Rezension von Im Wandel der Zeiten: Eine Geschichte der Zivilisation


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise von Pegasus Spiele bereitgestellt wurde.)

Rezension

Ersteindruck
Das Cover von "Im Wandel der Zeiten" ist sehr ansprechend gestaltet und zeigt auch gleich, worauf sich die Spieler einstellen müssen: Ihre Zivilisation durch diverse Zeitalter zu führen. Was das Spielmaterial betrifft, ist mein Eindruck etwas zwiegespalten: Einerseits sind die Karten bzw. die Illustrationen recht ordentlich gelungen, andererseits ist die grafische Aufmachung insbesondere des Spielbretts doch eher als "langweilig" zu bezeichnen. Andererseits muss man aber auch zugestehen, dass alle wichtigen Informationen immer gut sichtbar sind und somit (auch am Spielbrett) von der spielerischen Seite nichts auszusetzen ist. Daran, dass die Größe der Spielkarten mittlerweile (im Gegensatz zu früher) halbiert wurde, hat man sich ja gewöhnt, aber bei "Im Wandel der Zeiten" ist dies nicht einmal negativ - sonst wäre schon ein sehr großer Tisch nötig! Ansonsten finden sich "nur" noch einige Holzwürfel (teilweise ebenfalls sehr klein geraten) in der Schachtel.

Die Anleitung mit ihren 32 Seiten (überwiegend mit Texten gefüllt) schreckt zunächst ab, ist aber sehr logisch aufgebaut und vermittelt einen detaillierten Einstieg ins Spielgeschehen. "Im Wandel der Zeiten" ist sicherlich nicht das hübscheste Spiel von Pegasus, aber rein qualitativ gibt es nahezu nichts auszusetzen.

Thema & Ziel des Spiels
"Im Wandel der Zeiten" ist ein Spiel, bei dem die Spieler "ihre" Zivilisation durch Jahrhunderte der Geschichte führen müssen. Dabei werden wichtige Errungenschaften entdeckt, große Anführer hinterlassen ihre Spuren und Weltwunder prägen das Gesicht der Erde. Neben friedlichen Kulturen hat der Spieler auch die Möglichkeit auf militärischem Weg zum Sieg zu gelangen. Es gewinnt der Spieler mit den meisten Kulturpunken.

Spiel-Vorbereitungen
In dieser Rezension wird das Einsteigerspiel beschrieben.
Der Spielplan kommt in die Tischmitte. Jeder Spieler erhält ein Zivilisationsbrett, 25 gelbe, 18 blaue, 4 weiße und 2 rote Spielsteine. Die gelben Spielsteine werden auf die Karte Philosophie (1 Stein), Feldarbeit (2), Bronze (2), Krieger (1), nicht eingesetzte Arbeiter (1) und Gelber Vorrat (18) gelegt. Die blauen Spielsteine kommen in den blauen Vorrat, die weißen und roten Steine werden auf die Karte "Despotismus" gelegt. Je ein Wertungsstein wird auf das Feld "0" der Leisten "Kulturpunkte" und "Wissenschaftspunkte" gelegt - ein weiterer Wertungsstein wird auf das Feld "1" der "Militärischen Stärkeleiste" gelegt. Auf die Leisten "Zuwachs an Kultur" und "Zuwachs an Wissenschaft" wird ein Stein auf das Feld "0" (Kultur) bzw. "1" (Wissenschaft) gelegt. Ein letzter Wertungsstein kommt auf Feld "0" der glücklichen Gesichter.

Die Karten werden nach Zeitalter und Typ (Militär- oder Zivilkarte) sortiert - ggf. werden je nach Spielversion und Spielerzahl Karten aussortiert - so dass es maximal 8 Kartenstapel gibt. In Einsteigerspiel werden lediglich Zivilkarten der Zeitalter Antike + Zeitalter 1 und Militärkarten des Zeitalters Antike verwendet. Die Zivilkarten der Antike werden gemischt und die ersten 13 Karten werden offen auf die Kartenreihe des Hauptspielplans gelegt. Der Rest der Zivilkarten der Antike werden verdeckt auf das entsprechende Spielplanfeld gelegt. Die Zivilkarten von Zeitalter 1 werden zunächst gemischt beiseite gelegt. Aus den Militärkarten werden 9 Karten auf den Stapel "Gegenwärtiges Ereignis" gelegt.

Spielablauf
In dieser Rezension wird das Einsteigerspiel beschrieben. Die Menge an Regeln erlaubt nur eine Übersicht über die Regeln.
Die erste Spielrunde unterscheidet sich von den nachfolgenden Spielrunden. In der ersten Runde darf jeder Spieler - beginnend mit dem Startspieler - seine Zivilaktionen nur dazu verwenden, Karten aus der Kartenleiste zu nehmen. Dafür steht dem Startspieler 1 Zivilaktion zur Verfügung - jeder nachfolgende Spieler erhält 1 Zivilaktion mehr, d. h. der 2. Spieler hat 2 Zivilaktionen zur Verfügung. Dabei werden grüne Karten (Anführer) und gelbe Karten (Aktionen) auf die Hand genommen, violette Karten (Wunder) werden direkt ausgelegt.

Nachdem ein Spieler seine Zivilaktionen durchgeführt hat (sowohl in der ersten, als auch in allen folgenden Runden) folgt immer die Phase "Produktion und Versorgung". Diese besteht aus folgenden Schritten:
  • Produktuion von Wissenschaft und Kultur: Die Kultur- und Wissenschaftspunkte werden um die Punkte erhöht, die die Leisten "Zuwachs an Kultur" und "Zuwachs an Wissenschaft" anzeigen.
  • Nahrungsproduktion: Für jede Farm (=gelber Stein auf einer Farm-Karte) wird ein blauer Spielstein (=Nahrung) auf die Farm-Karte gelegt.
  • Versorgung: Die Leiste, in der die gelben Arbeiter liegen, zeigt an, wie viel Nahrung der Spieler nun abzugeben hat, indem er blaue Spielsteine von den Farmen entfern.
  • Rohstoffproduktion: Für jede Mine (=gelber Stein auf einer Minen-Karte) wird ein blauer Spielstein (=Rohstoff) auf die Minen-Karte gelegt.

Damit endet der Spielzug eines Spielers.

Ab der zweiten Spielrunde, besteht der Spielzug eines Spielers aus folgenden Phasen:
  • Ereignis (ab Runde 3): Der Spieler deckt die nächste Karte vom Stapel "Gegenwärtige Ereignisse" auf und führt diese durch.
  • Kartenreihe auffüllen: Zunächst werden je nach Spielerzahl die Karten auf den Feldern 1 bis 3 entfernt (falls dort welche liegen). Dann werden alle Lücken in der Kartenreihe geschlossen, so dass alle freien Felder rechts sind - diese freien Felder werden zuletzt durch neue Karen vom Zivilkartenstapel belegt. Ggf. wird Stapel des nächsten Zeitalters verwendet.
  • Zivil- & Militäraktionen durchführen: siehe folgende Auflistung.
  • Produktion und Versorgung: wie oben beschrieben

Folgende Zivilaktionen kann der Spieler durchführen - für jede Aktion gibt der Spieler einen weißen Spielstein ab. Die Maximalzahl der Zivilaktionen ist durch die Regierungsform vorgegeben.
  • 1. Bevölkerung erhöhen: Ein gelber Spielstein wird aus dem gelben Vorrat (von links nehmen) in das Feld der "nicht eingesetzten Arbeiter" gelegt. Die Angabe in der Mitte zeigt an, wie viel Nahrung dafür aufzubringen ist.
  • 2. Mine / Farm bauen: Ein gelber Spielstein aus dem Vorrat der "nicht eingesetzten Arbeiter" wird auf die Farm- bzw. Minenkarte gelegt. Zusätzlich ist die angegebene Menge an Rohstoffen zu zahlen.
  • 3. Städtisches Gebäude bauen: Ein gelber Spielstein aus dem Vorrat der "nicht eingesetzten Arbeiter" wird auf das städtische Gebäude gelegt. Zusätzlich ist die angegebene Menge an Rohstoffen zu zahlen. Die Regierungsform gibt vor, wie viele Gebäude eines Typs ein Spieler besitzen kann. Die entsprechenden Leisten (glückliche Gesichter, Wissenschaftszuwachs und Kulturzuwachs) sind anzupassen.
  • 4. Gebäude, Farm oder Mine zerstören: Ein gelber Arbeiter wird von der Karte zurück auf den Vorrat der "nicht eingesetzten Arbeiter" gelegt. Ggf. sind Leisten auf dem Spielbrett anzupassen.
  • 5. Wunder bauen: Ein Wunder wird in mehreren Teilen gebaut. Es ist jeweils die angegebene Menge an Rohstoffen zu zahlen (zurück in den blauen Vorrat) - ein blauer Stein ist jeweils auf den Abschnitt des Wunders zu legen. Ist ein Wunder komplett gebaut, werden die blauen Steine zurück in den Vorrat gelegt. Ggf sind Leisten des Spielbretts anzupassen und Sondereffekte durchzuführen.
  • 6. Anführer ins Spiel bringen: Der Anführer wird ausgelegt und ein ggf. bereits ausliegender Anführer wird entfernt. Ggf. sind Leisten auf dem Spielbrett anzupassen und Spezialeffekte durchzuführen.
  • 7. Aktionskarte spielen: Die Effekte der Aktionskarte werden durchgeführt. Eine Aktionskarte kann nicht in der Runde gespielt werden, in der sie auf die Hand genommen wurde.
  • 8. Zivilkarte nehmen: Der Spieler nimmt eine Karte aus der Kartenreihe auf die Hand (Ausnahme: Wunder). Ein Spieler darf nicht mehr Karten auf der Hand halten, wie er Zivilaktionen (=weiße Steine) pro Runde ausführen darf.
  • 9. Technologie ins Spiel bringen: Eine Technologiekarte aus der Hand wird gegen Abgabe von Wissenschaftspunkten ins Spiel gebracht. Ggf. sind Leisten auf dem Spielplan anzupassen. Ebenfalls als Technologie gilt das Ausspielen einer neuen Regierungsform. Hierbei gibt es 2 Alternativen: Revolution und "Friedlicher Wechsel". Diese unterscheiden sich durch die unterschiedlichen Abgaben, die zu zahlen und die unterschiedliche Anzahl an Zivilaktionen, die abzugeben sind.
  • 10. Gebäude, Mine oder Farm verbessern: Um einen Bau zu verbessern ist die Differenz der Baukosten zwischen altem und neuen Gebäude zu entrichten. 1 Arbeiter wird vom alten Bauwerk auf das neue Bauwerk verschoben.

Folgende Militäraktionen kann der Spieler durchführen - für jede Aktion gibt der Spieler einen roten Spielstein ab. Die Maximalzahl der Militäraktionen ist durch die Regierungsform vorgegeben.
  • 1. Militäreinheit aufstellen: Ein gelber Spielstein aus dem Vorrat der "nicht eingesetzten Arbeiter" wird auf die militärische Einheit gelegt. Zusätzlich ist die angegebene Menge an Rohstoffen zu zahlen. Die Leiste der militärischen Stärke ist anzupassen.
  • 2. Militäreinheit auflösen: Ein gelber Spielstein wird von der Einheit auf den Vorrat der "nicht eingesetzten Arbeiter" gelegt. Die Leiste der militärischen Stärke ist anzupassen.
  • 3. Militäreinheit verbessern: Analog zur Verbesserung eines Gebäudes.

Das Einsteigerspiel endet am Ende der Runde, in der die letzte Zivilkarte in die Kartenreihe gelegt wird. Folgendes bringt am Ende Kulturpunkte (KP): 2 KP pro Technologie der Stufe 1, 2 KP pro militärischer stärke, 2 KP pro glücklichem Gesicht, 1 KP pro Punkt Wissenschaftszuwachs pro Runde und 1 KP pro produzierter Nahrung bzw. Rohstoff pro Runde. Es gewinnt der Spieler mit den meisten Kulturpunkten.

Neben dem Einsteigerspiel gibt es noch das Fortgeschrittenenspiel sowie das Expertenspiel mit mehreren Varianten. Diese bringen weitere Zeitalter sowie mehr Abhängigkeiten und ein höherer Anteil an Militär- und Politikaktionen ins Spiel. Da diese Varianten aufeinander aufbauen, was die Komplexität betrifft, sollte man zunächst mit dem Einsteigerspiel beginnen.

Fazit
"Im Wandel der Zeiten" hatte es zunächst schwer - denn vor dem ersten Spiel steht ja bekanntlich das Studieren der Spielanleitung - und die hat es in sich! Damit kämpft das Spiel mit dem gleichem "Problem" wie Agricola, denn die Anleitung wirkt auf den ersten Blick (aufgrund der vielen Textpassagen und Möglichkeiten) eher abschreckend, was vor allem auf Gelegenheitsspieler und "Familienspiel"-Spieler zutrifft. Daher ist es bei "Im Wandel der Zeiten" in meinen Augen sehr wichtig einen Spieler zu haben, der das Spiel kennt und erklären kann. Denn dann wirkt das Spiel plötzlich nur noch halb so kompliziert und es kann recht schnell mit der ersten Partie begonnen werden.

Aufgrund des geringen Glücks- und des hohen Strategieanteils richtet sich "Im Wandel der Zeiten" natürlich vornehmlich an Strategen, doch sollten sich auch alle anderen Spielertypen nicht von einer Partie abhalten lassen, denn ansonsten würde ihnen ein wirklich gelungenes Spiel entgehen. Beginnt man mit dem Einsteigerspiel stellen sich recht schnell erste Erfolge ein und man beginnt, die Zusammenhänge des Spiel zu verstehen - daher sollte man auch nicht direkt mit den fortgeschritteneren Varianten beginnen. Wichtiges Mittel zu Sieg ist, die eigenen Möglichkeiten genau zu untersuchen und daraufhin die Aktionen genaustens auszuwählen. Da es keinen allgemein gültigen "Weg zum Sieg" gibt, wird man bei jeder Partie aufs neue mit Herausforderungen konfrontiert.

Obwohl es ein sehr offenes Spiel ist, wirkt es recht ausgewogen - es gibt keine Karte oder Kartenkombination die zwingend zum Sieg notwendig wäre. Alles hängt von den eigenen Fähigkeiten ab, möglichst gewinnbringende Kombinationen eigener Karten zu erreichen und so die Grundversorgung sicherzustellen. Lediglich in der kriegerischen Variante sollte man die eigene Armee aus "pazifistischen Gründen" nicht vernachlässigen - friedliche Naturen werden von den Mitspielern in der Regel eher schneller als später bestraft.

Eigentlich ist das Spiel in jeder Spielerzahl (2 bis 4) ordentlich spielbar. Vor allem bei 4 Spieler sind die Pausen zwischen den eigenen Spielzügen aber recht lang, so dass ungeduldige Spieler recht schnell gelangweilt sein dürften. Das etwas "dröge" Spielmaterial trägt dazu ebenfalls etwas bei.

Insgesamt kann "Im Wandel der Zeiten" aber auf jeden Fall durch die spielerischen Inhalte überzeugen. Trotz komplexer Abläufe stellen sich schnell Erfolgserlebnisse ein und mit fortgeschrittenen Varianten wächst der strategische Anspruch - allerdings kommen erst hier die Weiterentwicklungen durch neue Zeitalter erst richtig zur Geltung. Für mich ist das Spiel definitiv eines der Highlights des bisherigen Spieljahres 2009.



08. Oktober 2009 - (tp)

Rezensionsbilder