Rezension von Azul - Die Buntglasfenster von Sintra


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise vom Verlag Pegasus Spiele bereitgestellt wurde.)

Rezension

Azul - Die Buntglasfenster von Sintra
Das Spiel "Azul - Die Buntglasfenster von Sintra" von Michael Kiesling (im Verlag Pegasus / Plan B erschienen) ist das zweite Spiel in der Azul-Reihe. "Azul - Die Buntglasfenster von Sintra" ist thematisch ebenfalls in Portugal angesiedelt - diesmal in der Buntglasherstellung. Das Spiel ist ein Legespiel, bei dem man verschiedenfarbige "Glasbausteine" sammeln und möglichst geschickt auf seinem Spielertableau ablegen muss, um während der Wertungen viele Punkte zu ergattern. Wer am Spielende die meisten Punkte sammeln konnte, gewinnt das Spiel.

Spielablauf
Jeder Spieler erhält ein Spielertableau ("Palast"), das aus 8 doppelseitigen Streifen aufgebaut ist, sowie zwei Spielsteine und einen Glaser-Pöppel. Der Glaser wird über den am weitesten links befindlichen Streifen gestellt. Je nach Spielerzahl werden 5, 7 oder 9 Manufakturplättchen in die Mitte gelegt. Auf jedes Manufakturplättchen werden 4 aus dem Beutel gezogenen Glassteine gelegt. 5 Glassteine werden zusätzlich auf die Rundenanzeige gelegt. Der Glasturm wird bereit gestelt.

Das Spiel geht über 5 Spielrunden. Die Spieler sind nacheinander an der Reihe. Der aktive Spieler nimmt dazu alle Glassteine einer Farbe entweder von einem Manufakturplättchen (und schiebt die übrigen Glassteine in die Mitte) oder aus der Mitte. Der erste Spieler, der Glassteine aus der Mitte nimmt, muss gleichzeitig den "Startspielermarker" nehmen und auf der "Bruchglasleiste" ein Feld vorrücken (die am Spielende Minuspunkte einbringt). Alternativ zum Nehmen von Glassteinen, kann der Spieler auch seinen Glaser über den Streifen stellen, der sich am weitesten links befindet.

Glassteine, die der Spieler erhält, muss er nun auf einem seiner 8 Streifen farblich passend ablegen. Dabei darf er aber nur einen Streifen wählen, der sich unterhalb oder rechts nebem seinem Glaser befindet. Überflüssige Glassteine, die nicht auf den gewählten Streifen passen, werden in den Glasturm geworfen und der Spieler rückt entsprechend viele Felder auf der Bruchglasleiste vor. Zuletzt wird der Glaser ggf. über den gerade bestückten Streifen gestellt.

Ist nach dem Platzieren der Glassteine ein Streifen komplett gefüllt, wird dieser gewertet. Für jeden Glasstein, der farblich mit der aktuellen Farbe auf der Rundenleiste übereinstimmt, erhält der Spieler 1 Punkt. Ein Glasstein des Streifens wird unterhalb auf das erste (von zwei) freien Glasfenster-Feldern gelegt; die restlichen Steine landen im Glasturm. Nun wird der Streifen umgedreht, oder, falls er bereits einmal ungedreht wurde, aus dem Spiel entfernt. Der Spieler erhält nun alle Punkte, aus den Spalten, in denen auf den Glasfenster-Feldern Glassteine liegen und die sich unterhalb oder rechts von dem gewerteten Streifen befinden.

Eine der 5 Spielrunden endet, wenn keine Glassteine mehr auf den Manufakturplättchen bzw. in der Mitte vorhanden sind. Der Spieler mit dem "Starspielermarker" wird in der nächsten Runde Startspieler und legt diesen Marker in die Tischmitte. Zuletzt werden die Manufakturplättchen wieder mit je 4 Glassteine bestückt - ist der Beutel leer, wird dieser mit den Glassteine aus dem Glasturm neu aufgefüllt.

Das Spiel endet am Ende der Wertungsphase nach der 5. Runde mit der Schlusswertung. Dort bringen je 3 Glassteine, die sich noch auf Streifen befinden 1 Punkt. Weiterhin werden die Minuspunkte auf der Bruchglasleiste abgezogen. Und zuletzt werden (je nach Variante) noch die Glasfenster-Felder gewertet. Es gewinnt der Spieler mit den meisten Punkten.

Fazit
Bei einem x-ten Spiel einer Reihe, stellt sich natürlich die Frage nach der Eigenständigkeit und nach "brauch ich das auch noch?". Sintra ähnelt Azul in den Grundmechanismen sehr, weswegen ich zunächst einen Großteil meines Fazits von Azul wiederholen möchte, denn 90% davon gilt auch hier:

[...]Schönes Spielmaterial, ein leichter Einstieg und genügend taktische Möglichkeiten um interessant zu bleiben, trafen bei mir ins Schwarze. [...] Das Spielmaterial von Azul ist Großteils sehr gelungen. Die Spielsteine sind haptisch toll und sorgen für einen Hingucker-Effekt beim Spielen, der Beutel ist edel und die Spielplanteile aus relativ dicker Pappe. [...] Die Anleitung ist übersichtlich und erklärt die wenigen Regeln nachvollziehbar und gut. Weiterhin sind genügend Abbildungen & Beispiele enthalten. Nach der ersten Partie benötigt man die Anleitung aber normalerweise nicht mehr.

Die strategischen Möglichkeiten von Azul machen sich erst auf den zweiten Blick bemerkbar. Stets spielt man alle Möglichkeiten durch. Welche Steine braucht man? Wo kann ich diese ablegen? Verbaue ich mir dadurch etwas? Soll ich als erster Spieler etwas aus der Mitte nehmen? Gerade gegen Ende jeder Spielrunde sollte man sehr darauf achten, was die verbliebenen Möglichkeiten sind, denn nichts ist ärgerlicher, als mehrere Steine nehmen zu müssen, die man nicht ablegen kann (und dadurch Minuspunkte einbringen). Spielt man Azul zu zweit, ist auch durchaus der Blick auf das gegnerische Tableau zu empfehlen - bei 3 oder 4 Spielern passiert dies aber (wenn überhaupt) nur gegen Ende der Spielrunde oder bei einem erbitterten Kampf um die Führung.

Doch Sintra ist keine 1:1-Kopie, denn man hat auch das Feedback der Spieler berücksichtigt. Zunächst gibt es ein eigenes Tableau für die Punkteleiste, die das versehentliche Verrutschen der Punkte minimiert. Weiterhin löblich finde ich, dass bei Sintra auch an Farbfehlsichtigkeiten gedacht wurde - auf der Rückseite der Manufakturplättchen finden sich Icons, mit denen man die Farben der Glassteine nicht zwingend erkennen können muss.

Doch auch inhaltlich bietet Sintra einen Schritt nach vorne. Die Mechanik des Glasers und der damit einhergehenden Wertungen (immer rechts davon...) bietet eine interessante Spiel-Mechanik, die dem Spiel genügend eigenständigkeit verleiht. Insgesamt wirkt Sintra dadurch einen Hauch komplexer als Azul.

Die Rückseiten der Paläste bieten eine kleine Spielvariante mit einer anderen Endwertung. Das ändert das eigentliche Spielprinzip nicht, bietet aber eine kleine Abwechslung für erfahrenere Azul-Spieler.

Bleibt noch die Frage: Brauche ich Sintra, wenn ich Azul bereits besitze? Oder anders gefragt: Welches Spiel ist besser? In meinen Augen braucht man Azul nicht, wenn man Sintra besitzt. Da sich Sintra etwas strategischer anfühlt und leichte Verbesserungen eingeflossen sind, lohnt es sich aber darüber nachzudenken, sich Sintra anzuschaffen, obwohl man bereits Azul besitzt. Für mich persönlich liegt Sintra einen Hauch vor Azul, da die vermehrten taktischen Möglichkeiten einen höheren Wiederspielreiz bieten.

Auch beim eigentlichen Fazit möchte ich mich bei meinem Azul-Fazit "bedienen" - das sei bei einem so ähnlichen Spielprinzip erlaubt:
Sintra ist ein klassisches Familienspiel, das aber eigentlich für alle Spielrunden geeignet ist. Es bietet einen leichten Einstieg (auch wenn man die Punktewertung zunächst einmal verstehen muss) und die kurze Spieldauer von ca. 30 Minuten sorgt dafür, dass es meist nicht bei einer Partie bleibt. Sintra hat eine tolle Tisch-Präsenz [...]. Das Spiel bietet genügend strategische Tiefe, so dass es nicht langweilig wird. Für mich ist Sintra definitiv ein Highlight der letzten Monate, das bereits in den verschiedensten Runden gespielt wurde.


08. Februar 2019 - (Thorsten Pohl)

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