Rezension von Kingdom Builder


Rezension

Kingdom Builder
Nachdem Donald X. Vaccarino mit seiner ersten eigenen Spieleveröffentlichung (zuvor erfand er schon Magic-Karten) nicht nur gleich die begehrteste und wichtigste Auszeichnung unter den Spielepreisen, den Titel "Spiel des Jahres", hatte abräumen können, sondern gleichzeitig einen modernen Klassiker erschaffen hatte, der einige Süchtige zurückließ, waren die Erwartungen an sein nächstes Spiel nicht gerade niedrig. Was soll man sagen? Kingdom Builder erfüllt sie und gewann wieder den Preis "Spiel des Jahres". Das soll mal einer nachmachen.

Thema und Ziel des Spieles
Wir versuchen durch geschicktes Bauen von Siedlungen und Einsetzen von Sonderaktionen auf einem variablen Spielfeld die meisten Punkte zu erhalten. Durch drei von insgesamt zehn Personenkarten wird zu Beginn bestimmt, wofür im aktuellen Spiel Punkte zählen.

Spiel-Vorbereitungen
Denkbar einfach: Wir ziehen vier von den Spielplänen und legen sie zu einer Quadratform aneinander. Auf die unterschiedlichen Ortsfelder, von denen es entweder ein oder zwei auf jedem der vier Spielplänen gibt, legen wir jeweils zwei gleich aussehende Ortsplättchen. Zur besseren Verdeutlichung des Ortsplättchen-Mechanismus legen wir außerdem das zugehörige Piktogramm-Plättchen an die vier Landschaftsfelder. Wir ziehen zufällig drei der Personenkarten. Jede/r Mitspieler/in bekommt eine Spielfarbe und eine Landschaftskarte vom gemischten Kartenstapel. Und los geht’s!

Spielablauf
Der oder die Startspieler/in bekommt das Startplättchen mit dem Ritter. Die aktuell gezogene Landschaftskarte gibt an, auf welche der fünf Landschaften wir drei Siedlungen bauen müssen: Gras, Wald, Canyon, Blumen oder Wüste. Auf die Wasser- und Bergfelder kann nicht gebaut werden. Bedingung beim Bauen der Siedlungen ist immer: Wer dran ist, baut drei Siedlungen auf die angegebene Landschaft und wenn möglich, dann müssen diese Siedlungen an schon bestehende eigene Siedlungen angebaut werden. Wenn ich eine Wüstenkarte besitze und eine meiner Siedlungen an ein Wüstenfeld angrenzend, dann muss ich meine Siedlung dorthin bauen. Ist dies nicht der Fall, dann kann ich meine Siedlungen auf ein beliebiges Wüstenfeld bauen. Bei jeder meiner drei zu bauenden Siedlungen muss ich diese Regel einhalten und auch bei meinen möglichen Sonderaktionen. Sonderaktionen erhalte ich, wenn ich eine Siedlung an eines der Ortsfelder, welche sich mindestens einmal auf jedem der vier Spielplanteile befinden, anlegen kann. Wenn nicht bereits die Mitspieler/innen alle dortigen Ortsplättchen abgegriffen haben, so nehme ich es und kann es ab der nächsten Runde zusätzlich zu meinen drei zu bauenden Siedlungen einsetzen. Von jedem Ort darf ich nur ein Plättchen an mich nehmen, von jedem Plättchen kann ich also maximal zwei gleiche besitzen. Löse ich die Bebauung an diese Ortsfelder wieder, so verliere ich auch das Ortsplättchen. Die Sonderaktionen der Ortsplättchen darf ich in beliebiger Reihenfolge vor oder nach den drei festen Siedlungen pro Runde einsetzen.

Folgende Sonderaktionen sind durch Ortsplättchen möglich:
Orakel: eine zusätzliche Siedlung auf ein Feld meiner gezogenen Landschaftskarte bauen
Farm: eine zusätzliche Siedlung auf ein Grasfeld bauen
Oase: eine zusätzliche Siedlung auf ein Wüstenfeld bauen
Turm: eine zusätzliche Siedlung auf eines der äußeren Spielfelder bauen
Taverne: eine zusätzliche Siedlung an eine Siedlungskette von mindestens drei Siedlungen bauen
Scheune: eine beliebige gebaute Siedlung auf ein Feld der gezogenen Landschaftskarte ziehen
Hafen: eine beliebige gebaute Siedlung auf ein Wasserfeld ziehen
Koppel: eine beliebige gebaute Siedlung in gerader Linie um zwei Felder verschieben (nur hier gilt nicht die Regel, dass immer wenn möglich angrenzend gebaut werden muss!)

Hat ein/e Spieler/in keine Siedlungen mehr zum Bauen, wird die angefangene Runde noch zu Ende gespielt, anschließend wird gewertet. Die anfangs gezogenen drei Personenkarten geben an, wofür es im aktuellen Spiel Punkte gibt. Beispielsweise für Siedlungen an Wasser- oder Bergfeldern, für Siedlungen in horizontaler oder diagonaler Linie oder für Siedlungsmehrheiten in Quadranten oder die meisten zusammenhängenden Siedlungen. Der/die Spieler/in mit den meisten Punkten hat wie immer gewonnen.

Gesamteindruck
Queen Games wird beim Einkauf des Spiels vor allem auf den Namen des Autors geachtet haben. Die Rechnung ist aufgegangen. Der Preis "Spiel des Jahres“ wird dem Verlag noch einmal guten Absatz einbringen. Zwar kann Kingdom Builder bei weitem nicht mit der Spieltiefe von Dominion konkurrieren und Siedlungsbau- und Setzspiele gab es auch vorher schon, trotzdem fühlt sich Vaccarinos Kingdom Builder neu, spritzig und aufregend an.

Die Diskussion über Kingdom Builder in der Spieleszene ist entweder überschwänglich oder ablehnend. Der Hauptkritikpunkt besteht meist darin, dass "einen das Spiel spielen würde“, da immer nur eine Karte nachgezogen wird und an dieser Stelle keine Auswahl bestehen würde. Sollte man beim Kartenziehen Pech haben, so könnte man kaum etwas dagegen machen. Das führte in einigen Runden zu der "Hausregel“, dass statt einer Karte einfach zwei gezogen werden, von denen sich der Spieler dann eine aussuchen darf. Überhaupt nicht nötig aus meiner Sicht.

Zwar kann man dem Spiel gewisse Glückskomponenten nicht absprechen, spielen tuen die uns jedoch nicht. Vielmehr haben die Spielenden durch geschicktes Einsetzen und Kombinieren der Sonderaktionen viele Möglichkeiten, dem Zufall und den Mitspielenden ein Schnippchen zu schlagen. Diese Möglichkeiten fallen nicht unbedingt gleich in der ersten Partie auf – eine zweite oder dritte Chance sollte man dem Spiel deshalb durchaus einräumen. Dies fällt vor allem deshalb nicht schwer, da man bei ca. 30-45 Minuten Spieldauer ruhig noch die ein oder andere Partie dranhängen kann. Begünstigt wird die Meinung über den Zufall als spieltragendes Element dadurch, dass man meist in den ersten Partien nicht genügend auf die ersten Einsetzfelder der Siedlungen achtet. Ein ungünstiges Feld im ersten Zug gewählt und anschließend zwei ungünstige Karten gezogen, und schon kann es vorbei sein mit den Spielmöglichkeiten. Frust bis zum Spielende und die Meinung, dass das Spiel die Spielenden gespielt hätte, sind meist die Folge – was dann fast auch zutreffen ist. Frühe Fehler bestraft das Spiel gnadenlos, geschicktes Einsetzen wird belohnt.

Wichtig sind bei Kingdom Builder vor allem zwei Dinge: Vorausschauendes Einsetzen in den ersten Zügen und möglichst schnelles Abgreifen von Sonderaktionsplättchen. Lässt man sich zu viele von den Sonderaktionen von den Mitspielenden wegschnappen, wird man kaum eine Chance haben das Spiel zu gewinnen. Durch sie können wir einerseits mehr Siedlungen aufs Spielfeld bringen und – aus meiner Sicht noch wichtiger – andererseits auf dem Spielfeld so agieren, dass ich beim Kartennachziehen keine böse Überraschung erlebe. Habe ich das berücksichtigt, kann mich auch eine Pechsträhne mit drei Wüstenkarten hintereinander nicht aus dem Rennen werfen.

Kingdom Builder bietet ein hohes Maß an Variation: Der Spielplan ist immer wieder anders aufgebaut und in jedem Spiel muss durch die neue Kombination der Punktebestimmungskarten und der zur Verfügung stehenden Sonderaktionsplättchen neu nach der besten Siegstrategie gesucht werden.

Dies eröffnet einen hohen Wiederspielreiz, der durch die grafische Gestaltung des Spielplans und der Karten von Oskar Schlemmer noch gefördert wird. Besonders gelungen finde ich die Idee, eine Blumen-Landschaft zu kreieren. In jedem anderen Spiel wären wahrscheinlich noch Ackerfelder oder ähnliches hinzugekommen, hier bauen wir auf Blumen. Und wunderschönen noch dazu. Einzig das Spielcover ist für meinen Geschmack ein wenig zu kitschig geworden. Bei dem romantischen, leicht ins fantasieartige gehende Motiv stelle ich mir zumindest doch etwas anderes vor als ein Siedlungsbau- und Setzspiel.

Um am Ende doch noch einen Kritikpunkt über das Spiel loszuwerden: Es wäre bestimmt nicht zu viel verlangt gewesen, wenn bei der Anzahl der Personenkarten von Autor oder Verlag noch ein wenig draufgelegt worden wäre. Drei neue Karten sind in der Erweiterung "Kingdom Builder: Nomaden“ enthalten. Die Zeitspanne, nach der die Erweiterung auf den Markt gebracht wurde, war nicht gerade sehr lang – ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Der nicht gerade geringe Preis von ca. 40 Euro trägt ebenfalls dazu bei.

Fazit
Das erste Spiel kann (muss aber nicht) frustrierend sein, weil sich das Kartennachziehen wie unverschämtes Glück oder eben Pech anfühlt. Nur eine Karte, nach der ich gezwungen bin, meine Siedlungen zu legen? Aus meiner Sicht trügt dies aber. Die Spielenden haben es bei geschicktem Setzen und mit taktischem Einsatz der Sonderaktionen durchaus selbst in der Hand, wie eingeschränkt oder eben nicht eingeschränkt sie ihre Siedlungen setzen können. Die doppelte Variabilität, zum einen der Spielplan, zum anderen das Spielziel, macht Kingdom Builder zu einem taktischen Spiel mit Langzeitspaß, der auch bei zwei Spieler/innen vorhanden ist. Die jeweils kurzen Spielzeiten von ca. 30-45 Minuten tragen ebenfalls dazu bei. Einziges Manko ist der Preis, der mit 40 Euro plus ziemlich hoch ist.



04. Oktober 2012 - (jd)

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