Rezension von ego Pictures


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise von HUCH & friends bereitgestellt wurde.)

Rezension

ego pictures
Bei Recherchen zur Rezension wurde ich damit überrascht, dass "ego pictures" schon zwei ältere Geschwister sein eigen nennen kann: ego (2008) und ego love (2010), beide ebenfalls im Huch & friends-Verlag erschienen. Beide sind in Rezensionen nicht gerade überschwänglich gefeiert worden – warum nun ein zweiter Ableger auf den Markt geworfen wurde, ist daher eher überraschend.

Thema und Ziel des Spieles
Ziel des Spiels ist es wie immer zu gewinnen – daneben nennt die Spielregel jedoch noch ein anderes wichtiges Ziel. Dieses wird in der Anleitung so trocken auf den Punkt gebracht, dass ich es niemandem vorenthalten möchte: "ego pictures bietet dir und deinen Mitspielern die Möglichkeit, einander unterhaltsam besser kennenzulernen. […] Zum Schluss deckt der Einzelspieler sein Plättchen auf. Das führt dann häufig zu einer angeregten Diskussion. Und darum geht es schließlich in erster Linie bei diesem Spiel."

Hey, warum auf atmosphärische Texte in den Spielregeln setzen – wird doch völlig überwertet! Warum nicht einfach den Spielenden die alternative Tristesse jenseits ihrer Spieletische vor Augen führen: Ohne unser Spiel würdet ihr nur rumsitzen und euch langweilen. Ihr hättet keinen Grund miteinander zu reden, aber wir unterhalten euch mit unserem tollen Spiel! Ich finde es ja ausgesprochen löblich, dass Huch & friends so sehr besorgt über unser zwischenmenschliches Beisammensein an Spieltischen ist und uns hier nun endlich die Möglichkeit geboten wird, die Ego-Tiefen unserer Mitspielenden zu ergründen, aber mal ganz ehrlich, solche Sätze sind absolute Lustkiller und haben in einer Spielregel nichts verloren.

Spiel-Vorbereitungen
Die Bildmotivkarten werden den Zahlen nach geordnet und jeweils eine von den sechs gebildeten Stapeln wird in die Mitte des Tisches gelegt. Die vier Aufgaben- und Begriffkarten werden bereitgelegt. Jede/r erhält Zahlenchips von 1 bis 6.

Spielablauf
Der/die Spieler/in, die dran ist, deckt die oberste der vier Aufgabenkarten auf und stellt die Spielenden vor eine der folgenden vier Aufgaben:

1. Welche beiden der ausgelegten Bildmotive passen zusammen?
2. Welches der Bildmotive passt am besten zu einem bestimmten Begriff?
3. Welcher Begriff passt am besten zu einem bestimmten Bild?
4. Welches der Bilder passt am besten zu der/m aktuellen Spieler/in?

Da Punkte nach der Übereinstimmung mit der Wahl des aktuellen Spielers vergeben werden, reicht es nicht, seiner eigenen Sicht der Dinge auf die Welt Ausdruck zu verleihen. Vielmehr gilt es zu erraten, wie der/die aktuelle Spieler/in antworten würde. Verdeckt tippen wir mit Hilfe der Zahlenchips, was der/die Spieler/in für eine Antwort geben wird. Stimmen wir mit ihm überein, so erhalten wir beide dafür einen Punkt. Stimmt der aktuelle Spieler aber mit niemandem aus der Runde überein, so erhalten diejenigen aus der Runde einen Punkt, die eine übereinstimmende Antwort gegeben haben. [Achtung, nicht vergessen: Laut Spielanleitung führt dies "häufig zu einer angeregten Diskussion!"] Sieger/in ist, wer als Erster das Zielfeld erreicht.

Gesamteindruck
ego pictures erinnert stark an Knowing me knowing you. Vor Jahren schrieb ich im Bewertungskommentar: "Langweilig ohne Ende, denn wen interessiert es schon, wen man in der Spielrunde am "besten kennt"?! Bei Familienspielrunden gibt es nur Enttäuschung (Oh Gott, eigentlich kennen wir uns ja gar nicht), bei Spielrunden in denen man die Spieler nicht sehr gut kennt ebenfalls grottig, denn dann muss sich ständig irgendwas ausgedacht werden."

Diese damalige Bewertung trifft auch auf ego pictures zu, dem muss aber noch folgenes hinzugefügt werden: Die Materialqualität und das Design sind unterirdisch. Schon nach wenigen Runden zeigen die Zahlenchips erste Abnutzungserscheinungen. Die Spielfiguren hielt ich lange Zeit für Weltmeerdampfer, die der Verlag aus einer anderen Spielproduktion übernommen hat. Meine Freundin belehrte mich eines Besseren, es würde sich um Kameras handeln (Danke an dieser Stelle dafür!). Okay, die Überwachungskameras erkannte ich dann plötzlich auch. Erst sehr viel später fand ich heraus, dass sie gar keine Überwachungskameras meinte, sondern stinknormale Fotokameras – die habe ich tatsächlich bis heute nicht in meiner Spielfigur erkennen können... Darüber hinaus ist auch das Spieldesign nicht wirklich ansprechend gestaltet – ich hatte tatsächlich Mühe, das Spiel an Spieleabenden überhaupt auf den Tisch zu bekommen. Hinzu kommt, dass die Fotomotive einfach nicht wirklich anregend sind. Dies könnte aber auch einfach nur daran liegen, dass alle in einen roten Designrand eingezwängt wurden. Die Fotos besitzen bestimmt keine schlechte Qualität (die meisten wurden von Mitgliedern des Fotoclubs Troisdorf geschossen), aber irgendwie fehlt ihnen das gewisse Etwas.

Recht schnell zwängt sich der Verdacht auf, dass man hier auf der Dixit-Erfolgswelle mitsurfen wollte. Im Grunde besitzt ego pictures das gleiche Prinzip: Zwei verschiedene Dinge werden mit einander verknüpft, wobei die Mitspielenden tippen müssen, was meine eigene Verknüpfung ist – dafür erhalten wir Punkte. So fantastisch es war, sich von den phantasievollen Bilderkarten von Dixit in Bann ziehen zu lassen und sich kreative Begriffe oder Sätze zu den Bildern auszudenken, so langweilig ist es, sich hier zu überlegen, welches der Fotomotive meine Mitspielerin beispielsweise mit dem Begriff "Langeweile" verbindet. Weder mit engen Freunden, noch mit lockeren Bekanntschaften macht dies Spaß, bei Letzteren kann man eigentlich sowieso nur das tippen, was man selber auch nehmen würde – woher sollte man schließlich wissen, was sie mit den gefragten Begriffen und Bilder verbinden? Ärgerlich ist auch, dass am Ende einer Aufgabe immer nur eine Fotokarte wieder ausgetauscht wird – die Kartenauslage ändert sich dementsprechend nur langsam und ist nicht sehr abwechslungsreich.

Die Möglichkeit Punkt zu erhalten, sind reines Lotteriespiel. Hat der aktuelle Spieler Pech, dann wollen Begriffe und Fotokarten einfach nicht zusammenpassen, hat er Glück, dann passiert es just, dass bspw. der Begriff "Vertrauen" ausgewählt wird und zufälligerweise vielleicht auch das Fotomotiv "Babyvogel in zwei schützenden Händen" ausliegt. Derjenige wird ohne großes Federlesen ordentlich Punkte einfahren. Nicht einmal rechnerisch sind die vier Aufgaben ausgeglichen: Bei drei Aufgaben sind die Chancen rein rechnerisch eins zu sechs, dass man richtig liegt, bei der Aufgabe dagegen, bei der zwei Bilder einander zugeordnet werden müssen, sind die Chancen nur eins zu fünf. Aber (!) - wie wir der Spielregel entnehmen konnten, geht es ja vor allem darum, meine Mitspielenden kennen zu lernen und ins Gespräch zu kommen, wer fragt da schon nach Punkten!?

Ich muss gestehen, dass ich bei keinem anderen Spiel in letzter Zeit so sehr darauf geachtet habe, dass auch ja alle meine Mitspielenden ihre Punkte bekamen – schließlich ist ego pictures ja erst zu Ende, wenn jemand im Ziel angekommen ist.

Fazit
ego pictures ist mehr als überflüssig. Weder in Spielerunden mit guten Bekannten, noch mit eher Unbekannten kann es überzeugen – schnell regiert Langeweile das Geschehen. Das Material lässt zu wünschen übrig und auch in das Design hätte mehr Liebe gesteckt werden können. Wer seine Mitspieler wirklich kennen lernen und dabei auch noch Spaß haben möchte, der greife lieber zu Dixit!



22. Mai 2013 - (jd)

Rezensionsbilder