Rezension von Yvio: Freibeuter der Karibik


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise von PublicSolution GmbH bereitgestellt wurde.)

Rezension

Ersteindruck
Zwei Dinge fallen bei "Freibeuter der Karibik" zunächst ins Auge: eine große Verpackung mit dicken Spielbrett sowie winzig kleine Marker für Geld, Waren und Erweiterungen. Das Spielbrett ist wie das Cover thematisch passend und recht hübsch illustriert und weiß zu gefallen, auch wenn die Grafiken etwas schlicht wirken. Die Schiffe in den vier Spielerfarben sind aus Gummi und können mit den intelligenten Spielsteinen bestückt werden. Die Marker für Geld, Waren und Erweiterungen sind dagegen viel zu klein und gerade die Geldmarker kann man bei gedämmtem Licht kaum unterscheiden. Weiterhin liegen der Verpackung keine Plastiktüten bei, so dass sämtliches Spielmaterial wild in der Verpackung umherfliegt. So was missfällt mir. Und zuletzt liegt der Verpackung natürlich noch das notwendige Zubehör für die Konsole bei: die Chipkarte sowie der "Spieleskin".

Die Anleitung erklärt die Regeln bzw. Spielabläufe nur oberflächlich, da die Spielführung durch die Konsole gesteuert wird - eine Tatsache, mit der ich mich nicht recht anfreunden kann.

Thema & Ziel des Spiels
Auch wenn der Titel "Freibeuter der Karibik" lautet, schlüpfen die Spieler nicht in die Rolle von Piraten sondern verkörpern Handelsleute, die in piratenverseuchten Gewässern ihren Geschäften nachgehen. Durch geschicktes Handeln sowie das Erfüllen von Aufgaben, verstärken die Spieler ihre Schiffe und ihre Ausrüstung und können so auch wertvolle Waren gegen starke Piraten verteidigen. Wer eine festgelegte Anzahl an Siegpunkten erreicht, gewinnt das Spiel.

Spiel-Vorbereitungen
Die Yvio-Konsole erläutert den Aufbau, der aus der Wahl der Schiffsfarben sowie dem initialen Aufbau des Spielbretts besteht.

Spielablauf
Die Yvio-Konsole führt die Spieler durch die einzelnen Spielrunden - daher hier nur eine sehr(!) kurze Zusammenfassung, da auch das Spiel ohne richtige Anleitung auskommt.

In diesem Piratenspiel beladen die Spieler in jedem Hafen ihre Schiffe mit verschiedenen Waren und bringen diese zu anderen Inseln, wo sie benötigt werden. Jede Lieferung bringt dem Spieler Punkte - genauso wie diverse Nebenaufträge. Für das erwirtschaftete Geld können sich die Spieler neben Kanonen und Segeln auch Häuser kaufen. Jede Anschaffung bringt Punkte. Wer am Ende eine festgelegte Anzahl an Punkten erreicht hat, gewinnt das Spiel.

Fazit
Freibeuter der Karibik ist eigentlich ein sehr unterhaltsames Spiel. Die Sprachausgabe, die Musik, die Geräusche - all das trägt viel zum karibischen Spielerlebnis bei; hier kann die yvio-Konsole ihre geballten Fähigkeiten einsetzen. Das karibische Flair kommt schnell im Spiel auf und bleibt über die komplette Spieldauer bestehen. Die Sprachausgabe kann überzeugen auch wenn sie (bei variabel zusammen gebauten Sätzen) teilweise etwas merkwürdig klingt.

Das Spiel an sich ist nicht so komplex, wie es gerne dargestellt wird. Die einzelnen Entscheidungen, die man im Spiel treffen muss, sind sehr übersichtlich: Womit belade ich mein Schiff? Wohin fahre ich? Wie reagiere ich bei Kämpfen? Eine Langzeitplanung ist hier nicht vonnöten. Die Konsole führt einen recht linear durch den Spielablauf. Dies ist in meinen Augen ein Manko des Spiels: Trotz der akustischen Abwechslung laufen die Entscheidungen oft auf "A oder B" hinaus - mit Glück steht noch ein "C" zu Auswahl. Lediglich im Profi-Modus (teilweise auch im Solo-Spiel) wird man etwas mehr gefordert, wenn die Piratenübergriffe sich häufen und alle Spieler gemeinsam drohen zu verlieren.

Eines der 4 Schiffe (das blaue) hatte bei unseren Partien öfter Schwierigkeiten, von der Konsole erkannt zu werden. Ob dies ein Einzelfall ist, kann ich nicht beurteilen - teilweise war es etwas schwierig, die passenden Kontaktpunkte auf dem Spielfeld zu treffen.

Die viel zu kleinen Marker und teilweise viel zu ähnlichen Goldstücke habe ich ja bereits im Ersteindruck kritisiert - bei dunklerem Licht lassen sich z.B. die 100er und 200er Münzen fast nicht auseinander halten. Aber auch die übrigen Marker sind definitiv zu klein.

Ich bin etwas zweigeteilt, was Freibeuter der Karibik angeht: Einerseits bringt die Konsole viel Atmosphäre ins Spiel, andererseits fühle ich mich zu sehr fremdbestimmt. Viele der Spielzusammenhänge bleiben im Dunkeln, was einem Strategen wie mir definitiv missfällt. Ich will wissen, wie meine Chancen beim feilschen sind. Ich will wissen, warum ich bei einem (in meinen Augen aussichtslosen) Kampf gewinne und bei einem anderen (vermeintlich einfachen) Kampf verlieren. Ich will würfeln und das Spielgeschehen "in der eigenen Hand" haben. Ich bin mehr damit beschäftigt, der Konsole "Fragen zu beantworten" ("Drücken Sie A, wenn Sie kaufen wollen, drücken Sie B, wenn Sie feilschen wollen...") als mich auf das wirklich tolle Flair des Spiels einlassen zu können. Ich weiß nicht warum, aber ich glaube mir persönlich würde das gleiche Spiel mit einer Hand voll Würfeln, einigen Aktions- & Ereigniskarten sowie ein paar Tabellen besser gefallen. So schön ich die musikalische Untermalung finde, wäre das für mich ein befriedigerendes Spielerlebnis.

Ich habe mich lange gefragt, was mein größtes Problem mit der Konsole ist, da ich viele sehr positive Rezensionen dazu gelesen habe. Ich glaube, es ist einfach die Tatsache, die yvio-Spiele (oder zumindest dieses, das ich getestet habe) als "Brettspiel" zu bezeichnen. Brettspiele machen in meinen Augen genau das aus, was mir hier fehlt. Ich würde das Spiel daher als ein "neuartiges Spielerlebnis" bezeichnen - ein Zwischending zwischen Brettspiel und Spielekonsole. Von daher würde ich auch den Satz "Das Beste aus 2 Welten" nicht unterschreiben wollen, denn dazu fehlt mir aus der Brettspiel-Welt einfach zu viel Spielgefühl. Losgelöst von diesen Wortspielereien finde ich das Prinzip der Konsole recht gelungen - sie führt die Spieler behutsam ins Spiel ein und vermittelt viel Flair. Lediglich die Umsetzung mit Freibeuter sagt mir, aus den oben genannten Gründen, nicht ganz so zu. Aber es gibt ja noch mehr Spiele für die Konsole und mit Mitmach-Hörbüchern auch noch andere Anwendungsgebiete. Der recht hohe Preis wäre für mich erstmal eher abschreckend, von daher mein Rat: Wer die Gelegenheit hat, die Konsole einmal anzutesten, sollte dies unbedingt tun, denn auch wenn für mich das Konzept (bisher) nicht ganz aufgegangen ist, fanden einige Mitspieler dieses multimediale "Brettspiel" wirklich gelungen. Ich werde die Konsole sicherlich für die eine oder andere Vorführpartie auspacken; bei der Frage, ob sie für mich ein regelmäßiger Begleiter wird, bin ich allerdings noch etwas skeptisch.



30. März 2009 - (tp)

Rezensionsbilder