Brakus71
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Kommentar vom 12.02.2025: [Fazit]
Inklusive bitterbösem Spielthema, aber riesigem Spielspaß entfaltet sich hier das Brett der neun Höllenkreise. Ganz nach Dante Alighieris Komödie zerren die Spieler Seelen durch die Höllenkreise an ihren letzten Ruheplatz – wobei Ruhe hier relativ ist^^. Doch woher kommt der Seelennachschub? Indem im 14. Jahrhundert beliebig Bürger der Stadt Florenz, die sich zufällig genau über dem Höllenschlund befindet, beschuldigt, angeklagt und zum Tode verurteilt werden. Und damit es so makaber bleibt, lösen die auf den Höllenwegen platzierten Seelen für die sie verdammenden Familien (den Spielern) in der Stadt Aktionsmöglichkeiten aus – mit dem Ziel noch mehr Seelen zu fangen bzw. sich an deren späteren Schandepunkten (Siegpunkte) zu laben.
Das Spiel verläuft über mehrere Runden – Dantes Figur wird immer um 1 Feld hinunter gen Höllenkern bewegt, wenn eine Seele erwartet wird (ein Bürger wurde verklagt und die Seele seines hingerichteten Körpers wartet am Friedhof) und wenn er am letzten Feld ankommt, endet das Spiel – und währenddessen führen die Spieler immer je 2 Phasen rundenweise aus.
Die erste Phase ist immer die Höllenphase, in der ein Spieler eine Seele innerhalb der 9 Höllenkreise bewegen muss und wenn keine Seele verfügbar ist, muss er eine vom Friedhof herüberholen. Dazu wird die Fähre über den Fluss Archeron für 1 Drachme genutzt (es gibt 2 Währungen im Spiel, Drachme für die Höllengeschäfte^^ und Florin für städtische Geschäfte) und eine beliebige Seele vom Friedhof auf den ersten Kreis der Hölle gestellt – falls der Friedhof „leer“ ist, wird eine Seuchenkarte aufgedeckt und die vier dort abgebildeten Figuren zwangsrekrutiert, sie sind halt „normal“ verstorben.
Die anschliessende zweite Phase erlaubt geschäftiges Treiben in Florenz. Dort wird in der Regel Geld (Florin oder im Tausch Drachme) verdient, die Familie mit weiteren Arbeitern (Strassenkindern) vergrößert, das eigene Turmlager erweitert, Gäste geladen (zwecks Bestechung zum einfacheren Verklagen anderer), Vorräte angeschafft mit denen Betrugskarten bezahlt und ausgespielt werden können (für Sofortboni und Endpunktevorgaben) oder eben Bürger verklagt.
Ist der aktive Spieler fertig, folgt der nächste mit seinen zwei Phasen usw., bis das Spiel endet.
Zum Spielverlauf ergänzend: der Spielplan ist in drei wesentliche Bereiche aufgeteilt. Mittig und am platzeinnehmendsten sind die 9 Höllenkreise abgebildet, jeder steht für eine bestimmte Sünde (Limbus (Vorkreis für die Ungetauften), Lust, Völlerei, Gier, Zorn, Häresie, Gewalt, Betrug, Verrat) und die farbigen Seelenfiguren wollen auch genau in den richtigen Höllenkreis gebracht werden – Bewegung über Ketten, mit denen die Kreise verbunden sind. Die Bögen werden nach unten hin immer kleiner und sind im letzten Drittel noch von den Mauern von Dis geschützt – hier muss durch einen Bonus oder die Scheiterhaufen-Aktion ein Zugangsmarker gelegt werden, will man hier durch.
Oberhalb befindet sich die Stadt Florenz mit 4 normalen und 4 besonderen Orten, an denen nach Workerplacement-Manier Familienfiguren eingesetzt werden, um dortige Aktionen auszuführen. Die Orte sind zudem farblich markiert und gehören (je ein besonderer und ein normaler Ort) zufällig zu einem Schildsymbol der Hölle (anfänglich festgelegt). Diese vier verschiedenen Schilde finden sich auf allen Feldern der Höllenkreise wieder, auf denen man eine Seele platziert. Und nur das Symbol, auf welches aktuell eine Seele gestellt wurde, zählt für den Zug des Spielers, wenn er in der Stadt tätig wird. Somit stehen dem Spieler offiziell immer nur zwei Orte pro Zug zur Verfügung, von denen er einen auswählt.
Will man eine Klage einreichen, so muss schon ein Familienmitglied in der Stadt sein. Der Ort, des gewählten Mitglieds, gibt dabei vor, welche Seele (Farbe) genommen und auf den Friedhof gestellt wird – natürlich muss auch hier zuvor in der Höllenphase ein entsprechendes (Schild-)Feld besetzt worden sein, dass zum Ort in der Stadt passt. Zusätzlich zum Seelentransport gen Friedhof und dem Voranschreiten Dantes, darf man nun auch einen Sündenmarker auf der farblich zugehörigen Sündenleiste vorwärts bewegen (bzw. einsetzen). Diese zählt am Ende als Multiplikator für die angestrebten Schandepunkte. Das gilt pro Farbe, wenn die Vorgabe der jeweils „Beste“ dort zu sein per Urkundenerhalt erfüllt wurde – die Urkunde wird vergeben, wenn Dante auf seinem Abstieg den jeweiligen Höllenkreis erreicht (quasi eine Zwischenwertung).
Und das ist auch der dritte, untere Bereich des Spielplans. Drumherum läuft noch die Schandepunkte-Leiste, links sind die Treppenstufen für Dante und zwischendrin gibt es noch Sonderfelder für den Fluss Styx, welcher das Vorrücken auf der Sündenpunkteleiste gegen das Opfern von Seelen im Friedhof ermöglicht.
In dem Spiel ist ganz schön was los und bis man alles richtig verinnerlicht und dazu dann (bessere) Taktiken evolviert hat, vergehen einige Partien. Diese machen aber (bis dahin) durchaus Spaß, wenn man sich am morbiden Thema nicht stört. Thematisch ist es nämlich mal etwas anderes und mechanisch wird hier einiges geschickt kombiniert. Die Pflicht zuvor Seelen auf die richtigen Felder bewegen zu müssen, bevor man die nötigen Stadtaktionen durchführen kann sorgt für allerlei Abwägungen. Zum einen will man zwar bestimmte Aktionsfelder nutzen können, gibt damit aber durch das Vorrücken einer Seele eventuell den Mitspielern die Möglichkeit mit dieser zu punkten – Seelen, die in „ihrem“ Höllenkreis ankommen erhalten Punkte. Darüber hinaus, werden bei den immer kleiner werdenden Höllenkreis auch alsbald die Plätze ausgehen und damit schwinden die Aktionssymbole. Das aber wiederum ist für die Endwertung gut, denn die Sündenleisten multiplizieren die Höllenkreispunkte, aber diese werden verringert, wenn es noch freie Plätze gibt. Dann ist da der Druck seine Möglichkeiten zu verbessern, welches mehr Arbeiter(figuren) bedingt, mehr Plätze im Familienturm und Vorräte. Also ist man wieder beim Dilemma des „wo stell ich welche Seele am besten hin, damit ich diese oder jene Aktion in der Stadt ausführen kann“. Ein wunderbares Hickhack. Hier im Laufe der Zeit die richtige Balance zu finden, ist eine der Hauptaufgaben des geneigten Taktikers.
Und es gibt ja so viel „Kleinkram“ mit zu bedenken, so z.B. die Stellplätze im Turm. So können Seelen an den besonderen Orten nur eingefangen werden – also Bürger verurteilen -, wenn man den farblich passenden Gast bei sich hat und dieser wiederum muss neben sich im Turm (i.d.R. sind zwei Stellplätze nebeneinander vorhanden) einen freien Platz für das klagende Familienmitglied haben. Es gibt eine Aktionsmöglichkeit im Turm „aufzuräumen“, aber das ist ja dann wieder eine extra Aktion – somit muss auch hier gut vorausgeschaut werden.
Und von den bestechlichen Monstern, die je nach Wahl im Spiel herumgeistern, will man lieber nicht belästigt werden – wobei manche auch durchaus Vorteile (gegen Mitspieler^^) bringen können.
Rundum ein herrlich fieses, forderndes und unterhaltsames Spiel mit hohem Wiederspielwert. Der Anfang mag etwas holprig sein und die Einführung (Anleitung) könnte hie und da besser, strukturierter daherkommen, aber an sich ist man – auch dank der Übersichten – doch recht bald „drin“ und gibt sich der thematischen Kurzweil^^ hin.
[Galerie: 19 Fotos]
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