Rezension von Rajas of the Ganges


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise vom Verlag HUCH & friends bereitgestellt wurde.)

Rezension

Rajas of the Ganges
Inka und Markus Brand haben in den letzten Jahren eine recht beeindruckende Anzahl von Spielen vorgelegt. Mittlerweile sind sogar schon ihre Kinder in ihre Spielautorenfußstapfen getreten, obwohl die noch gar nicht aus dem Haus sind. Eine ganz normale Familie also. In Raja of the Ganges nehmen uns Inka und Markus Brand mit in das Indien des 17. Jahrhunderts. Wir erweitern als Rajas und Ranis unsere Ländereien zu prächtigen Provinzen. Der besondere Kniff: Diesmal gewinnt nicht diejenige, die die meisten Siegpunkte am Ende des Spiels aufweisen kann, sondern derjenige, dessen Siegpunktmarker und Geldmarker sich auf den entgegenlaufenden Leisten als erste begegnet sind.

Spielablauf
In Rajas of the Ganges setzen wir in jeder Runde einen unserer Arbeiter auf eines der vielen Aktionsfelder ein: In den Steinbruch, auf den Marktplatz, in den Hafen oder in den Palast. Im Steinbruch können wir unsere Provinzen um ein weiteres Feld ausbauen und mit ihm neue Märkte oder Paläste errichten. Die Paläste bringen uns Siegpunkte, die Märkte sofort Geld ein. Im Hafen dürfen wir unser Schiff auf dem Ganges um ein bis drei Felder Flussaufwärts fahren lassen und den jeweiligen Bonus einstreichen. Im Palast dagegen warten einerseits sechs verschiedene Personen auf uns, die uns bei verschiedenen Aktionen unter die Arme greifen, andererseits im unteren Palastteil eine ganze Anzahl Würfelfelder, mit denen wir unsere farbigen Würfel in andere Würfelfarben umtauschen oder auch neue erwerben können. Diese Würfel brauchen wir immer wieder, denn die Ausbauplättchen für unsere Provinzen müssen wir mit Würfelsummen in einer bestimmten Farbe bezahlen. 12 verschiedene Provinzstapel mit Ausbauplättchen stehen jeweils bereit. Gute kosten mehr, schlechtere etwas weniger. Wir beginnen aber nur mit vier verschieden farbigen Würfeln und müssen dann zusehen, dass wir mehr von ihnen und vor allem in der gewünschten Farbe auftreiben. Besitzen wir genügend Karma, so können wir aber auch einen Würfel auf seine jeweils gegenüberliegende Seite drehen. Dabei ist es jeweils von der Situation abhängig, ob wir eine hohe oder niedrigere Würfelzahl benötigen: Für unsere Provinzausbauten eher hohe, für die Palastaktionen und die Flussfelder eher niedrigere. Begegnet unser Siegpunktmarker dem Geldmarker, so wird das Spielende eingeleitet.

Gesamteindruck
Rajas of the Ganges ist ein Optimier- und Bonispiel. In dieser Hinsicht bekommen wir hier nichts neues geboten. Wir versuchen aus unseren Würfelzahlen, und je nach Spielstand und den aktuellen Möglichkeiten das Beste für uns herauszuholen. Die zentrale Frage wiederholt sich dabei immer wieder: Wie kann ich die erreichbaren Boni oder Aktionsmöglichkeiten so nutzen, dass ich noch mehr Boni abgreifen kann? Höhere Würfelaugen zu werfen kann da erst einmal tendenziell besser sein, denn mit ihnen können wir lukrativere Ausbauplättchen für unsere Provinz erstehen. Und vor allem sie sind es, die uns über die Paläste Punkte und über die Märkte Geld einbringen. Aber auch geringe Würfelaugen sind nicht zu verachten, denn wir benötigen sie für Schritte auf dem Ganges mit unserem Boot. Wie in Auf den Spuren von Marco Polo können wir oft aus allen Würfelzahlen etwas sinnvolles machen, auch wenn höhere Würfelzahlen für die Provinzausbauplättchen tendenziell etwas besser sind. Viel wichtiger als die richtigen Würfelzahlen ist da aber eher das richtige Navigieren durch den Dschungel der verschiedenen Möglichkeiten.

Apropos Dschungel: In allen meinen verschiedenen Testrunden wurde der unübersichtliche Spielplan und dessen Größe bemängelt. Auch wenn ich gestehe, dass ich selbst weder mit Größe noch der Darstellung des Spielplanes Probleme hatte, verstehe ich aber, was einige meiner Mitspielenden mokieren: Viele Symbole sind einfach sehr klein und auf dem ziemlich bunten und bis auf äußerste voll gepackten Spielbrett schwerer zu finden.

Toll und innovativ sind die gegeneinander laufenden Leisten für Siegpunkte- und Geld. Schon etwas merkwürdig, dass zuvor noch nie jemand darauf gekommen ist! Mit großer Sicherheit werden wir in einem der nächsten Jahre bestimmt noch das ein oder andere Spiel mit einem solchen oder ähnlichen Spielende-Mechanismus zu Gesicht bekommen. Das wäre auch sehr zu begrüßen, denn das Beiwerk zu diesen beiden Leisten – wir könnten es auch das eigentliche Spiel nennen – ist leider gegenüber ähnlichen Vertretern im Genre Optimier- und Bonispiel eher eines der schlechteren. Im Großen und Ganzen haben wir genau zwei verschiedene Wege zum Ziel, die wir einschlagen können: Entweder wir setzen vor allem auf die Märkte und damit auf die Geldleiste, oder wir setzen vor allem auf die Paläste und damit auf die Punkteleiste. Alles was daneben noch schnell mitgenommen werden kann, verachten wir natürlich nicht, aber worauf die Konzentration dann liegt, ist schnell klar und braucht es auch, um das Optimum aus dem jeweiligen Weg herauszuholen.

Der Weg über die Märkte scheint mir tendenziell der erfolgversprechendere zu sein, auch wenn er keine Sieggarantie bietet. Das ist dann letzten Endes davon abhängig, ob im richtigen Moment die für uns passenden Provinzplättchen auftauchen und wir ebenfalls zur richtigen Zeit die passenden Würfeln besitzen. Auch hängt es natürlich davon ab, welchen der beiden Wege die Mitspielenden eingeschlagen haben und wie begehrt dadurch die von mir benötigten Plättchen sind. Alles Dinge, auf die wir nicht sehr viel Einfluss besitzen. In vielen anderen Bewertungen von Rajas of the Ganges heißt es, das Spiel würde von Mal zu Mal besser werden. Ich habe es umgekehrt erlebt. Je öfter ich es gespielt habe, desto beliebiger habe ich es empfunden. Von Partie zu Partie habe ich weniger Lust auf eine weitere gehabt. Da greife ich sehr viel lieber auf bewerte Klassiker zurück, die das Genre Würfeln, Optimierung und Boni sehr viel gelungenerer gehändelt haben: beispielsweise Bora Bora, Die Burgen von Burgund oder Russen Railroads(auch wenn ohne Würfel).

Fazit
Rajas of the Ganges entspricht in Sachen "Indienoptik" ganz den Erwartungen – für eine bessere Übersicht hätte es aber fast ein bisschen weniger bunt und dafür etwas übersichtlicher sein dürfen. Das Optimieren und Boni-Abgreifen bringt leider nicht viel Neues in der Spielelandschaft und andere Spiele diesen Genres sind mehr "auf den Punkt gebracht". Das innovative Spielende, welches durch zwei gegeneinander laufenden Leisten für Siegpunkte und Geld ausgelöst wird, ist zwar neu und interessant, kann das Spiel aber alleine nicht tragen.

08. Januar 2019 - (Jan Drewitz)

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