Rezension von Die Zwerge


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise von Pegasus Spiele bereitgestellt wurde.)

Rezension

Ersteindruck
Spiele zu literarischen Werken sind nicht erst seit "Der Herr der Ringe" ein lohnendes Geschäft. Das kooperative Spiel "Die Zwerge" vom Pegasus Verlag basiert auf dem gleichnamigen Roman von Markus Heitz, was schon das identische Covermotiv deutlich macht. Kenner des Romans (oder der ganzen Romanreihe) finden sich zwischen Tungdil Goldhand, Toboribor, Albae und den diversen Toren naturgemäß schnell heimig. Aber auch Spieler, die die Romane nicht kennen, brauchen keine Angst haben – für das eigentliche Spiel ist keinerlei Vorkenntnis notwendig.

Das Spielmaterial ist in jeglicher Hinsicht im guten Bereich anzusiedeln: die Karten sind hübsch illustriert, das Spielbrett ist übersichtlich (wenn auch etwas farbarm), die Marker stabil und die mitgelieferten 5 Zwergenminiaturen detailverliebt. Die Anleitung ist gut strukturiert – die überschaubare Regelmenge innerhalb einer Partie verinnerlicht.

Thema & Ziel des Spiels
Wie schon erwähnt handelt das Spiel vom gleichnamigen Roman, der als Hauptcharaktere die Zwerge und deren Lebensweise näher beleuchtet. Im Spiel schlüpfen die Spieler nun in die Rollen der Zwerge und versuchen gemeinsam das Eindringen der Bösen (Orks, Trolle, Albae) ins Geborgene Land zu stoppen. Wenn es den Spielern gelingt die Feuerkling zu schmieden, haben sie gewonnen.

Spiel-Vorbereitungen
Jeder Spieler verkörpert einen Zwerg und erhält die entsprechende Charaktertafel samt Zwergenminiatur. Das rote Herz als Lebensmarker platziert der Spieler auf der höchsten Zahl seiner Lebensleiste. Die Spielfigur wird auf ihr angegebenes Startfeld gestellt.

Der Spielplan kommt in die Tischmitte. Helden- und Untergangsmarker werden auf den gegenüberliegenden Enden der Untergangsleiste, der Ratsmarker auf der "Rat der Zwerge"-Leiste platziert. Die Armeemarker und Spielwürfel, die Plättchen "Totes Land" (gemischt und verdeckt) sowie die Restlichen Plättchen werden bereit gelegt.

Die 4 Kartentypen werden getrennt sortiert und gemischt. Je nach Schwierigkeitsgrad können aus den Szenariokarten entsprechend viele Aufgaben entfernt werden.

Spielablauf
Das Spiel geht reihum. Jeder Spieler führt folgende 3 Phasen durch:
  • Heldenmarker weiterziehen: Der Heldenmarker wird auf der Untergangsleiste um ein Feld weiter gezogen. Je nach abgebildetem Symbol wird die "Rat der Zwerge"-Leiste verändert, es kommen 2 Bedrohungskarten in den Abenteuerstapel oder es gelangen neue Armeen aufs Spielfeld.
  • Neue Karten aufdecken: In dieser Phase wird, falls keine aufgedeckt ist, eine Szenariokarte aufgedeckt. Ggf. auftretende Bedrohungen werden direkt abgehandelt. Liegen weniger als 3 Abenteuerkarten aus, wird diese Reihe auf 3 Karten aufgefüllt.
  • 2 Aktionen durchführen: Die Spieler können aus folgenden 4 Aktionen wählen, die sie beliebig (auch doppelt) ausführen können: Bewegen (Bewege den Zwerg anhand des Laufwerts und einem Würfelwurf entsprechend viele Felder), Bekämpfe Armeen (hier kommt der Kampfwert und die Kampfwürfel ins Spiel), Bewege den "Rat der Zwerge"-Marker (der Vor- & Nachteile im Spiel bringen kann) oder Bestehe eine Probe (auch hier: Fähigkeitswert + Würfelwurf).

Wenn unter Punkt 1 neue Armeen auf das Spielfeld gelangen, wirft der aktive Spieler alle 3 Rekrutierungswürfel und nimmt sich entsprechend viele Armeen (Ork, Troll, Albae), die über das angegebene Tor das Spielfeld betreten. Wenn sich zu einem beliebigen Zeitpunkt 5 oder mehr Armeen auf einem Feld befinden, verwandelt sich dieses Feld in "Totes Land", d.h. auf dieses Spielfeld wird (nach dem Pfeil ausgerichtet) ein neugezogenes Plättchen "Totes Land" gelegt. Je nach Aufdruck bewegen sich nun die Armeen auf angrenzende Spielfelder (wo natürlich wieder die "5 Armeen"-Regel gilt). So füllt sich nach und nach das Spielfeld mit den Plättchen "Totes Land".

Durch das Erfüllen der Aufträge erhalten die Spieler verbesserte Fähigkeiten und neue Ausrüstung. Wenn die letzte Aufgabe (Kategorie "C") erfüllt ist, haben die Spieler das Spiel gewonnen. Wenn ein Zwerg stirbt oder die Helden- und Untergangsmarker aufeinandertreffen, verlieren die Spieler gemeinsam das Spiel.

Fazit
Kooperative Spiele sind so eine Sache: Sie müssen die Spieler derart motivieren, dass bei einer Niederlage aller Spieler nicht der Frust sondern die Lust auf ein "Wir machen’s besser" überwiegt. Gleichzeitig darf das Spiel nicht so leicht sein, dass keinerlei Herausforderung besteht, das Spiel zu gewinnen. Gerade bei einem Spiel wie "Die Zwerge", welches stark auf dem Auswürfeln von Proben (Fähigkeitsprobe, Kampfprobe, Laufweite, Ratsleiste) besteht, ist dieser Spagat oft schwer zu erreichen. Um es vorweg zu nehmen, "Die Zwerge" macht seine Sache relativ gut, wobei der Schwierigkeitsgrad auch in der Anzahl der Spieler besteht. Während der Heldenmarker bei jedem Spieler um ein Feld vorgerückt wird (und somit die Summe der Aktionen aller Spieler gleichbleibt) sind einige Aufgaben je nach Spielerzahl unterschiedlich schwer zu erreichen. Bei 2 Spielern bindet die Aufgabe, 2 Charaktere gleichzeitig auf ein Feld zu bringen, sämtliche Aktionen der Spieler – bei 4 Spielern hingegen können die beiden "übrigen" Spieler z.B. noch gegen Armeen kämpfen. Auch die Zusammenstellung der Zwerge kann bei 2 Spielern aufgrund der teils starken Spezialisierung der Zwerge zu höchst unterschiedlichen Schwierigkeiten führen. Die wenigen Lebenspunkte sind bei 2 Spielern schneller aufgebraucht als bei deren vier. Insgesamt hatte ich das Gefühl, dass das Spiel etwas leichter wird, je mehr Spieler beteiligt sind.

Positiv (und in meinen Augen neu) ist die Mechanik des "Toten Landes" und der Bewegung der feindlichen Armeen. Die Mechanik zum Verteilen und Bewegen der Armeen durch die unterschiedlichen Plättchen finde ich sehr gelungen und elegant (auch wenn sie anfangs etwas verwirrend klingen mag).

"Die Zwerge" setzt stark auf das Auswürfeln von Proben. Quasi jeglicher Aspekt wird in gewisser Hinsicht durch die Würfel (mit-)bestimmt. Dies macht das Spiel natürlich äußerst glückslastig, wenngleich es schon eine höhere Anzahl an "Fehlwürfel" benötigt, um das Spiel nur aufgrund dieses Glückselements zu verlieren. Man kann zwar durch misslungene Proben ein Spiel verlieren, ohne strategische Planung (Welcher Zwerg macht was?) wird man es aber nicht gewinnen können. Und je höher man den Schwierigkeitsgrad wählt, desto eher fallen Fehlwürfe ins Gewicht.

Die Qualität des Spielmaterials ist durchweg gelungen – lediglich ein paar wenige Kartentexte sind etwas mehrdeutig formuliert und bieten Anlass zu Diskussionen. Wie bereits erwähnt ist die Kenntnis der Bücher nicht notwendig um das Spiel zu spielen, sie hilft in meinen Augen aber, mehr ins Spiel einzutauchen. Wer die ganzen Zwergen- & Ortsnamen bzw. Buchzitate nicht einordnen kann, sieht sich einem recht austauschbaren Szenario gegenüber.

"Die Zwerge" ist eher für Familien oder Spielgruppen geeignet, die ein gemeinsames Spielerlebnis suchen. Die Anpassung des Schwierigkeitsgrades durch die Manipulation des Aufgabenstapels ist vorhanden – hier hätte ich mir aber etwas mehr Abwechslung gewünscht, da ein Großteil der Aufgaben in jeder Partie identisch ist. Unabhängig davon bietet "Die Zwerge" ein solides kooperatives Spielerlebnis mit mittlerer Einstiegs- und Komplexitätshürde. Das "Tote Land" bietet einen neuen und sehr interessanten Mechanismus – auf lange Sicht bietet das Spiel aber recht wenig Abwechslung. Die Spieldauer einer Partie ist mit ca. 90 Minuten überschaubar – die schnellen Spielzüge sorgen zusätzlich für kurze Wartezeiten und wenig Leerlauf. "Die Zwerge" ist ein Spiel, welches sich außer durch die neue Spielmechanik allerdings nicht großartig von anderen kooperativen Spielen abheben kann. Kenner der Buchreihe dürften an diesem Spiel aber vermutlich etwas längerfristig Spaß und Herausforderung finden. Kurz gefasst ist das Spiel wie ein Zwerg selbst (auch wenn dieses Zitat aus einer anderen verfilmten literarischen Vorlage stammt): "Sie sind keine Langstreckenläufer sondern Sprinter, äußerst gefährlich über kürzere Distanzen."



10. April 2013 - (tp)

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