Rezension von Condottiere


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise vom Heidelberger Spieleverlag bereitgestellt wurde.)

Rezension

Ersteindruck
Das Cover von Condottiere stimmt gut auf das Spiel ein. Ein Anführer einer Söldnerarmee reitet in die Schlacht. Die Verpackung ist sehr kompakt - umso erstaunter war ich darüber, was man darin doch alles findet (erwartet hatte ich ein reines Kartenspiel): 1 Spielbrett, 36 kleine Holzquader, 2 Holz-Spielsteine und natürlich 110 Karten. Doch recht üppiges und schönes Spielmaterial für ein Kartenspiel.

Die Anleitung ist mit 20 Seiten recht lang und wirkt kompliziert. Letztendlich beschränken sich die Regeln aber auf 7 Seiten + 5 Seiten Kartenerklärungen. Am Ende der Anleitung finden sich noch diverse Regelvarianten. Die Regeln an sich sind gut und eindeutig erklärt, der Spielablauf wirkt auf den ersten Blick etwas abstrakt.

Thema & Ziel des Spiels
Condottieri, Anführer italienischer Söldnerarmeen im Zeitalter der Renaissance, kämpfen um die Vorherrschaft in Italien, dass in diverse Kleinstaaten zersplittert ist. Die Kämpfe werden durch Auslegen von Schlachtreihen ausgespielt - derjenige, dessen Schlachtreihe die größte Stärke besitzt, gewinnt die Schlacht. Wer (je nach Spielerzahl) eine bestimmte Anzahl an Gebieten bzw. an zusammenhängenden Gebieten erobert hat, gewinnt das Spiel.

Spiel-Vorbereitungen
Das Spielbrett in die Tischmitte legen und die Karten gut mischen. Jeder Spieler erhält die hölzernen Spielsteine in seiner Farbe sowie 10 Karten (verdeckt). Der jüngste Spieler setzt den Condottiere-Spielstein auf ein beliebiges Feld auf dem Spielbrett, um das die erste Schlacht gekämpft wird. Der Papst-Spielstein wird zunächst beiseite gelegt.

Spielablauf
Das Spiel besteht aus diversen Spielrunden, die wiederum in mehrere Schlachten unterteilt sein können. In jeder Schlacht beginnt der Spieler, der den Condottiere-Spielstein gesetzt hat, mit dem Ausspielen einer Karte. Nun legt jeder Spieler reihum eine seiner Handkarten ab und führt ggf. spezielle Aktionen aus. Jeder Spieler kann sich zu jeder Zeit auch entscheiden, nicht weiter an dieser Schlacht teilzunehmen. Eine Schlacht endet, wenn alle Spieler keine weiteren Karten legen wollen oder können. Eine Spielrunde endet, wenn nach dem Ende einer Schlacht nur noch 1 Spieler Karten auf der Hand hat.

Die Schlacht:
Nach dem Ausspielen einer Karte, zählt der Spieler die nun vor ihm liegenden Stärkepunkte zusammen und verkündet diese. Die Stärkepunkte seiner Schlachtreihe können sich durch das Ausspielen von Karten auch dann ändern, wenn er nicht an der Reihe ist. Will kein Spieler mehr Karten ausspielen, gewinnt die Schlacht derjenige, der die höchste Gesamtstärke besitzt. Gibt es einen Sieger, setzt dieser einen seiner Spielsteine auf die umkämpfte Region - bei Gleichstand wird kein Spielstein gesetzt. Den Condottiere-Spielstein erhält der Spieler, der in der Schlacht die meisten Kurtisanen ausgespielt hat - bei Gleichstand oder, wenn keine Kurtisanen gespielt wurden, der Gewinner der Schlacht. Gab es keinen, erhält der Spieler zur linken des letzten Condottiere den Stein. Diese setzt nun den Condottire in eine neue Region und die Schlacht beginnt von vorne - die gespielten Karten werden abgelegt.

Die Spielrunde:
Hat nach einer Schlacht nur noch 1 Spieler Karten auf der Hand, muss dieser seine Karten ablegen (2 darf er behalten) und jeder Spieler erhält 10 neue Karten (+ 1 Karte für jede eroberte Region). Erst jetzt beginnt die nächste Schlacht.

Die Karten
  • Söldner: Söldner tragen lediglich zur Gesamtstärke der Schlachtreihe bei (Stärken von 1 bis 10). Sie haben keine Spezialfähigkeiten
  • Winter: Alle ausliegenden Frühlingskarten werden entfernt. Jeder Söldner hat nun nur noch eine Stärke von 1.
  • Frühling: Alle ausliegenden Winterkarten werden entfernt. Die höchste(n) ausliegende(n) Söldnerkarte(n) erhalten nun einen Bonus von +3 auf ihre Stärke.
  • Bischof: Die höchste(n) ausliegende(n) Söldnerkarte(n) wird/werden entfernt. Der Spieler erhält den Papst-Spielstein und platziert diesen auf einem freien Feld des Spielbretts. In dieser Region kann keine Schlacht stattfinden.
  • Heldin: Die Heldin besitzt eine Stärke von 10, wird aber im Gegensatz zu den Söldnern nicht von Spezialkarten beeinflusst.
  • Kapitulation: Die Schlacht endet sofort!
  • Kurtisane: Hat eine Stärke von 1 und wird zur Bestimmung des nächsten Condottiere-Spielers verwendet.
  • Trommler: Verdoppelt die aufgedruckte Stärke der Schlachtreihe.
  • Vogelscheuche: Erlaubt es dem Spieler eine ausgespielte Karte zurück auf die Hand zu nehmen.


Der Sieg Wer 5 (bei 4-6 Spielern) bzw. 6 (bei 2-3 Spielern) Regionen erobert hat, gewinnt das Spiel. Es gewinnt weiterhin das Spiel, wer 3 (bei 4-6 Spielern) bzw. 4 (bei 2-3 Spielern) aneinandergrenzende Regionen erobert hat.

In der Anleitung sind noch diverse Spielvarianten beschrieben, die in dieser Rezension nicht näher betrachtet wurden, die aber die eine oder andere neue strategische Seite einbringen und die durchaus eine Partie wert sind.

Fazit
Nach dem Lesen der Anleitung war ich etwas skeptisch Condottiere gegenüber, schien der Ablauf doch recht langweilig. Jeder spielt abwechselnd eine Karte aus, zählt seine Punkte zusammen und wenn alle verzichten gewinnt derjenige mit der höchsten Punktzahl. Dafür gibt es einen Stein auf einer Italien-Karten und alles geht von vorne los. Zum Glück ich bin quasi gezwungen die Spiele auch zu spielen, denn sonst hätte ich Conodottiere vermutlich nicht gespielt. Wie gesagt, zum Glück, denn ansonsten wäre mir ein sehr interessantes und kurzweiliges Spiel entgangen, denn das ist Condottiere definitiv.

Das Spielmaterial ist für die kleine Schachtel wirklich mehr als reichlich und auch qualitativ sehr schön. Die Spielkarten liegen gut in der Hand, das kleine Spielbrett ist zwar schlicht aber zweckmäßig und die Holz-Spielmaterialien für eine Packung dieser Größe ungewöhnlich. Die Karten sind sehr stimmungsvoll illustriert und passen sehr gut zum Thema.

Nun zum eigentlichen Spiel: Man benötigt schon 3 bis 4 Schlachten, um hinter die Abläufe von Condottiere zu kommen. Wann spiele ich welche Karten? Welche Vor- & Nachteile ergeben sich durch das Ausspielen welcher Karte? Condottiere ist strategischer als es auf den ersten Blick scheint. Es will wohl überlegt sein, wann man seine Karten ausspielt. Eine hohe Söldnerkarte bringt zwar Stärke, erhöht aber auch die Gefahr, diese durch die Bischofkarte entfernt zu bekommen. Winter- und Frühlingskarten neutralisieren sich gegenseitig und die Vorteile eines Frühlings können schnell dahin sein. Die Vogelscheuche bringt einem Spieler etwas wichtiges, was man nicht unterschätzen sollte: Zeit. Durch das Zurücknehmen einer Karte auf die Hand werden die anderen Spieler dazu gezwungen, weitere Karten zu spielen (oder aufzuhören) - und man selbst gewinnt eine Runde um einzuschätzen, was die richtige Taktik sein könnte. Natürlich kann man so auch den Verlust verlorener Schlachten reduzieren. Weiterhin muss wohl überlegt sein, wann man sich aus einer (ggf. verlorenen) Schlacht zurückzieht. Haben die Mitspieler nur wenige Karten, kann eine volle Kartenhand von Vorteil sein. Doch wenn man am Ende nur noch alleine Karten hat, war alle Zurückhaltung vergebens, denn dann folgt eine neue Runde mit neuen Karten.

Ein weiterer Faktor beim Spielen ist das Bluffen. Die Mitspieler müssen immer im Unklaren sein, was man noch auf der Hand hat und ein vermeintlicher Rückzug (mit Vogelscheuchen) kann in einem überraschenden Angriff enden. Zeitweise erinnert Condottiere an Poker: Spiele ich alle meine Trümpfe aus, oder warte ich ab.

Neben all diesen taktischen Überlegungen ist man bei Condottiere aber natürlich auch stark vom Glück der gezogenen Karten abhängig. Wer nur niedrige Söldnerkarten zieht, wird es schwer haben, eine Schlacht zu gewinnen - dieser Spieler muss nun versuchen, die Mitspieler dazu zu "zwingen" möglichst viele Karten in der Schlacht auszuspielen, damit die Spielrunde möglichst schnell beendet wird und es neue Karten gibt. Im Gegenzug ist man mit einer Kartehand die (fast) nur aus Söldnern besteht, auch sehr stark den Gemeinheiten der Mitspieler ausgeliefert. Doch trotz allem, wirkte das Spiel nie unfair.

Kleiner Kritikpunkt zum Schluss: In den ersten Spielrunden vermisst man eine Art Spielhilfe, welche Karte was bewirkt, da auf den Karten keinerlei Hilfen aufgedruckt sind. Ein Problem, was aber mit jeder Spielrunde geringer wird. Condottiere ist mit aktuell unter 20 Euro gerade noch recht fair bepreist und man erhält ein faszinierendes strategisches Kartenspiel, das einen sehr hohen Wiederspielwert besitzt. Es ist zwar auch mit den angegebenen 2 Spielern spielbar, für vollen Spielgenuss sollten sich aber mindestens 3 Spieler, besser 4 Spieler zusammenfinden.



08. Oktober 2007 - (tp)

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