Rezension von Vor den Toren von Loyang


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise von Hall Games bereitgestellt wurde.)

Rezension

Ersteindruck
Das "Erstlingswerk" von Hall Games "Vor den Toren von Loyang" macht äußerlich einen ordentlichen Eindruck. Das Cover ist stilvoll dem fernöstlichen Thema angepasst, was sich auch durch das restliche Spielmaterial durchzieht. Die Qualität des Spielmaterials ist gehobener Standard - diverse hölzerne Spielsteine, ein paar Marker, Spielpläne in "T-Form" und ein Stapel Karten. Hier kann man nicht meckern, auch wenn die Karten etwas dünn wirken. Dem Spiel liegen diverse ZIP-Tüten bei, in denen man die Spielmaterialien ordnen kann. Hier hätte ich mir ein vernünftiges Ablagesystem gewünscht - da das Spielmaterial Mengenmäßig überschaubar ist, wirkt die Schachtel einerseits recht leer, andererseits wäre somit genug Platz für eine geordnete Ablage gewesen. Schade.

Die Anleitung des Spiels ist reichlich mit Bildern und Beispielen versehen, so dass die grundlegenden Regeln recht ordentlich erläutert werden. Augrund der vielen Sonderfälle und "wenn und aber" ist die Textmenge aber nicht zu unterschätzen.

Thema & Ziel des Spiels
Loyang war vor 2000 Jahren die Hauptstadt der Han-Dynastie und auch heute wohnen hier mehr als 6 Millionen Menschen. "Vor den Toren von Loyang" handelt in erster Linie von den Händlern, die damals die Stadt mit Lebensmitteln versorgten und damit ihr Geld verdienten. Die Spieler versuchen durch den Anbau und Handel von Lebensmitteln einen möglichst großen Wohlstand zu erreichen - wem dies am Besten gelingt, der gewinnt das Spiel.

Spiel-Vorbereitungen
Jeder Spieler erhält einen Spielplan, 10 Käsch (= Geld), eine Stammfeld-Karte (die oberhalb des Spielplans abgelegt wird), einen Wertungsstein (kommt auf Feld 1 der Wohlstandsleiste), eine Lager/Karren-Karte und eine Übersichtskarte. Die privaten Felder werden verdeckt gemischt und als Nachziehstapel beiseite gelegt. Der Ladenbereich auf jedem Spielplan wird mit der Grundausstattung an Lebensmitteln gefüllt. Der Startspieler erhält den großen Startspielerstein.

Reihum kauft nun jeder Spieler eine Ware aus seinem Laden, mit der er sein Stammfeld bepflanzt. Das restliche Spielmaterial dient - für alle Griffbereit - als Vorrat.

Spielablauf
Das Spiel verläuft über 9 Runden, die aus den 3 Phasen "Ernte", "Karten" und "Aktionen" bestehen.

In der Erntephase, die gleichzeitig von den Spilern durchgeführt wird, erhalten diese ein neues Feld und ernten von allen "bepflanzten" Feldern jeweils eine Ware.

In der Kartenphase erhält jeder Spieler 4 Aktionskarten vom Nachziehstapel. Diese werden in einer Verteilungsrunde unter den Spieler verteilt, so dass am Ende der Runde jeder Spieler 2 Aktionskarten erhält. Die erhaltenen Karten werden an den eigenen Spielplan angelegt (jeder Kartentyp hat eine spezielle Stelle, an der er liegt) und ggf. (bei Stammkunden und Marktständen) mti Waren oder Markern befüllt. Am Ende der Kartenphase wird der Spieler, der zuletzt Karten erhalten hat, neuer "Erster Startspieler". usw.

Die Aktionsphase ist die wichtigste Phase des Spiels, da hier die Spieler (in der gerade festgelegten Reihenfolge) ihre Aktionen durchführen. Es gibt 8 mögliche Aktionen:
  • Eine Ware vom Marktkarren nehmen und damit ein Feld bepflanzen.
  • Eine Wate im Laden kaufen und in den Marktkarren legen.
  • Eine Ware aus dem Karren dem Laden verkaufen.
  • Auf einem Marktstand eine eigene Ware gegen eine andere tauschen.
  • Die Fähigkeit eines Helfers (Aktionskarte) nutzen.
  • Einen Stammkunden mit Waren beliefern und dafür Punkte erhalten. Kann ein Spieler einen Stammkunden 2 Mal nicht beliefern, muss er dafür eine Entschädigung zahlen.
  • Einen Laufkunden mit Waren beliefern und dafür Punkte erhalten. Je nachdem, ob der Spieler mehr Lauf- als Stammkunden hat, erhält er dafür mehr oder weniger Punkte.
  • 2 Karten vom Nachziehstapel als "Doppelpack" kaufen - dabei werden (falls beide Kartenbehalten werden) diese übereinander ausgelegt und kommen so zeitversetzt ins Spiel.

Kann oder will ein Spieler keine Aktionen mehr durchführen, endet diese Phase. Der Spieler muss nun seine Waren aus dem Karren ins Lager legen, wobei eine Obergrenze an Waren zu beachten ist. Als letzte Aktion eines Spielers kann dieser seinen Wertungsstein voranziehen - dabei kostet der erste Schritt einer Runde immer 1 Käsch; jeder weitere Schritt so viel Käsch, wie der Wert der Feldes anzeigt.

Es gewinnt das Spiel, wer am Ende der 9 Runden die meisten Punkte auf der Wertungsleiste erreichen konnte.

Fazit
Mit "Vor den Toren von Loyang" schließt Uwe Rosenberg seine Erntezeit-Trilogie ab (nach "Agricola" und "Le Havre"). Als Nachfolgespiel von 2 solch exzellenten Spielen liegt die Messlatte nachtürlich sehr hoch und "Loyang" kann diese in meinen Augen auch erreichen.

Lobenswert ist wieder einmal zu erwähnen, dass das Spiel sehr ausgewogen und ausgeglichen geraten ist, so dass es eigentlich egal ist, wie viele Spieler sich zu einer Partie zusammen finden. Beim Solitärspiel springt persönlich der Funkte nicht ganz so über, wie z. B. bei Agricola, wobei ich nicht wirklich erklären kann, warum. Die Spieldauer ist ähnlich der anderen Spiele, d.h. ca. 45 Minuten pro Spieler - dieser Wert kann je nach Erfahrung und Entschlussfreudigkeit etwas nach oben bzw. unten abweichen. Da teilweise parallel gespielt wird, sind die Leerphasen zwar vorhanden aber nicht störend.

Die Anleitung ist als gelungen zu bezeichnen und vermittelt einen guten ersten Eindruck vom Spiel. Die Regelmenge ist noch überschaubar, so dass das Spiel auch für Familien oder Gelegenheitsspieler zu empfehlen ist (was nicht heißen soll, das es nicht viel zu Bedenken gibt). Einen richtigen Eindruck über die Abläufe und Zusammenhänge bekommt man aber nur beim Spielen, so dass die Regel eher unterstützend beim ersten Spiel zu verwenden ist.

Der eigentliche Spielverlauf ist gewohnt strategisch - glücksabhängige Element sind durch das Karten ziehen zwar vorhanden, aber nicht so gravierend wie z.B. die kleinen Anschaffungen bzw. Ausbildungen bei Agricola. Auch bei "Loyang" gibt es wieder viele Wege zum Sieg und keine eindeutige Siegstrategie. Man sollte allerdings stets darauf achten ein regelmäßiges Einkommen durch Stammkunden zu gewährleisten - natürlich muss man hierfür auch die entsprechenden Waren bereitstellen können, sonst können sich die Stammkunden schnell zu "Problemen" entwickeln. Ständig ist man am Verwalten und Einschätzen, welche der vielen Möglichkeiten denn nun die sinnvollste ist - ein Prinzip, das schon bei Agricola und Le Havre funktioniert hat. Gerade in den ersten Spielrunden muss man geschickt taktieren, damit man den Anschluss nicht verpasst. Hier ist man dann auch am meisten im Spiel vom Glück, d.h. der Ablage der Karten, die einem zur Verfügung stehen, abhängig.

Die Konfliktmöglichkeiten anderen Spielern gegenüber sind bei "Loyang" gering, da jeder Spieler sein eigenes Spielfeld und seinen eigenen Kartensatz besitzt. "Nur" die Helfer eignen sich dazu, die Mitspieler etwas zu behindern.

Insgesamt ist "Vor den Toren von Loyang" ein würdiger Abschluss der Trilogie von Uwe Rosenberg. Es reiht sich nahtlos ist die qualitativ hochwertige Spiele-Reihe ein und ist eigentlich jeder Spielegruppe ans Herz gelegt. Aufgrund der etwas niedrigeren Komplexität ist es definitiv eine Alternative zum schwierigeren Einstieg bei Agricola oder Le Havre. Qulitativ und Inhaltlich gibt es an dem Spiel nichts auszusetzen. Einzig allein den Preis von aktuell ca. 35 Euro halte ich rein auf das mitgelieferte Spielmaterial bezogen für zu teuer. Auch wenn man qualitativ nicht meckern kann, wirkt die Schachtel für den Preis recht "leer", was leider auch daran liegt, dass es außer Klarsicht-Tüten keine vernünftige Aufbewahrung gibt. Rechnet man allerdings den Spielspaß hinzu, bin ich bereit, den Preis noch als "in Ordnung" zu bezeichnen.



08. Mai 2010 - (tp)

Rezensionsbilder