Rezension von Jamaica


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise von Pro Ludo bereitgestellt wurde.)

Rezension

Ersteindruck
Jamaica geizt nicht mit Spielmaterial. Auch wenn das Cover in meinen Augen etwas schlicht geraten ist, das restliche Spielmaterial ist gleichermaßen liebevoll gestaltet und qualitativ hochwertig. Sämtliche Marker und Tafeln sind aus sehr dicker Pappe, die Schiffe detailliert modelliert und die Karten stimmungsvoll karibisch illustriert. Der Spielplan ist übersichtlich und ebenfalls passend gestaltet. Ein weiterer Pluspunkt: Sämtliches Spielmaterial hat einen vorgesehenen Platz in der Schachtel - hier kann kein Chaos entstehen!

Die Anleitung (die in 4 Sprachen daherkommt) ist zunächst ungewöhnlich, aber eigentlich recht gut gemacht. Die Spielregeln kommen als eine Art Landkarte daher - jede Insel beinhaltet einen Teil der Regeln. Ein netter Einfall, unter dem die Regelerklärungen aber keinesfalls leiden - alles wird deutlich, übersichtlich und gut strukturiert dargestellt. Lediglich die Größe der Anleitung (ausgeklappt: 6 DINA-4 Seiten) ist etwas unhandlich. Für aktuell knapp unter 30€ bekommt man hier einiges geboten - wirklich schön!

Thema & Ziel des Spiels
Auch wenn Piraten im Spiel vorkommen (und es Schlachten geben wird) - das eigentliche Spielprinzip von Jamaica ist ein friedliches: Eine Regatta um die Insel. Und wie es sich für die Karibik gehört, lässt sich auf dem Rundkurs noch der eine oder andere Piratenschatz finden. Doch so eine Seefahrt kostet Proviant und auch die Hafenmeister wollen das eine oder andere Goldstück an Liegegebühren abhaben. Nur wer am Ende einen guten Mittelweg aus schnellem Vorankommen und gesammelten Goldstücken findet, wird siegreich sein.

Spiel-Vorbereitungen

Siehe hierzu auch unsere Schritt-Für-Schritt-Anleitung!

Der Spielplan wird in die Tischmitte gelegt. Jeder Spieler erhält ein Schiff sowie die 11 Aktionskarten in der gewählten Farbe. Die Schiffe werden auf das "Port Royal"-Feld gestellt. Die Aktionskarten werden gemischt und 3 Karten davon auf die Hand gezogen. Weiterhin erhält jeder Spieler eine Laderaum-Tafel sowie 3 Proviant- und 3 Gold-Marker, die jeweils in einen der 5 Laderäume gelegt werden. Die restlichen Marker werden als Nachziehstapel bereit gelegt.

Die Schatz-Karten werden gemischt und bis auf die 2 obersten Karten (die aus dem Spiel kommen) auf den Spielplan gelegt. Die Schatz-Chips kommen auf die Meeresfelder mit einem Totenkopf. Der Startspieler bekommt den Kapitäns-Marker und die Würfel.

Spielablauf

Siehe hierzu auch unsere Schritt-Für-Schritt-Anleitung!

Das Spiel verläuft in Spielrunden, die in folgende 4 Phasen unterteilt sind:

Phase 1: Würfeln:
Der Spieler mit dem Kapitänsmarker würfelt mit den beiden Bewegungswürfeln und legt diese in einer von beiden Anordnungen auf die beiden Aktionsfelder.

Phase 2: Aktion wählen:
Jeder Spieler wählt aus seinen 3 Handkarten eine Aktion aus, die er vor sich ablegt. Auf jeder Karte sind 2 Aktionen abgebildet (links und rechts oben) - dabei gilt: linke Aktion -> linker Würfel; rechte Aktion -> rechter Würfel.

Phase 3: Aktionen:
Angefangen mit dem Spieler, der den Kapitänsmarker besitzt, führen alle Spieler nacheinander ihre beiden Aktionen durch - zuerst vollständig die linke Aktion (+ linker Würfel), dann die rechte Aktion (+ rechter Würfel).

Phase 4: Rundenende:
Jeder Spieler zieht nun eine Aktionskarte von seinem Nachziehstapel, so dass jeder wieder 3 Handkarten besitzt. Der Kapitänsmarker wird dem nächsten Mitspieler gegeben.

In Phase 3 werden Aktionen durchgeführt. Es gibt folgende Aktionen:
Beladen: Zeigt die Aktion einen Gold-, einen Schießpulver- oder einen Proviant-Marker, erhält der Spieler so viele der betreffenden Marker, wie der betroffene Würfel Augen zeigt. Die neuen Marker muss der Spieler in einen leeren(!) Laderaum legen. Ist dies nicht möglich, muss ein Laderaum geleert werden.
Ziehen: Zeigt die Aktion einen Pfeil, muss der Spieler sein Schiff um so viele Felder vorwärts (grüner Pfeil) bzw. rückwärts (roter Pfeil) ziehen, die der betroffene Würfel Augen zeigt. Bei Abzweigungen kann der Spieler wählen, welchen Weg er benutzen möchte.

Landet der Spieler nach einer Bewegung auf einem Seefeld mit kleinen Quadraten muss der Spieler pro Quadrat einen Proviant-Marker an die Bank abgeben. Dergleichen gilt für Meerfelder mit Goldmünzen - hier muss der Spieler die entsprechende Anzahl an Gold-Marker abgeben. Kann ein Spieler die geforderte "Bezahlung" nicht leisten, muss er so viele Marker abgeben, wie er kann und danach mit seinem Schiff so lange zurückziehen, bis er auf einem Feld landet, das er bezahlen oder auf dem er stehen bleiben kann.

Wer mit seinem Schiff auf einem Meerfeld mit Schatz-Chip landet, entfernt diesen aus dem Spiel und zieht die oberste Schatzkarte vom Stapel, die er entweder verdeckt (Reichtümer) oder offen (Stärken) bei sich ablegt. Während die Stärken Vorteile in verschiedenen Situationen bringen (z.B. +2 beim Kampf) zählen die Reichtümer am Spielende zu den eigenen Punkten (positiv oder negativ - bei verfluchten Schätzen).

Land ein Spieler am Zugende mit seinem Schiff auf einem Meerfeld mit einem gegnerischen Schiff, kommt es zur Schlacht. Beginnend mit dem Angreifer setzen beide Spieler eine beliebige Anzahl an Schießpulver-Marker ein und würfeln danach mit dem Kampfwürfel. Wer in Addition von Würfelwurf plus eingesetzte Marker den höheren Wert erreicht, gewinnt den Kampf. Bei unentschieden, passiert nichts. Wer einen Stern würfelt, gewinnt den Kampf sofort. Der Gewinner kann entweder einen Laderaum des Gegners plündern, ihm einen beliebigen Schatz klauen oder dem Gegner einen eigenen verfluchten Schatz überlassen.

Das Spiel endet, sobald ein Spieler die Insel einmal umrundet hat und nachdem alle Spieler in dieser Spielrunde ihre Aktionen durchgeführt haben. Jeder Spieler zählt nun Goldmarker (jeweils +1), Schatz-Karten (je nach Karte) und die kleine Ziffer auf dem Meerfeld, auf dem das Schiff steht (von +15 bis -5) zusammen. Der Spieler mit der höchsten Punktzahl gewinnt das Spiel.

Fazit
Schönes Spielmaterial ist das eine - ein gutes Spiel etwas ganz anderes. Zum Glück ist Jamaica nicht nur hübsch anzusehen sondern auch ein wirklich gelungenes Spiel.

Jamaica hat uns allen durchweg Spaß gemacht. Die kurzweilige Regatta rund um die Insel ist sicherlich kein perfektes Spiel, aber sie macht Spaß. Durch die ausgewogene Mischung aus Glücksmomenten (Würfeln, Karten ziehen) und Strategie (Wie lege ich die Würfel? Welche Karte spiele ich?) spricht Jamaica vermutlich vor allem Gelegenheitsspieler und Spielgruppen, die ein "Spiel für zwischendurch" suchen an. Die strategischen Elemente sind im Spiel zwar vorhanden, etwas Würfelglück sollte man aber schon haben, um das Spiel zu gewinnen. Denn wenn die Würfel partout nicht zu den eigenen Karten passen wollen oder der (haushoch unterlegene) Gegner mit einem Glückstreffer einen Stern würfelt und so den Kampf gewinnt, dann hilft alle Planung nicht. Um diese Momente möglichst gering zu halten, sollte man immer darauf achten, die Risiken zu minimieren. Dazu gehört es z. B. genau durchzudenken, was bei den beiden eigenen Aktionen passiert und wie sich die erste Aktion auf die zweite ggf. auswirkt. Dies macht in meinen Augen einen großen Reiz bei Jamaica aus, denn eigentlich ist es "nur" ein Zugspiel.

Da das zentrale Element des Spiels das Ausspielen der Aktionskarten ist, sollte man hier auch genau darauf achten, was die Mitspieler, die vor einem an der Reihe sind, machen könnten. Natürlich ist dies umso schwerer, je mehr Spieler mitspielen und je mehr Spieler vor einem an der Reihe sind. In unseren Runden haben sich 4 Spieler als eine gute Mischung aus Planbarkeit und Spielspaß erwiesen.

Bei Jamaica muss man immer einen guten Mittelweg aus Bewegung und Sammeln finden. Wessen Laderaum immer überquillt, dabei aber nicht vom Fleck kommt, der wird am Ende mit bis zu 15 Minuspunkten bestraft. Wer unter allen Umständen nur vorwärts segelt, wird vermutlich keine Zeit haben, die wichtigen Schatzkarten bzw. Goldmünzen zu sammeln. Doch auch der Proviant ist nicht zu unterschätzen. Ohne diesen kann eine Vorwärtsbewegung schnell im Rückwärtsgang enden, wenn z. B. die geforderten Kosten nicht bezahlt werden können - ein weiterer wichtiger Grund für etwas Vorausplanung.

Wir haben Jamaica auch mit 2 Spielern und dem schwarzen Schiff getestet. Auch hier bleibt Jamaica gut spielbar - mir gefällt das Spielen gegen "richtige" Gegner allerdings besser, so dass ich ein Spiel mit 3+ Spielern bevorzugen würde.

Jamaica hat sich als Spiel entpuppt, das von vorne bis hinten Spaß bereitet. Angefangen mit dem wirklich gelungenem Spielmaterial bis hin zum gelungenen Spielkonzept. Sicherlich kein Spiel für Spieler, die auf reinrassige Strategie stehen, aber alle anderen sollten mal probespielen. Trotz kleiner Schwächen: eindeutig Daumen hoch.



15. Juni 2008 - (tp)

Rezensionsbilder