Rezension von Fury of Dracula


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise vom Heidelberger Spieleverlag bereitgestellt wurde.)

Rezension

Fury of Dracula
Das vorliegende Spiel "Fury of Dracula" vom Heidelberger Spieleverlag ist die mittlerweile 3. (komplett überarbeitete) Version des Originalspiels aus dem Jahre 1987, und erschien 10 Jahre nach der 2. Edition. Da das Spiel lange Zeit vergriffen war, gab es genug Zeit, dem berühmten Grafen "neues Leben" einzuhauchen. "Fury of Dracula" ist ein semi-kooperatives (d.h. ein Spieler spielt gegen alle anderen Spieler) Brettspiel, das entfernt an "Scotland Yard" erinnert - der Graf ist versteckt auf der Flucht vor den Vampirjägern. Lasst die Jagd beginnen.... Spiel als großes Brettspiel heraus.

Spielablauf
Aufgrund der Regelmenge wird hier lediglich ein grober Überblick über den Spielablauf gegeben, ohne auf jedes Detail einzugehen.

Nachdem die Rollen der Spieler festgelegt wurden, werden Einflussmarker & Zeitmarker auf ihr Startfeld des Spielplans gelegt. Die restlichen Marker bilden Nachziehstapel. Die Gegenstandskarten werden gemischt, genau wie alle (Dracula- & Jäger-) Ereigniskarten sowie die Kampfkarten der Jäger - alle bilden verdeckte Stapel. Auf Seiten Draculas werden die Begegnungskarten sowie Standortkarten ebenfalls vorbereitet. Dracula erhält zu Spielbeginn 5 Begegnungskarten & die Jäger stellen ihre Figuren auf die angegebenen Startplätze (bei weniger als 4 Jäger-Spielern, müssen die Spieler mehrere Jäger kontrollieren - es wird immer mit allen 4 Jägern gespielt).

Das Spiel geht rundenweise bis zum Ende des Spiels. Jede Runde besteht aus einer Jäger- und einer Draculaphase.

In der Jägerphase steht jedem Jäger reihum zunächst eine der folgenden Aktionen zur Verfügung (Tag-Phase), dann eine weitere Aktion (Nacht-Phase):
  • Bewegen: Der Jäger bewegt sich über eine Straße zur nächsten Stadt, mittels Fahrscheinmarker per Eisenbahn in die nächste Stadt oder per Schiff auf ein Seefeld.
  • Ausrüsten: Der Jäger zieht die oberste Karte des Ausrüstungsstapels, wenn er sich in einer Großstadt befindet. Anschließend zieht er eine Ereigniskarte und führt diese ggf. aus. Ereigniskarten können z.B. auch hilfreiche Gegenstände enthalten. In der Nacht wird die Karte von unten gezogen, so dass sie ggf. auch eine Ereigniskarte für Dracula sein kann.
  • Tauschen: Gegenstände oder Fahrscheine können mit anderen Jägern in der gleichen Stadt getauscht werden.
  • Spezial: Der Jäger führt seine persönliche Spezial-Aktion aus.
  • Fahrschein reservieren: Der Jäger nimmt sich den obersten Fahrscheinmarker.
  • Erholen: Der Jäger regeneriert 1 Schaden
  • Durchsuchen: Der Jäger deckt eine Dracula-Begegnungskarte in dieser Stadt auf.

Nachdem die Jäger ihre beiden Aktionen durchgeführt haben, hat Dracula folgende Aktionen: Dracula bewegt sich über eine Straße oder per Schiff auf ein angrenzendes Land- oder Seefeld und legt die passende Standortkarte verdeckt am Anfang seiner "Spur-Leiste" ab - dabei verursachen Seezonen bei Dracula Schaden. Karten, die dabei das 6. Feld der Spur verlassen, gelten als "Herangereift". "Herangereifte" Karten erhalten ggf. einen Effekt, der nun aufgeführt wird. Danach wählt Dracula eine Begegnungskarte aus seiner Hand und legt sie verdeckt auf die Standortkarte, falls er sich in einer Stadt befindet und nicht entdeckt ist.

Bewegen sich die Helden in eine Stadt, die auf der "Spur-Leiste" Draculas liegt, wird diese Karte umgedreht. Dracula kann sich nun entscheiden, ob er die verdeckte Begegnungskarte ausführen will. Wenn sich ein Jäger in einer solchen "entdeckten" Stadtbefindet, kann er die Aktion "Durchsuchen" ausführen und eine verdeckte Begegnungskarte abhandeln.

Befindet sich mindestens ein Jäger zur Morgen- oder Abenddämmerung in der gleichen Stadt wie Dracula, kommt es zu einem Kampf. Kämpfe werden mit Kampfkarten ausgetragen. Jeder Spieler wählte eine seiner Kampfkarten von der Hand, die gleichzeitig aufgedeckt werden. Je nach abgebildeten Symbolen (bei Übereinstimmung) wird ggf. Draculas Kampfkarte ignoriert. Nicht ignorierte Kampfkarten werden nun abgehandelt. Zuletzt zieht Dracula eine neue Karte von seinem Stapel und die nächste Kampfrunde beginnt. Ein Kampf endet entweder mit einem Sieg einer der beiden Parteien, nach 6 ausgespielten Kampfkarten von Dracula, nachdem alle beteiligten Jäger gebissen, besiegt oder verletzt wurden oder mit der Flucht Draculas. Das Spiel endet mit einem Sieg Draculas, wenn der Einflussmarker das Feld 13 erreicht bzw. mit einem Sieg der Jäger, wenn Dracula 15 Schaden erlitten hat.

Fazit
Da ich leider nie in den Genuss kam, die ersten beiden Editionen des Spiels zu spielen, beziehe ich mich in diesem Fazit lediglich auf die mir vorliegende Auflage. In den gelesenen (englischen) Berichten zu den Unterschieden , werden diese aber vornehmlich positiv aufgenommen. Die wichtigste Änderung in dieser Neuauflage ist ein überarbeitetes Kampfsystem.

Beim Auspacken der Box fällt die (für die "Heidelbären") übliche hohe Qualität des Spielmaterials auf. Alles ist stabil und wertig. Die 5 Plastikminiaturen sind hübsch gestaltet, wobei man sagen muss, dass es heutzutage deutlich detailliertere Miniaturen (auch vom gleichen Hersteller) gibt. Die Optik der Karten ist sehr stimmungsvoll, das Spielbrett übersichtlich, wenn auch etwas detailarm - so wie auch die Marker. Insgesamt gibt es beim Spielmaterial aber keine großen Beschwerdepunkte.

In der Einleitung schrieb ich, dass "Fury of Dracula" entfernt an "Scotland Yard" erinnert. Dies trifft natürlich nur auf das Spielprinzip zu, dass sich ein Spieler (Graf Dracula) verdeckt über das Spielfeld bewegt (mittels Referenzkarten), und die anderen Spieler (Vampirjäger) versuchen müssen, ihn zu finden. Während dieses Beschreibung "Scotland Yard" bereits fast vollständig beschreibt, dient diese Grundlage bei "Fury of Dracula" nur als Ausgangspunkt für eine sehr atmosphärisch Vampirjagd, die noch viel mehr zu bieten hat und weitaus komplexer ist, als die Jagd auf "Mister X" in London.

Eins vorweg: Fury of Dracula ist kein "Leichtgewicht" - gerade der Dracula-Spieler sollte die Regeln beherrschen und möglichst nicht der unerfahrenste Spieler sein, denn von seinen Entscheidungen hängt ein Großteil des Spielablaufs ab. Hier kann er entscheiden, wie viele Risiko bei der Bewegung er eingehen möchte (Züge auf Seefelder sind für die Jäger erkennbar), welche Begegnungskarten er platziert und ob er sie einsetzt oder durch die Jäger per "Durchsuchen-Aktion" entdecken lässt. Gerade das "Heranreifen" von Vampiren ist eine wichtige Quelle von Einfluss, was der Siegbedingung Draculas entspricht. Hier gehört auch der ein oder andere Bluff dazu. Auch die Entscheidung, wie "aktiv" oder "passiv" Dracula spielt, hat spürbaren Einfluss auf das Spielgeschehen.

Die Jäger hingegen müssen geschickt zusammenarbeiten, denn es ist normalerweise nicht möglich Dracula alleine zur Strecke zu bringen. Wenn man "die Spur" gefunden hat, gilt es abzuwägen, wann man einen Kampf gegen Dracula wagt. Das Kampfsystem der Karten ist innovativ und basiert nicht auf Würfelergebnissen, weswegen den Kampfkarten der Jäger besondere Bedeutung zukommt (in den früheren Auflagen des Spiels, war das Kampfsystem noch Glückslastig aufgrund von Würfeln).

Das Spielprinzip ist mit allen Spielerzahlen gleich gut spielbar, da immer alle 4 Jäger gespielt werden müssen. Dies hat allerdings zur Folge, dass bei weniger als 5 Spieler, ein oder mehrere Spieler auch mehrere Jäger kontrollieren müssen (bei 2 Spieler, muss 1 Spieler alle 4 Jäger kontrollieren). Dies erfordert eine gute Ordnung der/des Spieler(s) und ist nicht jedermanns Sache. Nach meiner Erfahrung macht das Spiel bei 4 oder 5 Spielern am meisten Spaß.

"Fury of Dracula" stand lange auf meiner "Will ich unbedingt mal spielen"-Liste und ich war sehr glücklich, als ich das Rezensionsexemplar endlich in Händen halten konnte - das Spiel war ja lange genug ausverkauft. War diese Vorfreude verfrüht? Keineswegs! "Fury of Dracula" ist vor allem ein sehr thematisch intensives Spiel mit etwas komplexeren Regeln und längerer Spieldauer, die mir aber niemals zu lange vorkam. Durch die Absprachen der Jäger treten nur selten Leerlaufzeiten auf und so verfliegt die Spieldauer, die auch mal 3 Stunden betragen kann, eigentlich wie im Flug. Lediglich die "Einarbeitungszeit" durch die Menge der Regeln könnte ein Hindernis für einige Spieler oder Spielgruppen sein - hat man die Regeln aber erst einmal verinnerlicht, geht das Spiel recht zügig vonstatten. Es sei auch noch angemerkt, dass in der Anleitung weitere Regelvarianten (für erfahrenere Spieler) enthalten sind.

Der Preis von über 50 Euro ist für das gebotene Spielmaterial noch in Ordnung, wenn auch am oberen Ende angesiedelt. Dieser Preispunkt dürfte auch dafür sorgen, dass man sich vorher genau überlegen sollte, ob die Einarbeitung in die etwas komplexeren Regeln ein Problem darstellt, oder nicht. Atmosphärisch gehört das Spiel definitiv in die oberste Liga der Brettspiele, ist aber kein Spiel "für zwischendurch".

22. November 2016 - (Thorsten Pohl)

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