro Spieler sehr angenehm ist. Auch lässt sich das Spiel in jeder Besetzung gut spielen. Das Spielmaterial ist von guter Qualität, sowie ansprechend und funktional gestaltet.

Fazit
"Auf den Spuren von Marco Polo" hat sehr interessante und fesselnde Mechanismen. Durch den variablen Spielaufbau, durch die vielen Aktionsmöglichkeiten und vor allem durch die unterschiedlichen Charaktere gibt es viel zu erkunden und auszuprobieren. Das täuscht aber nicht darüber hinweg, dass bei uns fast immer derjenige gewonnen hat, der am Ende die meisten Aufträge erfüllen konnte. Gerne würden wir noch mehr Reisen und Entdecken, so wie es einst Marco Polo getan hat.



15. Oktober 2015 - (Michael Schmitt)

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