Rezension von Seeland


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise von Ravensburger bereitgestellt wurde.)

Rezension

Seeland
Zeeland (zu deutsch Seeland) ist eine Provinz in den südwestlichen Niederlanden. Gleichzeitig bildet sie das gelungene Hintergrundthema zu dem neuen Spiel "Seeland" von Günter Burkhardt und Wolfgang Kramer. Unverkennbar auf dem Spielcover zu sehen sind bereits die Windmühlen, die ein Hauptbestandteil des Spieles sind. Diese dienen zur Landgewinnung auf welchem dann Saatgut aufgetragen wird, um bei der Ernte einen möglichst hohen Ertrag zu erzielen.

Spielausstattung
Der Spielplan ist nicht wie üblich gefaltet, sondern besteht aus sechs beidseitig bedruckten Teilen, die wie ein Puzzle zusammengesetzt werden. Er zeigt eine durchwässerte, niederländische Landschaft und einen Markt. Der Markt hat im Inneren kreisförmig angeordnet 9 Marktstände und ein Lagerhaus. Drumherum verlaufen 12 Kontore (Handelshäuser). Inmitten der Spiellandschaft befindet sich nochmal eine kleine Version des Marktes umgeben von Mühlenplätzen, welche als Startfelder dienen. Um den Spielplan herum verläuft eine Ertragsleiste zur Anzeige der Siegpunkte.

Die 28 Mühlenplättchen zeigen neben einem Wert von 0 bis 5 auf der Vorderseite den Bauplan einer Mühle und auf der Rückseite eine fertige Mühle. Auf den 30 Landschaftsplättchen sind entweder Kohl, Raps oder Tulpen mit den Werten von 0 bis 7 zu sehen. Auf der Vorderseite werden sie als Saatgut dargestellt und auf der Rückseite als angepflanztes Feld. Die 30 Inselplättchen zeigen auf der Vorderseite eine leere Insel und auf der Rückseite eine Landschaft oder einen Bauernhof. Für jeden der zwei bis vier Spieler sind vier Mühlen aus Holz vorhanden, sowie je ein Kaufmann und ein Zählstein. Desweiteren gibt es noch 12 Stuiver (Kleingroschenmünzen), 4 Punkteplättchen, 5 Guldenstücke und 8 Rekordmarker aus Pappe, sowie einen Gildenmeister und 8 Stadtvögte aus Holz. Enthalten ist natürlich auch eine Spielanleitung, sowie ein Beiblatt für den Spielaufbau und ein Regelheft mit Erweiterungen zum Grundspiel. Diese enthält sogar eine komplette Seite zum historischen Hintergrund des Spiels.

Spielziel
In "Seeland" erwerben die Spieler auf dem Markt Baupläne für Mühlen und errichten diese an schon erschlossenen Landschaftsfeldern. Die dadurch neu entstandene Landgewinnung kann durch den Einkauf von Saatgut genutzt werden. Sind alle Felder einer Mühle belegt, kommt es zur Ernte. Hierbei gilt es Monokulturen zu vermeiden und die Landschaften möglichst abwechslungsreich zu bepflanzen. Wer am Ende den meisten Ertrag verzeichnen kann, gewinnt das Spiel.

Spielablauf
Der Spielplan wird mit der gewünschten Seite zusammengesteckt. Beim Einstiegsspiel ist das die Seite mit der blauen Ertragsleiste. Die Mühlenplättchen und die Landschaftsplättchen werden separat gemischt und daraus jeweils ein Stapel mit der Vorderseite nach oben gebildet. Nachdem auch die 30 Inselplättchen verdeckt gemischt wurden, werden diese zufällig auf die als Insel markierten Flächen verteilt. Der Gildenmeister wird auf dem Markt auf den markierten Marktstand gestellt. Auf die übrigen Felder werden drei Mühlenplättchen und drei Landschaftsplättchen verteilt. Das Lagerhaus bleibt frei. Die fünf Guldenstücke kommen auf die entsprechend markierten Kontore. Die Spieler stellen ihre Kaufleute auf den hintersten der fünf Gulden. Jeder Spieler legt die Mühlen seiner Farbe und einen Stuiver vor sich ab. Die Zählsteine kommen auf das Feld 0 der Ertragsleiste. Die Rekordmarker und die Stadtvögte werden im Einstiegsspiel nicht benötigt.

Beginnend beim Startspieler setzen die Spieler nacheinander eine Ihrer Mühlen auf eines der Startfelder auf dem Spielplan. Reihum führen die Spieler dann immer drei Aktionen durch:

1. Einkauf (Plättchen vom Markt nehmen)
2. Landgewinnung (Plättchen legen)
3. Ernte (evtl. Mühle/n werten)

Einkaufen darf der Spieler auf dem Markt das nächste Plättchen vor dem Gildenmeister. Dafür wird dieser um ein Feld im Uhrzeigersinn vorwärts gerückt und der Spieler nimmt sich das Zielplättchen. Dies kostet ihn nichts. Möchte man allerdings ein weiter entferntes Plättchen nehmen, muss man für jedes weitere Feld einen Gulden bezahlen. Dies geschieht, indem man seinen Kaufmann um die entsprechende Anzahl Gulden - sofern möglich - vorwärts rückt. Wird dadurch der hinterste Gulden frei, sprich es befindet sich kein Kaufmann mehr darauf, wird dieser Gulden vor den ersten Gulden gelegt. Das Marktfeld, welches der Gildenmeister verlassen hat wird entsprechend - mit einem Mühlen- oder Landschaftsplättchen - aufgefüllt. Landet der Spieler mit dem Gildemeister auf dem Lagerhaus, darf er kein Plättchen nehmen. Stattdessen verliert er drei Ertragspunkte, darf dafür aber mit seinem Kaufmann bis zu drei Guldenfelder zurück gehen.

Das beim "Einkauf" genommene Plättchen wird auf die Rückseite gedreht und muss nun sofort eingesetzt werden. Ein Landschaftsplättchen kommt auf ein leeres Feld, welches direkt an eine eigene Mühle grenzt. Ein Mühlenplättchen wird auf ein leeres Feld gelegt, welches direkt an ein bereits erschlossenes Gebiet grenzt, also an ein beliebiges Mühlen-, Landschafts- oder Bauernhoffeld. Auf das gelegte Mühlenplättchen darf der Spieler eine eigene Mühle stellen. Grenzt diese Mühle an ein oder mehrere verdeckte Inselplättchen, werden diese sofort aufgedeckt. Entweder kommt darauf eine fertige Landschaft oder ein Bauernhof zum Vorschein. Ein Bauernhof bringt dem Spieler sofort einen Stuiver ein. Mit diesem Stuiver kann der Spieler jederzeit einen Doppelzug durchführen.

Wird bei der Landgewinnung eine Mühle - egal ob eigene oder fremde - vollkommen umschlossen, kommt es zur Ernte. Der Ertrag einer Mühle ist die Summe der direkt angrenzenden Landschaftsplättchen plus den Wert der entsprechenden Mühle. Sind keine Landschaftsplättchen angrenzend oder nur von einer Landschaftsart, handelt es sich um eine Monokultur und die Mühle bekommt keine Punkte. Sind dagegen alle drei Landschaftsarten vorhanden, gibt es einen zusätzlichen Bonus von fünf Punkten. Der Besitzer der Mühle zieht seinen Zählstein die Gesamtpunktzahl auf der Ertragsleiste vor. Die gewertete Mühle kommt zurück in dessen Vorrat.

Ist entweder der Mühlen- oder Landschaftstapel aufgebraucht, wird das Spielende eingeläutet. Der Markt darf nun nicht mehr aufgefüllt werden. Sobald ein Spieler dann mit dem Gildenmeister auf ein leeres Feld zieht, endet das Spiel sofort. Gewonnen hat der Spieler mit den meisten Punkten auf der Ertragsleiste.

Bei den erweiterten Regeln werden zusätzlich Rekord-Ernten belohnt und es sind Erwartungen der Stadtvögte an die Ernte zu erfüllen. Mit den Rekordmarkern hat jeder Spieler zweimal die Möglichkeit das Ergebnis seiner Ernte auf der Ertragsleiste zu markieren und am Ende dafür Bonuspunkte zu kassieren. Ein Stadtvogt gesellt sich zu einer Mühle, welche zum Zeitpunkt der Ernte einen gewissen Ertrag erbringen muss, der auf dem Markt anhand der Position des vordersten Guldens abzulesen ist und sich dadurch ständig ändert. Bei Erfolg gibt es weitere Bonuspunkte und der Spieler darf den Stadtvogt an sich nehmen. Bei Misserfolg gibt es Abzüge. Am Ende gibt es nochmal Extrapunkte für die meisten Stadtvögte. Außerdem kann das "Taktische Spiel" gewählt werden, bei welchem anstelle der verdeckten Inselplättchen mit fest vorgegebenen Landschaften und Bauernhöfen gespielt wird, was eine bessere Planung zulässt.

Gesamteindruck
Das Spielmaterial von "Seeland" ist umfangreich und sehr stimmungsvoll gestaltet. Besonders fallen die großen Mühlen aus Holz auf. Interessant fand ich, dass der Spielplan nicht wie üblich gefaltet ist, sondern aus sechs Teilen besteht, die wie ein Puzzle zusammengesteckt werden. Zunächst sahen wir darin keinen Nutzen aber auch keinen Nachteil. Beim Spielen stellte sich allerdings heraus, dass selbst bei glatter Fläche die Übergänge nicht ganz eben sind und dadurch auch mal ein Plättchen beim Schieben hängen bleiben kann (kommt nur vor, wenn man Plättchen vom Markt nimmt). Die thematische Umsetzung mit den Mühlen und der Landgewinnung finde ich sehr gelungen.

Die Mühlen- und Landschaftsplättchen sind beidseitig bedruckt und zeigen auf der einen Seite den "Rohzustand", in Form eines Mühlenbauplans oder einen Sack mit Saatgut. Auf der anderen Seite ist dann das fertige Produkt zu sehen - entweder eine Mühle oder ein bepflanzte Fläche. Dabei sind die unterschiedlichen Seiten spieltechnisch unerheblich und dienen vermutlich nur der Optik, um eine dichtere Atmosphäre zu schaffen. Ich finde das eine schöne Idee, allerdings passiert es bei uns des Öfteren, dass jemand (meist ich) vergessen hat, bei der Landgewinnung das Plättchen umzudrehen. Irgendwann haben wir es uns auch bei der Spielvorbereitung gespart alle Plättchen auf die richtige Seite zu drehen und sie einfach so übereinander gestapelt.

Die Spielmechanismen greifen gut ineinander und sind sehr ausgewogen. Sehr gut gefallen hat uns vor allem der kreisförmige Markt. Das Angebot ist immer für alle gut sichtbar, was eine gewisse Planung zulässt. Gleichzeitig ist es spannend zu sehen, wie weit sich der Gildenmeister durch die Mitspieler bewegt und ob einem sein Wunsch-Plättchen sozusagen vor der Nase weggeschnappt wird oder ob man es gar umsonst bekommt. Durch die Beobachtung der Mitspieler kann man hier auch gut deren Pläne durchkreuzen. Ähnlich verhält es sich mit den Gulden, von denen jeder Spieler immer bis zu fünf besitzt, aber nicht wirklich vor sich liegen hat. Das Vermögen der einzelnen Spieler ist immer auf dem Markt zu sehen. Die Position vom eigenen Gildenmeister zeigt an wie viel Gulden einem Spieler aktuell zur Verfügung stehen. Dabei beeinflusst der jeweilige Spieler nur wie viel er ausgibt, aber nicht wie viel er bekommt und wann. Denn erst wenn alle Spieler wenigstens einen Gulden ausgegeben haben, bekommt jeder wieder einen dazu. Das lässt einige taktische Möglichkeiten zu. Zum einen kann ich mir - wenn ich genügend Gulden besitze - bedingt aussuchen welches Plättchen ich nehme, zum anderen kann ich sparen und die Möglichkeiten der Mitspieler einschränken, indem ich den Guldennachschub blockiere.

Interessant sind auch die Wertungen, auf die es ja letztendlich ankommt. Hier gilt es möglichst hochwertige Landschaftsplättchen in möglichst allen drei Arten bei den eigenen Mühlen auszulegen. Dabei muss man schon mal in Kauf nehmen, die Mühle eines Mitspielers mitzuversorgen, was gerade bei mehreren Spielern öfter der Fall ist. Auch das Einsammeln der Stuiver ist nicht zu verachten, da sie ja einen Doppelzug erlauben. Zwar kostet ein Stuiver ein Landschaftsfeld, aber je nach Marktangebot kann dieser im richtigen Moment eingesetzt sehr wertvoll sein.

"Seeland" bietet einen flotten Spieleinstieg durch einfache und verständliche Regeln, hat aber dennoch eine schöne Spieltiefe. Ständig sind alle Spieler am Spiel beteiligt, da sich der Markt laufend ändert und auch die eigenen Anbaufelder durch die Mitspieler beeinflusst werden können. Es lässt sich in jeder Besetzung gut spielen. Die Erweiterungen sind sinnvoll und machen das Spiel auf jeden Fall noch spannender. Uns gefallen beide Spielplanseiten gleichermaßen, so dass wir mal mit der einen und mal mit der anderen Seite spielen.

Fazit
Uns hat "Seeland" gut gefallen und die zunächst niedrig gesteckten Erwartungen wurden sogar übertroffen. Es handelt sich um ein ausgewogenes und stimmiges Spiel für Jedermann. Ebenso überzeugt haben uns die thematische Umsetzung, die ansprechende Optik, die angenehme Spieldauer und vor allem der interessante Marktmechanismus. Durch den variablen Landschaftsbau, die zufällige Auswahl der Mühlen- und Landschaftsplättchen und die unterschiedliche Spielweise der Mitspieler verläuft jede Partie anders. Für noch mehr Spannung sorgen die bereits enthaltenen Erweiterungen.



23. Juni 2010 - (ms)

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