Rezension von Der Pate


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise von KOSMOS bereitgestellt wurde.)

Rezension

Der Pate
"Kommt, lasst uns ein paar Familienmitglieder im Hudson River versenken!" So lautet meist die Aussage, wenn jemand bei uns das Spiel "Der Pate" vom Kosmos-Verlag spielen möchte. Gemeint sind natürlich nicht die eigenen, sondern die Mitglieder der anderen Mafiafamilien, welche im New York der 40er Jahre um Ansehen und Einfluss ringen.

Spielausstattung
Der große Spielplan zeigt den südlichen Teil von Manhattan unterteilt in 4 Stadtteile mit insgesamt 12 illegalen Geschäften. Diese sind durch eine Straße miteinander verbunden. Zwei Ereignisleisten legen während des Spiels das "K.O."-Kriterium fest. Auf der anderen Seite des Hudson Rivers befindet sich das Gefängnis. An den vier Seiten des Spielplans befinden sich für jeden Spieler je eine Leiste für "Ansehen", "Einfluss", "Einkommen" und "Gefälligkeiten".

Für jeden der vier Spieler sind 7 Familienmitglieder aus Holz, 4 Anzeigesteine, ein Würfeltableau, 5 Schuldmarker, sowie 3 graue und drei rote Aktionsplättchen vorhanden. Des Weiteren sind ein Satz aus 10 dicken Ereigniskarten, 13 Plättchen "Freund der Familie", 1 Gangsterauto aus Holz, 4 verschiedenfarbige Würfel, 2 Anzeigesteine in grau und rot und Geldscheine enthalten.

Spielziel
Jeder Spieler verkörpert den Paten einer sizilianischen Familie, welche im New York der 40er Jahre illegales Glücksspiel und Schmuggel betreiben, Geschäfte übernehmen, Schutzgeld kassieren, Buchmacher kontrollieren und Kreditgeschäfte tätigen. Dabei gilt es seinen "Einfluss" und sein "Ansehen" in der Stadt zu steigern und mindestens in einem von beiden das Maximum zu erreichen. Welches davon am Wichtigsten ist, stellt sich erst während des Spiels heraus. Aber nur wer am Ende dann das meiste Geld besitzt kann gewinnen.

Spielablauf
Zur Vorbereitung erhält jeder Spieler sein Würfeltableau, seine Familienmitglieder und seine Schuldmarker, sowie 10.000 $ Startkapital. Die Aktionsplättchen werden auf dem Spielplan an bestimmte Positionen auf den persönlichen Leisten für "Ansehen" und "Einfluss" verteilt. Außerdem wird auf das erste Feld jeder Leiste ein Anzeigestein der eigenen Spielerfarbe gelegt. Der graue und der rote Anzeigestein kommt auf das entsprechende unterste Feld der Ereignisleisten. Die 10 Ereigniskarten werden gemischt und 7 davon verdeckt auf den Spielplan gelegt. Das restliche Material kommt neben den Spielplan. Der älteste Spieler wird zum Startspieler. Der Spieler rechts von ihm setzt das Auto vor ein beliebiges Geschäft und wählt dann einen Stadtteil aus, auf dessen Geschäfte er jeweils eines seiner Familienmitglieder stellt. Gegen den Uhrzeigersinn dürfen die anderen Spieler ein freies Stadtviertel wählen. Bei weniger als vier Spielern werden die verbliebenen Stadtviertel durch neutrale Farben besetzt.

Das Spiel geht über 7 Runden, welche immer wie folgt ablaufen:
1. Einkommen ausbezahlen (an alle)
2. Ereigniskarte aufdecken (gilt für alle)
3. Reihum Würfelaktionen ausführen
Zunächst erhält jeder Spieler ein Einkommen entsprechend dem Stand seiner Entwicklungsleiste "Einkommen". Dann wird die oberste Ereigniskarte aufgedeckt. Diese zeigt entweder ein rotes oder graues Feld. Der entsprechende Anzeigestein auf den Ereignisleisten wird vorgerückt. Auf der Karte befindet sich außerdem eine Zahl neben einem Gangsterauto. Das Auto auf dem Spielplan wird entsprechend weit vorwärts gerückt. Dann tritt noch ein bestimmtes, auf der Karte aufgeführtes Ereignis ein.

Nun führen die Spieler reihum ihre Würfelaktionen durch, das eigentliche Kernstück des Spiels. Der Startspieler würfelt mit allen vier Würfeln und muss sich für einen davon entscheiden, welchen er auf die oberste Reihe seines Würfeltableaus legt. Die Farbe des Würfels ist dabei egal. Die Augenzahl entscheidet, welche Geschäfte sofort Einnahmen abwerfen. Danach würfelt er die verbliebenen drei Würfel neu und legt wieder einen Würfel ab, diesmal in die zweite Reihe. Allerdings muss nun der gewählte Würfel auf das farblich passende Aktionsfeld gelegt werden. Ebenso wird nach einem erneuten Wurf der beiden verbliebenen Würfel mit der dritten Reihe verfahren. Der verbleibende Würfel kommt dann automatisch auf das farbgleiche Feld der vierten Reihe. In der letzten Reihe spielt die Augenzahl keine Rolle.

Die gewählten Aktionen werden immer sofort ausgeführt. Dies sind neben den Einnahmen zum Beispiel die Übernahme eines gegnerischen Geschäftes, Wettmanipulationen oder die Zunahme von "Ansehen" und "Einfluss". Bei einer Geschäftsübernahme wird das dortige Familienmitglied kurzerhand in den Fluss befördert, allerdings bekommt der ursprüngliche Besitzer dafür einen Schuldmarker vom Übernehmer, welchen er später gegen viel Geld zurück geben kann. Mit einer FBI-Razzia oder einem Spitzel können gegnerische Familienmitglieder ins Gefängnis befördert werden. Aber die Staatsanwältin sorgt schon bald wieder für deren Freilassung. Bei einem "Freund der Familie" kann man Gefälligkeiten einfordern und beim Bankier sein Einkommen erhöhen. Zwischendurch wird noch geheiratet oder ein Richter bestochen.

Generell gilt, dass der Stadtteil in dem das Gangsterauto steht geschützt ist vor jeglichen Aktionen. Erreicht der rote oder der graue Anzeigestein das obere Ende der Ereignisleiste, so legt dieser fest, auf welcher Entwicklungsleiste jeder Spieler das letzte Feld erreicht haben muss, um gewinnen zu können.

Das Spiel endet nach der siebten Runde. Jeder Spieler, der das "K.O."-Kriterien (Maximum in "Ansehen" oder "Einfluss") nicht erreicht hat, scheidet kompromisslos aus. Alle Anderen erhalten nochmal ihr aktuelles Einkommen und 3.000 $ pro Geschäft. Für jedes Familienmitglied im Gefängnis sind 1.000 $ zu bezahlen und jeder Schuldmarker muss mit 2.000 $ beglichen werden. Der Spieler mit dem meisten Geld gewinnt.

Gesamteindruck
Ich gebe zu, nach den sehr guten Roman-Umsetzungen von Die Säulen der Erde oder Der Hexer von Salem&ldquo waren die Erwartungen an "Der Pate" groß. Leider wurden sie nicht ganz erfüllt.

Das Material von "Der Pate" ist mit seinen Familienmitgliedern und dem Auto aus Holz sehr ansehnlich. Das Spiel ist eher spaßig und nicht zu ernst zu nehmen. Deshalb passt auch die eigentlich sehr gelungene Aufmachung nicht so recht. Sie ist relativ dunkel und ernst gehalten und lässt eine andere Art von Spiel vermuten. Eine lockere, etwas buntere und comichafte Aufmachung hätte vielleicht mehr zum Spielspaß beigetragen und das Spiel zugänglicher gemacht. Die abgebildeten Würfel bei den Geschäften sind je nach Sitzposition teilweise schwer zu erkennen, wenn darauf eine Figur steht. Auch die Position des schwarzen Autos auf dem dunklen Spielplan ist nicht immer offensichtlich, so dass dessen Funktion schon mal vergessen wird.

Die Spielanleitung ist grundsätzlich verständlich und klärt alle Fragen, allerdings hätte der Aufbau etwas strukturierter und mit mehr Beispielen versehen sein können. So muss man sich doch erst mal in das Spiel einarbeiten. Die vielen unterschiedlichen Aktionen sind sehr gut und logisch aufeinander abgestimmt, sind aber auch durch die Vielfalt nicht sofort zugänglich und es bedarf immer wieder eines Nachschlagens in der Anleitung. Die beigefügte Übersicht über die Handlungsmöglichkeiten ist recht groß und auf Papier gedruckt und dadurch etwas unhandlich. Außerdem ist sie nur einmal vorhanden. Eine kleine, stabile Version für jeden Spieler wäre da hilfreicher.

"Der Pate" ist ein etwas aufwendigeres Würfelspiel mit viel Ärgerpotential. Da werden immer wieder Mafia-Typische Delikte begangen und die verfeindeten Familien sabotiert. Insgesamt gibt es recht unterschiedliche Strategien um an Geld zu kommen und man sollte sich nicht von den Mitspielern entmutigen lassen. Selbst jemand, dessen Familienmitglieder von allen Geschäften verschwunden und im Hudson River gelandet sind, kann noch fette Kohle machen, wenn er zum richtigen Zeitpunkt alle Schuldmarker einlöst. Eine Grundvoraussetzung um überhaupt gewinnen zu können ist das Ende einer der beiden Leisten "Ansehen" und "Einfluss" zu erreichen. Aber selbst bei einer eher ungünstigen Entwicklung durch die Ereigniskarten ist bei uns deswegen noch nie jemand ausgeschieden. Die Leisten scheinen deshalb vielmehr ein notwendiges Übel zu sein, um überhaupt

gewinnen zu können. Während des Spiels versuchen die Spieler aus ihrem Würfelwurf das Beste zu machen. Dies ergibt sich jedoch oft zwangsläufig aus dem Würfelglück und den entsprechenden Würfelergebnissen. Man meint Einfluss auf seine Entscheidungen zu nehmen und weiß manchmal am Ende nicht, warum man nun gewonnen oder verloren hat. Dadurch entsteht das Gefühl, dass man eher gespielt wird. Die ersten Partien haben dennoch - wohl aufgrund des Themas und den vielen Gemeinheiten - Spaß gemacht, trotzdem will ich es nicht öfter spielen, da es mir an Einfluss mangelt und mir dafür der Einstieg und die Spieldauer von ein bis zwei Stunden zu lange sind.

"Der Pate" spielt sich in jeder Besetzung etwas anders. Unsere Bedenken bezüglich des Spiels zu Zweit waren weitestgehend unbegründet. Dennoch passiert hier weniger auf dem Spielplan. Es gibt schnell genug freie Geschäfte und selten landet ein Familienmitglied der echten Spieler im Hudson River. Zu Viert wird es da etwas enger und der Hudson kann auch schon mal überlaufen vor lauter versenkten Familienmitgliedern. Durch diese Boshaftigkeiten macht das Spiel zu Viert am meisten Spaß

Fazit
"Der Pate" fasziniert durch seinen originellen Würfelmechanismus und es macht Spaß, Geschäfte von Mitspieler zu übernehmen oder Familienmitglieder im Fluss zu versenken. Die Spieler können auf viele Aktionsmöglichkeiten zurückgreifen, die jedoch stark von den vier Würfeln bestimmt werden. Somit wäre "Der Pate" ein hervorragendes Familienspiel, wenn denn die Einarbeitung und Spieldauer nicht so lange und das Thema oder die (eigentlich hervorragende) Aufmachung etwas familienfreundlicher wäre.



09. Januar 2011 - (ms)

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