Rezension von Pathfinder Abenteuerkartenspiel: Unter Piraten - Grundbox


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise vom Heidelberger Spieleverlag bereitgestellt wurde.)

Rezension

Spielziel von "Pathfinder Abenteuerkartenspiel: Unter Piraten - Grundbox"
Ihr habt euch in der Nähe eines großen Archipels voller gesetzloser Piratenhäfen - genannt die Fesseln - ein eigenes Schiff gekapert. In verschiedenen Abenteuern müsst ihr nun gemeinsam gegen Piraten, Schurken und Ungeheuer antreten und die gefährlichen Bösewichte in die Enge treiben, um diese schließlich besiegen zu können.

Spielvorbereitung
Jeder Spieler sucht sich einen aus den sieben vorgegeben Charakteren aus und stellt ein entsprechendes Kartendeck zusammen (oder nimmt den Vorschlag aus der Spielanleitung). Ein Charakterdeck besteht anfangs aus 15 Karten. Wie viele von jeder Art darin vorkommen dürfen, wird durch den gewählten Charakter bestimmt. So kann sich jeder Waffen, Rüstungen, Gegenstände, Zauber, Verbündete und Segen aus den noch nicht allzu starken "Standard"-Karten aussuchen.

Dann suchen sich die Spieler ein "Abenteuer" aus. Ein Abenteuer besteht aus mehreren "Szenarien". In der Grundbox sind bereits zwei Abenteuer enthalten, weitere können erworben werden. Anschließend stellt man die Orte zusammen, die auf dem jeweiligen Szenario angegeben sind. Jeder Ort hat danach ein eigenes Ortsdeck aus zehn Karten. In jedem Ort können unterschiedlich viele Monster, Hindernisse, aber auch Waffen, Rüstungen, Gegenstände, Zauber, Verbündete und Segen versteckt sein. Zusätzlich befindet sich darunter jeweils ein "Scherge" oder ein "Bösewicht". Diese gilt es auszuschalten. Außerdem hat jeder Ort unterschiedliche Bedingungen, die beachtet werden müssen.

Dann wird noch ein "Segensdeck" aus 30 Karten zusammengestellt. Dieses ist sozusagen die "tickende Uhr" und ein Spiel besteht immer aus maximal 30 Spielzügen (egal wie viele Spieler teilnehmen). Die Würfel werden bereitgelegt (1W4 bis 1W12).

Die Gruppe besitzt auch immer ein eigenes Schiff, welches sich je nach Szenario entweder auf See, oder an einem Ort vor Anker befindet.

Die Spieler ziehen die vergebene Anzahl Karten von ihrem Charakterdeck und entscheiden an welchem Ort sie beginnen wollen.

Spielablauf
Gespielt wird reihum. Der Spieler deckt zunächst vom Segensdeck die oberste Karte auf. Anschließend darf man eine Charakterkarte an einen Spieler am selben Ort weitergeben. Dann kann man sich an einen anderen Ort bewegen. Nun führt der Spieler an seinem Ort genau eine Erkundung durch, indem er die oberste Ortskarte aufdeckt. Dies kann nun eine "Bedrohung" sein (Monster, Hindernis, Scherge, Bösewicht) oder eine "Unterstützung" (Waffe, Rüstung, Gegenstand, Zauber, Verbündeter, Segen). Bedrohungen müssen überwunden, bzw. bekämpft werden. Hierzu sind entsprechende Fertigkeiten auf der Karte und ein Wert angeben. Der Spieler wählt nun eine dieser Fertigkeiten aus. Meist ist das diejenige, die sein Charakter am besten davon kann. Er nimmt sich den auf seiner Charakterkarte angegeben Würfel. Zusätzlich kann er passende Karten von der Hand ausspielen, um Boni oder mehr Würfel zu erhalten. Unter bestimmten Voraussetzungen dürfen auch Mitspieler Karten ausspielen, welche ihm helfen. Er wirft alle Würfel, addiert alle Boni und vergleicht sein Ergebnis mit dem geforderten Wert auf der Karte. Ist dieser gleich oder höher, hat er die Bedrohung überstanden. Um eine Unterstützung zu bekommen wird ähnlich vorgegangen. Bei Erfolg darf der Spieler die entsprechende Karte auf die Hand nehmen.

Dies ist nur eine grundsätzliche Zusammenfassung, wie man mit Begegnungen umgeht. Meist sind dabei noch viel mehr Dinge zu beachten, wie beispielsweise Kartentexte und Ortsanweisungen. Wird eine Bedrohung nicht überwunden, muss der Spieler Karten von der Hand abwerfen.

Überwindet man einen Schergen oder befinden sich keine Karten mehr im Ortsdeck kann der Spieler versuchen den Ort zu schließen. Hierzu muss man die Anweisungen auf der Ortskarte erfüllen. Dies ist wichtig um das Spiel zu gewinnen. Begegnet man nämlich dem Bösewicht und überwindet diesen, flieht dieser sofort an einen anderen nicht geschlossenen Ort.

Am Ende des Zuges werden die Handkarten vom Charakterdeck aufgefrischt. Kann ein Spieler keine Karten mehr ziehen, stirbt sein Charakter.

Um das Szenario zu gewinnen muss die Gruppe das Szenarioziel erreichen oder alle Orte schließen und dann den Bösewicht überwinden.

Die Gruppe hat gemeinsam das Szenario verloren, wenn alle Charaktere gestorben sind oder ein Charakter keine Karte mehr vom Segensdeck aufdecken kann.

Charakterentwicklung
Die Gruppe erhält nach einem gewonnen Szenario die entsprechende Belohnung. Diese und während des Spieles gefundene Waffen, Rüstungen, Gegenstände, Zauber, Verbündete und Segen dürfen die Spieler bei Erfolg behalten und untereinander tauschen. Allerdings müssen sie danach auch Karten abwerfen, damit die Limits für den eigenen Charakter nicht überschritten werden. Somit kommen stärkere Karten in das persönliche Deck und der Charakter wird noch individueller und besser. Das Charakterdeck behält man und kann es dann im nächsten Szenario verwenden. Am Ende eines Abenteuers erhält man meist einen Talentpunkt, mit welchem man weitere Vorteile nach eigenem Belieben auf seiner Charakterkarte ankreuzen kann, die dann permanent gelten.

Gesamteindruck
Die Spielschachtel von "Pathfinder Abenteuerkartenspiel: Unter Piraten" (PAKS) ist groß – sehr groß. Sie enthält neben über 500 Karten und 5 Würfeln auch sehr viel Platz. Spielt man nur mit der Grundbox, ist das zu viel. Besitzt man allerdings alle Abenteuer können diese perfekt in die Grundbox einsortiert werden. Der gut durchdachte Einsatz erleichtert die Sortierung und ist damit auch sehr hilfreich beim Vorbereiten des Spiels.

Leider ist die Spielanleitung ein Graus. Sie ist unstrukturiert und es ist sehr mühselig aus dem vielen Text die eigentlichen Regeln herauszulesen. Außerdem wird man mit vielen unterschiedlichen Begriffen konfrontiert, die nicht immer gleich eindeutig sind. Beispiele findet man nur wenige. Unter PAKS-Unter Piraten- Kurzanleitung haben wir deshalb für unsere Spiele-Check-Leser eine Kurzanleitung erstellt. Die spielbaren Charaktere sind sehr unterschiedlich und es sollte für jeden Spieler einer dabei sein, der seinem Geschmack entspricht. Jeder Charakter hat andere Schwerpunkte und erfordert somit auch unterschiedliche Spielweisen. Gerne möchte man auch mal einen anderen Charakter ausprobieren, was den Wiederspielreiz enorm erhöht. Dies wird zusätzlich durch die unterschiedliche Charakterentwicklung unterstützt. Das ist auch einer der ganz großen Anreize von PAKS. Der Charakter lebt förmlich und entwickelt sich von Spiel zu Spiel weiter. Man identifiziert sich mit ihm, mit all seinen Stärken und Schwächen – einfach toll!

Schon vor dem eigentlichen Spiel beschäftigen sich die Spieler mit ihrem Charakter. Sie schauen sich seine Fertigkeiten an und stellen das individuelle Charakterdeck zusammen. Das macht schon viel Spaß und man lernt seinen Charakter kennen.

Die beiden Abenteuer in der Grundbox mit ihren insgesamt 10 Szenarien sorgen bereits für ausreichend Abwechslung. Dadurch, dass die Orte eines Szenarios immer wieder zufällig zusammengestellt werden und man somit immer unterschiedlichen Monstern, Hindernissen, usw. begegnet, lassen sich diese gut wiederholen. Die Geschichten auf den Abenteuer-, Szenario- und Ortstexten werden bei uns immer vorgelesen, geraten aber während des Spielens eher in den Hintergrund. Trotzdem kommt immer Atmosphäre auf. Dazu tragen auch die Grafiken und Bilder auf den Karten bei. Wir fühlten uns wie echte Abenteurer. Die einzelnen Szenarios und Orte sind dabei sehr unterschiedlich und abwechslungsreich.

Neu bei "Unter Piraten" ist, dass die Gruppe nun auch ein Schiff mit sich führt. Das passt natürlich sehr gut zu dem Piratenthema und ist auch entsprechend in die Abenteuer eingebaut. Allerdings verkompliziert es auch etwas die Regeln und die Integration des Schiffes ist nicht immer logisch (Kommando wechselt mit dem aktiven Spieler, etc.).

PAKS ist wesentlich interaktiver als man zunächst vermuten könnte. Oft sind die Charaktere an unterschiedlichen Orten, um diese alleine zu erkunden. Dennoch ist auch hierfür ein hohes Maß an Abstimmung und Planung erforderlich. Wer geht am sinnvollsten wo hin? Wer macht was? Wer kann wen und wie unterstützen? Oft müssen die Züge genau aufeinander abgestimmt werden. Mit gut ausgerüsteten Charakteren, als eingespieltes Team und mit dem Wissen über die Vor- und Nachteile eines Szenarios sind diese nicht allzu schwer zu meistern. Das Glück spielt natürlich auch eine Rolle, kann aber ganz gut beherrscht werden. Die Würfelwürfe für eine Begegnung können teilweise mit Handkarten vorbereitet und verbessert werden. Am schwierigsten wird es, wenn alle Schergen und der Bösewicht ganz unten in den Ortsdecks liegen. Dann läuft die Zeit davon und man verbraucht seine Ausrüstung (und eventuell sein Leben), noch bevor man diesen begegnet. Aber dann klappt es vielleicht beim nächsten Anlauf besser. Immerhin lässt sich ein Szenario in durchschnittlich einer Stunde spielen, was sehr angenehm ist.

Fazit
Hat man sich durch die Spielanleitung gewühlt und diese auch verstanden, sowie das erste Szenario hinter sich, dann präsentiert sich PAKS als ein spannendes, kommunikatives, abwechslungsreiches und atmosphärisches Abenteuerspiel, das in jeder Besetzung sehr viel Spaß macht.



13. Juli 2016 - (Michael Schmitt)

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